01.06.2022, 15:23
„Du meinst, weil ein Großteil Angst vor dir hat?“, zog er sie gutmütig auf und zog bereits in weiser Voraussicht den Kopf ein, um ihrer Rüge zumindest grob zu entgehen.
Fakt war allerdings – vermutlich hatte er damit nicht einmal so sehr Unrecht wie er es sich wünschte. Shanaya konnte durchaus biestig sein. Besonders, wenn man sich auf ihr Spielchen einließ – wie eben ein Großteil der Crew. Liam konnte das nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht lag es daran, dass diese gestandenen Männer sich nichts von einer Frau sagen lassen wollten – einer, die dann auch noch so verdammt jung war. Aber besser wusste, was sie wollte und was nicht als viele der Menschen, die Liam bislang kennengelernt hatte.
„… Korrekt. Im Grunde warte ich nur auf das nächste Gefangenenschiff, das ich in die Luft jagen darf.“
Das Lächeln auf seinen Lippen verrutschte etwas unglücklich, aber alles in allem konnte er bereits darüber schmunzeln. Wenn er nicht näher darüber nachdachte und ihn nicht das Bild des weinenden Mädchens heimsuchte, dem er auf Milúi eines seiner gezeichneten Bücher geschenkt hatte. Als Aufmunterung für sie. Als kleine Wiedergutmachung für sein Gewissen für ihn, nachdem er mit angehört hatte, dass sie um ihren verschollenen Vater trauerte, der auf der Morgenwind gedient hatte. Bei Shanayas Tadel sah er auf, musterte erst ihr forderndes Gesicht und warf dann einen Blick über ihre Schulter. Bevor sie gekommen war, vermutete er. Seitdem war er davon ausgegangen, dass sie sich darum kümmerte. Sein grober Eindruck war aber, dass schon alles passte. Ansonsten hätte sie sich viel früher beschwert.
„Ich dachte, ich bin nur dein Alibi, um deiner Aufgabe nachzugehen, Miss Navigatorin?“, konterte er selbstbewusst, was wohl Zeichen genug war, dass er sich seiner Aufgabe durchaus bewusst war – zumal Shanaya einen Augenblick zuvor noch deutlich hatte sehen können, wie er den Kurs über ihre Schulter hinweg geprüft hatte. „Mal davon abgesehen, dass ich nicht weiß, wie ich mich konzentrieren soll, wenn du mir so nah bist.“
Normal war er niemand, der Schuld auf andere schob. Mit Shanaya funktionierte das. Weil sie wusste, wie es gemeint war.
„Bei all der Angst, die ich ja vor dir haben muss.“, ergänzte er neckend.