13.02.2022, 16:26
Auch, wenn Shanaya es nicht sehen konnte – seine Züge nahmen eine ernstere Note an. Flüchtig nur, noch immer verschleiert von einem liamtypischen Lächeln, während sein Blick kurz über die Schulter der jungen Piratin hinweg die Gesichter an Deck überflog. Die erste Antwort, die er ihr geben konnte, war ein bedeutungsschwerer Atemzug. Der Gedanke, dem er just in diesem Moment nachhing, hatte nicht einmal (nur) etwas mit Skadi zu tun. Viel mehr dachte er an Alex, dessen Freundschaft inzwischen so selbstverständlich daherkam, dass er nicht daran denken wollte, wenn es einst nicht mehr so sein würde.
„Erstaunlich, wie sehr uns manche Menschen ans Herz wachsen können und wie sehr wir uns davor fürchten, sie zu verletzen, hm?“
Der Schalk war verschwunden und Liams Stimme suggerierte der Dunkelhaarigen nicht im Geringsten, dass er ihr leises Geständnis nicht für voll nahm oder gar lächerlich oder unnötig hielt. Dass das etwas war, was sie nicht jedem dahergelaufenen Menschen an den Kopf warf, war dem Lockenkopf nur unterschwellig bewusst. Shanaya war kein Mensch, der sich mit Schwächen brüstete. Wenn man sie fragte, war sie der einzige Mensch auf der Welt, der aus rein positiven Eigenschaften bestand. Vielleicht war ihr nicht einmal selbst klar, was sie gerade gesagt hatte – vielleicht war ihr selbst nicht klar, was sie sich selbst gerade eingestanden hatte. Die gegenseitige Anziehung zwischen Shanaya und Lucien war kein Geheimnis. Ebenso viel interpretierte Liam in ihre Aussage hinein, ohne genauer nachzufragen. Es war ihre Sache. Und Skadi und er liefen ja auch nicht über die Sphinx, um jedem unter die Nase zu reiben, dass sie sich gut leiden konnten – im Gegenteil. Sie waren froh um jede Sekunde Ruhe, die sie teilen konnten. Dass also gar nicht alles so rosig war, wie es oftmals wirkte – woher hätte er das wissen sollen, wenn er nicht fragte?
Das Schmunzeln auf seinen Lippen nahm wieder zu, als sie sich noch immer eher unbeeindruckt von dem Gedanken zeigte, den er versucht hatte, ihr in den Kopf zu pflanzen. Manche Freuden dieses Lebens würde sie womöglich erst noch kennenlernen müssen. Liam gönnte es ihr. Wenn die Zeit reif war.
„Keine Frage. Hast du etwa mit dem Gedanken gespielt, mich zu versetzen?“, wandte er sich mit gespieltem Vorwurf an sie. „Ritu ich glaube ich besonders für ihre ausgesprochen vielseitigen Gerichte mit Muscheln bekannt. Wird also weniger etwas für dich sein… Wir finden aber bestimmt eine gute Ecke.“