16.01.2023, 22:46
Es war eine gewisse Selbstverständlichkeit in der gesamten Haltung der jungen Frau, die Kieran einschüchterte. Nicht einschüchternd, wie die grimmigen Brauen eines breiten Mannes, oder das Kläffzen eines großen Hundes, aber dennoch auf irgendeine merkwürdige Art und Weise, die er selbst nicht richtig einordnen konnte, einschüchternd.
Verunsicherung machte sich in ihm breit, kroch durch seine Adern, bis sie jeden Teil von ihm angesteckt hatte. Das war lächerlich. Kieran schüttelte seinen Kopf leicht, als würde es ihm dabei helfen, sich von dem absurden Gefühl loszulösen. Schließlich war es immer noch die gleiche kleine junge Frau vor seinen Augen wie zuvor. Nur eben eine mit mehr Einfluss, als er sich überhaupt erträumen konnte.
”Nur daher. Wir hatten nie viel.”
Hätte Kieran erahnen können, wie es in seinem Gegenüber aussah, hätte er wohl gezielter versucht, die Situation zu entschärfen. Stattdessen folgten nur weitere Fragen, die sich durch seinen Kopf bahnten. Fragen, die er nicht vollends formulieren konnte, lag seine Zeit in der Heimat schließlich schon viel zu lange zurück. Was wusste er schon von politischen Geflechten auf der anderen Seite der Ersten Welt; ja, über Politik allgemein?
”Ich gehe nicht davon aus, dass Piraterie zum Familiengeschäft gehört?”, setzte er hinterher.
Seine Beteuerung, mehr als nur Soulas Begleithund zu sein, wurde nicht großartig kommentiert, doch reichte die Reaktion Shanayas vollkommen aus, um ihn ihm wieder das gleiche Rad des Zweifels anzustoßen, dass den ehemaligen Sklaven ohnehin stets begleitete. Sie glaubte ihm nicht, entfachte in ihm diesen gewissen Funken Wut, der sich die letzten Monate in sein Leben geschlichen hatte. Kieran biss seine Zähne zusammen, als sich die Fäuste unbemerkt ballten, doch hielt er sie dadurch wenigstens zurück. Es lag auch nicht in ihrem Ermessen, darüber irgendwelche Meinungen zu treffen. Aber warum interessierte es ihn dann trotzdem?