03.11.2022, 23:05
Kieran hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, ob Soula schwimmen konnte oder nicht, zumindest nicht bis zu dem Vorfall. Es hatte sich nie eine Situation wichtig genug ergeben, auch wenn es eigentlich lächerlich war, auf einem Schiff zu sein, ohne schwimmen zu können, aber das war ihm auch seitdem erst richtig bewusst. Irgendwie hätte er das nicht als Selbstverständlichkeit erachten sollen, aber solche Dinge lernte man schließlich immer dann, wenn sie fast zu spät kamen.
”Bei meiner Familie.” Er lächelte schwach und schob das Thema nonverbal wieder weg. Es war ihm unangenehm, über seine Familie zu sprechen, selbst mit Soula. Am Ende waren sie mittlerweile fast nur noch Figuren seiner Vorstellung, konnte sich der junge Mann kaum noch an die Gesichter von Menschen erinnern, die er das letzte Mal vor mehr Jahren gesehen hatte, als er Finger hatte. Irgendwann wurde das Zählen schwierig und die Jahre verschwammen im dreckigen Schlamm der Zeit.
Aber dennoch waren sie sein. Schemenhaft und undeutlich wie sie waren. Eine Sache, die man ihm nie hatte nehmen können, wo seine tatsächliche Familie nicht mehr auf dieser Scheibe wandelte. Oder zumindest ein Teil von ihr. Es war einfacher zu glauben, dass seine Schwestern irgendwo dort draußen ein glückliches Leben führten und doch war die Chance, dass sie die gleichen Qualen litten wie er, so viel größer, dass er sich für sie wünschte, nicht mehr unter den Lebenden zu weilen. Mit der Vorstellung konnte er nicht leben.
Ertrinken…was ein schrecklicher Weg zu sterben. Oder doch friedvoll? Kam schwer davon an, wie man es sah, ob man sich den Wellen hingab oder nicht. Wenn sie sich ohnehin nahmen, was sie wollten, lohnte es sich dann überhaupt, dagegen anzukämpfen? Die Situation mit Soula war eine andere gewesen, aber hatte eine Sorge in ihm getroffen, die sich vorher nie so richtig in seinem Kopf manifestiert hatte. Er konnte Soula nicht verlieren. Sie war das Letzte, das ihm geblieben war. Obgleich die Distanz zwischen ihnen tief kläffte.
”Ich weiß nicht, ob ich ein guter Lehrer bin”, gab er zu, ohne direkt abzulehnen. Es war kein Nein, aber sicher gab es hier jemanden, der ihr besser helfen konnte. Gleichzeitig…wollte Kieran auch nicht, dass ihr einer der anderen half. Er vertraute ihnen nicht. ”Na gut.” Seufzend nickte er. ”Jetzt?” Das passte zu ihr. Auftauchen, fordern und bekommen. Kieran hatte in seinem Leben nicht mal bekommen, wenn er lange darauf gewartet hatte.
ooc: Du wirst mir nicht glauben, dass ich zufällig wieder am 3. gepostet habe...xD