21.04.2022, 12:46
Im ersten Moment musterte er Shanayas Hinterkopf mit einem abwartenden Ausdruck auf den Zügen. Ihr Brummen ließ erwarten, dass da noch etwas kommen würde – die Antwort dann allerdings ließ ihn mit jedem Wort mehr die Stirn runzeln und an ihrer dunklen Haarpracht vorbei in die Richtung der übrigen spähen. Das Gute im Menschen? Ein paar vielleicht. Der Rest allerdings bestand aus einem Haufen verbitterter Männer, die ihren Glauben an irgendetwas aufgegeben hatten. Sie alle hatten vermutlich ihren Grund dazu, keine Frage. Liams Fall war diese Melancholie und der beißende Pessimismus dennoch nicht. Was brachte es schon, die Vergangenheit zum Teufel jagen zu wollen, wenn man sie dann nicht losließ? Sie lebten im Hier und Jetzt. Und jetzt war weder die Zeit, sich mit dem Vergangenen zu beschäftigen, noch mit dem, was morgen kommen würde. In ein paar Jahren, ja, dann würde er sich zwangsweise vermutlich mit seiner Vergangenheit – oder viel mehr der Vergangenheit seiner Mutter - auseinandersetzen müssen – weil sie seine Zukunft war. Aber deshalb die gute Zeit nicht genießen? Dann hätte er ihr auch gleich folgen können. Liam schmunzelte bei dem Gedanken, irgendjemand glaubte ihr ihre Empörung. Sie hätte vermutlich jeden in der Luft zerrissen, der ihr plötzlich weißmachen wollte, er hielte sie nicht für ein Monster. Dennoch suchte sein Blick in diesem Moment wie von selbst die zierliche Gestalt Skadis, die er auf Deck allerdings nicht ausmachen konnte. Als Shanaya sich allerdings umwandte, lösten sich seine Gedanken rasch wieder von der Nordskov und konzentrierten sich voll und ganz auf die kleine Elster vor ihm. Ihre Worte nahm er als Kompliment. Jeder hatte irgendwie seine Talente.
„Du meinst, unsere Captains rechnen nicht damit?“, hakte er lieber bei der hypothetischen Machtübernahme nach als mehr Zeit auf ihre ungeliebte Familie zu verschwenden. „Hast du denn schon einen Plan? Weihst du mich ein?“
Seine Stimme wurde leiser, verschwörerischer, während er ihren Blick erwiderte.