03.07.2022, 17:56
In den letzten Wochen hatte sich so viel verändert, Soula wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte irgendetwas zu verarbeiten. Bevor sie damit anfing, fiel es ihr leichter, das sehr weit von sich zu schieben und so zu tun, als wäre alles okay. Immerhin steckte sie jetzt in diesem neuen Leben, in dem sie irgendwie zurechtkommen musste. Ihre Probleme und die negativen Gedanken konnte sie gerade nicht gebrauchen, denn sie war mehr damit beschäftigt, sich in einer neuen Umgebung, mit neuen Leuten irgendwie wohlfühlen zu wollen. Es konnte ebenso gut sein, dass das nicht klappte, aber sie versuchte es irgendwie, denn irgendwie war sie auf diese Crew angewiesen, die ihr Schutz bot. Zumindest so lange, bis sie weit genug von Calbota war, um auf einer Insel neu Fuß fassen zu können. Ritu war nicht weit genug, deswegen würden sie noch ein bisschen länger auf der Sphinx bleiben. Im Grunde konnte Kieran durchaus machen, was er wollte, allerdings glaubte Soula nicht wirklich daran, dass er sie alleine lassen würde. Seit bestimmt bald 1 ½ Jahren passte er auf sie auf, begleitete sie, wenn es brenzlig war, egal, was er von ihren Machenschaften hielt. Immerhin hatte ihr Onkel ebenfalls das Glücksspiel betrieben und hatte Soula erst den Weg dorthin gezeigt. Inzwischen war Kieran ein enger Vertrauter und er war auf dem Schiff der einzige, dem sie vertrauen konnte, auch wenn die Situation zwischen ihnen sich immer mehr abkühlte. Soula sprach nicht mit ihm über die Dunkelheit, die sich in ihr ausbreitete. Warum sollte sie das auch? Nur führte das zu einer stillen Distanz zwischen ihnen, die zum Greifen nah war. Bisher versuchte sie das noch zu ignorieren, war nur die Frage, wie lange sie das noch konnten, bevor sie anfingen sich zu entfremden, denn das war etwas, was Soula auf gar keinen Fall wollte.
Nachdem sie das erste Abenteuer irgendwie überlebt hatten, war Soula schmerzlich bewusst geworden, dass sie nicht mal schwimmen konnte. Das war an Deck eines Schiffes nicht wirklich gut und hätte Lucien ihr kein Seil entgegen geworfen, als sie drohte abzurutschen und ins Wasser zu fallen, sie hätte nicht gewusst, was sie getan hätte. Vermutlich wäre sie einfach jämmerlich ertrunken. Rúnar konnte schwimmen und der Neuling Peregryne auch, das wusste sie. Allerdings bereitete es ihr Unbehagen jemanden von ihnen zu fragen, die ihr immer noch so fremd vorkamen. Wenn Soula Gesellschaft brauchte und suchte, war sie in letzter Zeit hin und wieder zu Alex oder Skadi gegangen. Die meiste Zeit verbrachte sie aber mit Kieran, was nicht wirklich verwunderlich war. So passte sie ihn auch an diesem Vormittag ab. Soula sah in die Richtung des Strandes, vielleicht gab es da eine einsame Bucht oder irgendetwas, wo Kieran ihr ein bisschen schwimmen beibringen konnte oder so? Vorausgesetzt, er konnte das überhaupt. Sicher war sich Soula nicht, aber vielleicht hatte er es gelernt, bevor er zu den Veniels kam? „Kieran? Kannst du eigentlich schwimmen?“, fragte sie deswegen einfach. Es war doch nichts unkomplizierter, als wenn man sein Anliegen ansprach, oder? Wenn das doch nur immer so einfach war…