06.09.2022, 09:18
Nur kurz folgten die blauen Augen Shanayas dem Blick der anderen Frau, sie konnte jedoch nichts spannendes entdecken und richtete sich wieder zu Talin herum, biss selbst noch einmal von ihrem kleinen Kuchen ab. Mit dem Seufzen ihres Gegenübers wog Shanaya den Kopf ein wenig zur Seite, lauschte aufmerksam der Erklärung der Blonden. Verständnis lag auf ihrem Gesicht, womit sie schließlich leicht nickte. Shanaya machte sich keine Gedanken darum, ob Talin ihre Gesellschaft wollte oder nicht – sie war frei, jederzeit zu gehen, wenn sie allein sein wollte. Und ihre Freundin war nicht der Typ, dass sie sie aus Höflichkeit aushielt.
„Magst du darüber reden? Weißt du, was dich beschäftigt? Ansonsten organisiere ich dir auch noch einen großen Kuchen.“
Die Stimme der ruhigen Frau war leise, ruhig. Sie ließ ihrem Gegenüber offen, ob sie antworten wollte oder nicht. Ihr Angebot war ernst gemeint, auch wenn ihr Lächeln dabei noch ein wenig breiter wurde. Wenn Kuchen half – dann durfte man sich auch ein paar große Stücke gönnen. Es interessierte sie wirklich, was ihre Freundin beschäftigte, was sie umtrieb. Sie gehörte zu den sehr wenigen Menschen, deren Wohlergehen ihr am Herzen lag, so ungewohnt dieses Gefühl auch war.
Was ihr Gegenüber schließlich sagte, sorgte für eine kurze Anspannung, die sie jedoch nicht nach außen dringen ließ. Tja… Die Antwort darauf war denkbar einfach… und vielleicht konnte Talin sich ihren Teil dazu schon denken. Sie wollte ihre Freundin nicht belügen. Zumindest nicht bewusst, wenn ihr beinahe klar war, welches Chaos in ihrem Kopf, in ihrem Herzen, herrschte. Trotzdem sperrte sich etwas in ihrem Inneren dagegen, vollkommen offen zu sein. Noch jedenfalls. Sie wusste nicht einmal, wieso. Sie würde sich gewiss nicht zwischen die Geschwister stellen, egal, wie nah sie Lucien kam, was sie für ihn empfand oder eben nicht… sie würde sich nicht deswegen von Talin abwenden. Zumal die Worte des Mannes ihr noch immer im Kopf nachklangen, immer wieder. Ihm war wichtig, dass nicht mehr daraus wurde. Mit einem stummen Seufzen hob die junge Frau die Hand, tippte sich leicht gegen die Schläfe.
„Ich kämpfe noch ein bisschen gegen das Chaos da oben an. Aber es wird besser.“
Vielleicht verriet das schon zu viel. Aber wie viel konnte sie den Blonden verraten, was konnte sie ihr sagen? Und auf wie viel davon brauchte die Blonde sowieso keine Antwort mehr?