30.05.2022, 19:47
Das Angebot war ganz ernst gemeint, auch wenn Soula das noch vor ein paar Tagen niemals von sich aus angeboten hätte. Heute war Shanaya irgendwie umgänglich, das war erfrischend, auch wenn Soula dem Frieden noch nicht ganz trauen wollte. Sie nickte nur, wenn Shanaya auf sie zukommen wollte, durfte sie das tun. Ihre unangemessene Laune sollte sie dabei nur bitte vorher im Meer ertränken.
„Naja, Holz ist doch immer irgendwie ‚seetüchtig‘, oder?“
Das Wort seetüchtig sprach sie mit Absicht so aus, dass man erfassen konnte, dass sie dabei etwas Spielraum in der Bedeutung sah. Aber dann sprach Shanaya auch schon weiter. ‚[...]solange sie nicht sinkt‘, war hier wohl der entscheidende Faktor. Erneut nickte Soula. Das ergab definitiv Sinn. Mehr hatte die Dunkelhaarige dazu auch gar nicht zu sagen oder zu reden. Irgendwie wollte ihr mit Shanaya an ihrer Seite auch gar nicht viel einfallen, was sie sagen konnte, da bisher alle Versuche ein ordentliches Gespräch zu führen katastrophal gescheitert waren. Warum sollte das dann jetzt bitte anders sein? Und warum sollte sich Soula dann um ein Gespräch bemühen? - Ja, sie traute dem ganzen noch nicht.
Über die Geschichte der Sphinx wusste Soula bisher nicht besonders viel, aber sie würde gerne mehr erfahren, wenn man es ihr erzählte. Als Shanaya weitersprach, nutzte Soula die Zeit, um ein wenig weiter zu essen, denn sie wollte nicht noch mehr Gemüse fallen lassen, das wäre wirklich traurig. Aufmerksam hörte sie der Stimme zu, von der sie noch nicht sehr viel gehört hatte. Sie klang ganz anders, als bei den anderen Unterhaltungen. Wer war diese Frau?!
Bisher hatte Soula mehr mit Lucien zu tun gehabt und war deswegen davon ausgegangen, dass er deswegen schon länger dazugehörte. Aber nun wurde ihr klar, dass das gar nichts zu bedeuten hatte, nur weil er der Captain ihres Vertrauens war. Vielleicht war ein kleiner Hauch von Furcht in ihren Augen zu sehen, als Shanaya von einem hochgejagten Schiff der Marine sprach. Mit denen wollte sie sich eigentlich nicht anlegen und auch nicht auf deren Abschussliste stehen. Von einem versenkten oder gekaperten Marineschiff hörte man immer mal, aber von einem, das in die Luft gejagt wurde, nicht so oft. Ja, Soula hatte tatsächlich davon gehört und auf die Information, dass diese Crew dafür verantwortlich war, hätte sie nur zu gerne verzichtet.
Soula war nicht blauäugig, sie hatte gewusst, worauf sie sich einließ. Allerdings war es nochmal etwas anderes, die Geschichten vor Augen gehalten zu bekommen und dass sie im schlimmsten Fall mit denen, in einen Topf gesteckt wurde. Das hatte sie auf See schon miterlebt, mit dem Schiff, das sie geentert hatten, aber da hatte sie einen psychischen Status erreicht gehabt, der dazu führte, dass es sie nicht berührte. Das hier, war anders.
„Warst du schon immer kriminell?“
Ihre Stimme war leise, aber fest und man konnte Soula durchaus ansehen, dass die Worte der Schwarzhaarigen etwas mit ihr gemacht hatten, sodass ihre Selbstsicherheit etwas ins Wanken geriet. Soula würde von sich behaupten, dass sie nicht zu ‚denen‘ gehörte. Allerdings war das der Marine und allen Außenstehenden völlig egal. Es war nicht so, dass sie das nicht gewusst hatte, aber gerade wurde ihr das gänzlich bewusst. Es war eben schlichtweg nicht Soulas Leben.