12.02.2022, 20:36
Es dauerte nicht lange, bis das erste Stück Fleisch zwischen seinen Zähnen verschwunden war. Von Shanayas wachsamen Blick im Rücken ließ er sich auch nicht groß stören – auch, wenn er ihn plötzlich ausgesprochen stark auf sich zu spüren glaubte. Woran er gedacht hatte, bevor sie aufgetaucht war? Nichts bestimmtes, eigentlich. Und trotzdem lockte ihre Frage ein unverfängliches Lächeln auf seine Lippen; eine Mischung aus der typischen Verträumtheit gepaart mit einem spitzbübischen Zucken in den Mundwinkeln.
„Daran, dass wir den Angriff von Epogryphen überlebt haben und uns dadurch vermutlich zu einer ziemlich geringen Gruppe Menschen zählen können, zum Beispiel.“
Er war ein einfacher Mann, der sich mit ziemlich wenig zufriedengab. Die Tatsache, dass – abgesehen von denen, die diese Kreaturen zu ihrem eigenen Profit jagten – nur wenige ihnen je so nah gewesen waren, war auch etwas, was ihn mit Glück erfüllte. Und dann war da noch eine Gestalt, die immer mal wieder eifrig über das Deck huschte und ihm ein Lächeln auf die Lippen trieb.
„Und das von Fräulein Guck-In-Die-Luft?“, spielte er den Ball zurück, begegnete ihrem Vorwurf mit einem neckischen Unterton und wandte sich wieder nach vorne.
Es war kein Geheimnis, dass Shanaya in der letzten Zeit nicht selten ein wenig in anderen Sphären wandelte. Aber Liam war der letzte, der ihr dafür Vorwürfe machte. Er wusste Abenteuer zu schätzen, die nur geistig stattfanden – und dadurch nicht zwingend weniger real waren.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal sagen würde, aber…“ Liam runzelte über sich selbst verwundert die Stirn. „Für die nächsten Tage wäre ich auch ganz ohne Abenteuer zufrieden. Der Kraken darf also gerne noch eine Weile warten.“
Sein Lächeln wurde wieder herzlicher, als er den Kopf vielsagend zu Shanaya drehte.