18.02.2022, 18:50
Die Tatsache, dass Soula nicht sofort abdrehte und sie sogar angesprochen hatte, hätte Shanaya beinahe ein Lächeln entlockt. Sie hätte der anderen Frau zugetraut, ihre Gesellschaft zu meiden, sich nur noch beleidigt zurück zu ziehen, wenn sie auch nur in die Nähe der Schwarzhaarigen kam. Und auch ihre Erwiderung, dass sie ihr möglicherweise das Essen weg nehmen würde, ließ Soula nicht Reißaus nehmen.
„Nein, ich hatte eben schon etwas anderes. Ich denke, ich gebe mich hiermit zufrieden.“
Wieder ein schiefes Lächeln, mit dem sie das Handbrot etwas in die Höhe hielt. Es war tatsächlich nicht ihr erstes Essen, und auch Shanaya kannte so etwas wie ein Sättigungsgefühl. Zumindest manchmal. Um das noch einmal zu untermalen nahm die junge Frau noch einen kleinen Bisschen von Brot, folgte mit dem hellen Blick dem Deuten der Dunkelhaarigen und nickte, während sie auf dem Brot herum kaute. Mehr Zustimmung gab sie erst einmal nicht von sich, folgte Soula nur in die Richtung, in die sie gedeutet hatte.
Die Frage der Anderen überraschte sie, ohne, dass davon etwas nach außen drang. Shanaya konnte nicht einschätzen, ob sie nun wirklich mit ehrlichem Interesse fragte, oder das einfach eine Frage der Höflichkeit war, die der Schwarzhaarigen das ein oder andere Mal ziemlich bei den verschiedensten Menschen auf den Zeiger gegangen war. Das würde sich bei Soula sicher jedoch noch zeigen. Trotzdem versuchte sie erst einmal damit umzugehen, als wäre es eine wirklich interessierte Frage. Das Lächeln auf ihren Lippen war zwar echt, hatte trotzdem nicht viel mit dem zu tun, das man sonst auf den Zügen der jungen Frau fand.
„Es geht schon, danke.“ Sie zuckte mit der gesunden Schulter, deren Hand das Brot festhielt. „Noch ein paar Tage, dann sollte auch das Ziehen bei falschen Bewegungen nachlassen. Bist du eigentlich unversehrt da raus gekommen?“
Eine ernst gemeinte Frage, Shanaya wusste es nicht. Die Müdigkeit verschleierte ihre Erinnerung, lag über ihr wie der Nebel, der die Sphinx eingeschlossen hatte.