04.09.2022, 19:49
Aufmerksam hörte Soula dabei zu, wie Shanaya ihren Traum definierte. Frei sein… irgendwie hieß das für jeden etwas anderes. Alleine wenn sie an Kieran dachte, war ihr klar, dass er das anders definieren würde. Beim zweiten verstand Soula schon ein bisschen besser, worauf Shanaya hinaus wollte. Immerhin hatte Soula selbst erlebt, welchen gesellschaftlichen Zwängen sie unterworfen war. Es war überaus schwer, wenn nicht unmöglich auszubrechen, es sei denn man schaffte es zu entkommen. Sie war nun entkommen, wenn auch nicht ganz freiwillig und vielleicht konnte sie nun tun, was sie wollte. Das aber auch wieder nur eingeschränkt. Soula war nicht frei, sie steckte nur in einem anderen Ort fest. Zwänge gab es grundsätzlich überall, manchmal fühlten sie sich nur einfach nicht so an oder man nahm sie einfach hin, zum Beispiel aus Gewohnheit. Aber ganz vielleicht dachte Soula auch gerade einfach ZU viel über die Worte Shanayas nach.
„Das verstehe ich. Jeder hat seine Geheimnisse.“
Immerhin erzählte Soula auch nicht direkt jedem, warum sie abhauen musste und dass sie bereits Diebstähle hinter sich gebracht hatte. Das war eines ihrer Geheimnisse. Sie war immer noch darüber verwundert, dass Shanaya so viel mit ihr sprach, auch über solche Details. Während Soula ihr dabei zusah, wie sie ihren Blick zum Horizont hob, konnte sie fast etwas Ruhiges und Zufriedenes darin erkennen. Dann lächelte Soula ebenfalls, als sie die Worte hörte.
„Ich merke schon, du hast noch viel vor in deinem Leben.“
Aber wie alt war sie? Sicher nicht älter als Soula selbst. Nur hatte sie keine Ziele, keine Vorhaben. In erster Linie galt es wegzukommen, zu überleben. Anschließend würde sie sich in ihrem neuen Leben zurechtfinden müssen und erst dann würde sie es sich erlauben, ein Ziel festzulegen, das sie erreichen wollte. Erst dann, wenn wieder etwas Ruhe herrschte. Es brachte ihr nichts, über so etwas nachzudenken, wenn sie nicht mal wusste, wo sie als Nächstes landete und wie lange sie noch unterwegs sein würde. Für sie war die Crew ja immer noch nur ein Mittel zum Zweck. Ein Mittel, um von Calbota wegzukommen. Ihre Zukunft konnte sie sich erst dann überlegen, wenn sie einen Ort hatte, an dem sie bleiben wollte.
„Wie lange bleibst du noch auf der Sphinx?“
Fragte Soula dann einfach, weil sie es nicht besser wusste. Wie lange blieb man bei einer Crew? Vielleicht wollte Shanaya auch nur zu einem bestimmten Ort segeln und dann alleine weiterziehen?