03.10.2022, 16:06
Irgendwie hatte das letzte Aufeinandertreffen von Shanaya und Soula etwas verändert. Soula konnte noch nicht wirklich beschreiben, was es war, aber die Schwarzhaarige war nicht mehr die Person, der sie unbedingt aus dem Weg gehen wollte. Die Stimmung war anders geworden und auch wenn Shanaya definitiv niemand war, mit dem Soula sich liebend gerne die Zeit vertrieb, konnte man angenehmer Worte miteinander wechseln. Vielleicht war das ein bisschen das Gefühl, das Soula hatte, als sie sich am Stand zu der Schwarzhaarigen gesellte. Seitdem Soula Skadi ein wenig ausgefragt hatte, was das Kämpfen anging, war sie motivierter, etwas für sich zu tun, zu lernen, wie sie einen Degen führte und dass sie eine gewisse Ausdauer dafür benötigte. Ein paar Minuten sah sie Shanaya dabei zu, wie sie immer wieder Angriffe übte und wie ihre Beinarbeit war. Gut, Soula hatte keine Ahnung, konnte dazu also nichts sagen, aber so verkehrt sah das nicht aus. Shanaya schien da auf jeden Fall schon einiges an Erfahrung zu haben, die Soula fehlte. Deswegen fragte sie dann auch, ob sie ein wenig mittrainieren durfte, völlig egal, dass das Shanaya war, die sie da gerade fragte.
Tatsächlich schafften sie es dann ein paar Einheiten zusammen zu vollführen, Soula lernte, wie man jemanden entwaffnen konnte. Sie konnte nicht einschätzen, ob es Shanaya ihr da besonders einfach machte oder nicht, aber das Prinzip schien Soula verstanden zu haben, auch wenn sie noch sehr weit weg davon war, dass das hier Routine wurde. Sie war dankbar, dass Shanaya sich die Zeit nahm, ihr einiges zu zeigen und ihr zu sagen, wie sie besser ihre Füße stellen sollte, wenn ein Angreifer auf sie losging. Soula lernte unglaublich viel, auch wenn das für Shanaya vermutlich nur Kleinigkeiten und nicht der Rede wert waren. Für Soula war das viel mehr.
Soula wollte nicht wissen, wie lange Shanaya schon hier war, um zu trainieren, aber sie war irgendwann dann doch ziemlich geschafft. Sie war das nicht gewohnt und die Bewegungsabläufe gehörten nicht zu denen, die sie in ihrem Alltag sonst verwendete. Es war anstrengend für sie und auch wenn sie gerne noch viel mehr gemacht hätte, war es gut, wenn sie ihrem Körper entsprechende Pausen gönnte. Deswegen nickte sie auch, als Shanaya meinte, dass es für heute reichte. Hoffentlich würde Soula morgen noch ihre Arme spüren. Niemals hätte sie gedacht, dass die beiden Damen mal SO miteinander umgehen würden.
Oh wow, war das gerade Anerkennung, die aus Shanaya sprach? Sonst hatte sie doch eher herabwürdigende Worte für Soula übrig gehabt.
„Danke“, meinte sie mit einem ehrlichen Lächeln. „Ich fange auch echt gerade erst an.“
Soula machte noch viele Fehler, Anfängerfehler, Folgefehler, einfach alles, was dazugehörte. Aber so war das eben, wenn man etwas Neues lernte. Es motivierte aber ungemein, wenn man dann hören durfte, dass man seine Sache gut machte, auch wenn man sich noch schwer tat.
„Wie lange machst du das schon?“, wollte Soula wissen, während Shanaya sich entkleidete. Sie sah aufs Meer hinaus, konnte sich schon denken, was sie vor hatte. Schließlich war es sehr warm und das Meer sah sehr einladend aus.
„Ich kann nicht gut schwimmen.“ Erst vor einigen Tagen hatte sie Kieran darum gebeten, dass er es ihr beibrachte. Auch das war etwas Neues für sie gewesen und auch da hätte sie behauptet, dass sie weit weg davon war es ‚gut‘ zu können. Soula musste noch so viel lernen. Allerdings sprach doch nichts dagegen, wenn sie sich dort aufhielt, wo man noch stehen konnte? Zumindest so lange sie nicht von einer fiesen Strömung erfasst wurde. Noch unsicher, ob sie der Schwarzhaarigen folgen wollte, ließ sie einem Gedanken Raum:
„Du bist gar nicht mehr so … fies“, merkte Soula an und schmunzelte ein wenig. Fies war hier das falsche Wort, aber ihr wollte gerade kein besseres einfallen. Es interessierte sie schon, was dazu geführt hatte, dass Shanaya anders mit Soula umging.