25.11.2022, 22:45
Diese Waffe musste ein Vermögen wert sein, selbst wenn sie sie nur gekauft und nicht hatte anfertigen lassen. Eine so ebenmäßige Klinge mit einem derart fein ausgearbeiteten Heft lag nicht einfach auf dem nächstbesten Marktstand aus. Sie entstammte einer Meisterschmiede, nicht mehr und nicht weniger. Und damit war sie ein Geschenk, dessen er nicht würdig war. Ganz gleich, was er getan hatte, um ihren Dank zu verdienen.
Doch Shanaya ließ den Gedanken nicht weiter zu, unterbrach ihn, als sie den Finger auf seine Lippen legte und den Dunkelhaarigen dazu brachte, den Blick erneut zu heben. Sanfter Vorwurf funkelte in ihren Augen, von ihrer eigenen Freude über das Schenken so stark abgemildert, dass sie ihm seine Worte wohl kaum wirklich übel nahm. Er kannte diesen Ausdruck – und schwieg geflissentlich, weil er ganz genau wusste, dass dagegen anzureden nicht das Geringste nutzte.
Also ergab er sich mit sanfter Resignation ihrem Willen, neigte nur flüchtig den Kopf und erlaubte sich ein Lächeln. Flüchtig, nach wie vor verunsichert. Bevor er den Blick wieder auf die Waffe senkte und vorsichtig die letzten Bahnen des Tuchs von der Klinge entfernte. Dann schloss er die Linke um das mit Leder umwickelte Heft, das sich weich in seine Handinnenfläche schmiegte und wog den Degen prüfend, während er still Shanayas Erklärung lauschte.
Wieder flammte für einen Moment Unbehagen in ihm auf, kaum dass sie ihm bestätigte, die Waffe eigens für ihn in Auftrag gegeben zu haben. Er biss sich auf die Lippen, schwieg dazu aber wieder. Ließ stattdessen zu, dass sich ein Schmunzeln in seine Mundwinkel schlich.
„Ich kann es mir leibhaftig vorstellen. Wahrscheinlich war er froh, als er seine Arbeit beendet hat und du nicht wiederkamst“,
neckte er mit sanftem Spott in der Stimme. Doch als er den Blick wieder auf sie richtete und nichts als Dankbarkeit in den tiefgrünen Augen aufglomm, nahm das der Aussage jedwede Ernsthaftigkeit. Für einen kurzen Moment empfand er nichts anderes als ebendiese ehrliche Dankbarkeit und unerwartet tiefe Zuneigung. Bis der Gedanke in seinem Kopf aufblitzte, wohin all das führen mochte. Bei ihr. Bei ihm. Talins Stimme stahl sich in seinen Verstand, erinnerte ihn an das Versprechen, das er ihr gegeben hatte, und ohne dass er es wollte, fragte er sich, ob Shanaya ihm dieses Geschenk nicht auch noch aus einem anderen Grund gemacht hatte.
„Ob etwas anders ist, muss ich erst testen...“ Sein Lächeln blieb, auch wenn es wieder so zurückhaltend wurde, wie zuvor. Und auch die Wärme in seinen Augen wich nicht, als er ihr das inzwischen leere Tuch reichte. „Du hast nicht zufällig Lust auf einen kleinen Übungskampf? Ich meine... nicht jetzt sofort, aber... bald?“