Dieses Forum nutzt Cookies
Dieses Forum verwendet Cookies, um deine Login-Informationen zu speichern, wenn du registriert bist, und deinen letzten Besuch, wenn du es nicht bist. Cookies sind kleine Textdokumente, die auf deinem Computer gespeichert sind; Die von diesem Forum gesetzten Cookies düfen nur auf dieser Website verwendet werden und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Cookies auf diesem Forum speichern auch die spezifischen Themen, die du gelesen hast und wann du zum letzten Mal gelesen hast. Bitte bestätige, ob du diese Cookies akzeptierst oder ablehnst.

Ein Cookie wird in deinem Browser unabhängig von der Wahl gespeichert, um zu verhindern, dass dir diese Frage erneut gestellt wird. Du kannst deine Cookie-Einstellungen jederzeit über den Link in der Fußzeile ändern.


Zum Pferde stehlen
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Oct 2020
#1
Zum Pferde stehlen
bespielt von    Jón Nóason   Skadi Nordskov
01.01.1970
"Hey." Jón stapfte McCaskey hinterher. "Hey!", rief er nochmal und packte den schmächtigen Händler beim Ärmel. Jón war fast einen Kopf größer als dieser und hatte trotz seines jungen Alters schon breitere Schultern.

McCaskey riss seinen Arm hoch, aus Jóns Griff heraus, und drehte sich ruckartig zu ihm um. "Ich habe gesagt, wir sind fertig!" McCaskey richtete betont die Brille, die auf seiner großen Nase saß. Jón musste sich zurückhalten, um nicht dasselbe bei sich zu tun -- wenn auch nur, um den Händler zu ärgern.

"Nein, gewiss nicht. Wir sind fertig, wenn du für das bezahlst, was du gekauft hast", sagte er.

"Ich habe für fünf vollends ausgebildete Achtjährige bezahlt, so wie es im Kaufvertrag steht, nicht für vier und einen alten Klepper!"

"Den alten Klepper hast du dir selbst rausgesucht!" Du Arschloch! Jón musste sich beherrschen um nicht laut zu brüllen. Ein paar Leute, die die frequentierte Straße entlang gingen hatten schon angefangen zu starren. Obwohl Jón sich nicht vorstellen konnte, dass es das erste Mal war, dass sowas passierte. "Was glotzt ihr denn so!", fuhr er ein paar junge Männer an, die aussahen als seien sie ungefähr in seinem Alter. Sie wandten ertappt ihre Blicke ab.

Außerdem war Fjalli kein alter Klepper. Er war ein bodenständiger, zuverlässiger, wenn auch etwas älterer, Wallach. Aber so hatte McCaskey es gewollt. Er war selbst in Neistavík gewesen um sich die Pferde anzusehen. Blöd nur, dass er seinen Kurier geschickt hatte, um zu bezahlen, als er selbst schon über alle Berge war.

McCaskeys Lippen spannten sich an und er richtete sich auf. "Zunächst einmal kannst du mir nichts beweisen", sagte er, eine Drohung in seinem Ton mitschwingend. "Und zum anderen: Wenn dein Vater meint, er hätte ein Hühnchen mit mir zu rupfen, dann soll er nächstes Mal selbst aufkreuzen, anstatt einen kleinen Jungen vorbei zuschicken."

Jón lehnte sich nach vorn und senkte die Stimme. "Du kannst froh sein, dass mein Vater nicht selbst vorbeigekommen ist." "O-ho, ich zittere vor Angst", spottete McCaskey mit einer ausladenden Bewegung. Dann stieß er Jón mit den Fingerspitzen von sich weg, als würde es ihn anwidern, dass jemand wie er so nah an ihn herangetreten war. "Hör mal -- vielleicht macht man das in eurem Bauerndorf so, aber von Leuten wie dir werde ich noch immer mit 'Sie' betitelt. Außerdem sind wir hier fertig." Er drehte sich um und ging. "Du wirst von mir mit 'Sie' betitelt, wenn du es verdient hast." Jón zuckte minimal zusammen, als McCaskey sich ruckartig umdrehte und die paar Schritte zurück kam. Er hob ihm drohend den Zeigefinger ins Gesicht. "Ich warne dich, Bürschchen. Sowas muss ich mir nicht bieten lassen." Ein Schweißtropfen rann Jón die Schläfe hinab. Ihm machte die Hitze nichts aus, wohl aber der Gedanke daran, was McCaskey für Verbindungen hatte und was diese anrichten könnten. Jón verengte die Augen. McCaskey nahm Jóns Schweigen wohl als Kapitulation wahr und fügte hinzu: "Einen schönen Tag noch, Herr Nóason", und lief davon. "Wenn du Fjalli nicht willst, dann nehme ich ihn eben wieder mit." Jón zuckte die Schultern. McCaskey hatte keine Geduld mehr, auch, wenn Jón die Anspannung in dessen Stimme hörte. Er drehte sich nicht einmal mehr um, rief nur noch, "Das wagst du nicht", und ließ Jón stehen.


Diese Klufft machte sie jedes Mal von neuem so unsagbar träge. Jede Bewegung in ihr fühlte sich an, als überspannten etliche Lagen dünnen Metalls ihre Gliedmaßen, und hinderten sie daran, im üblichen Schritttempo durch die Straßen zu laufen. Doch es war ein notwendiges Übel, um weiterhin unentdeckt ein Teil der Mannschaft zu bleiben. Nicht mehr lange und ihre Mühen hätten sich ein für alle Mal ausgezahlt. Zumindest hoffte sie das. Bog mit in den Rücken gelegten Händen und entspanntem Gang in die nächste Straße ein, nur um mitten in einen Streit hinein zu platzen und blinzelnd im Lauf stehen zu bleiben. Ein Hüne stand mit abgewandtem Gesicht direkt vor ihrer Nase. Dahinter, so erkannte sie mit knappem Blick an der Silhouette vorbei, ein älterer Herr, dessen Gang unfassbar erhaben, wenn nicht sogar bewusst überlegen wirkte. Was der Jägerin im ersten Augenblick gänzlich entging, waren die Gesichter, die sich erschrocken von ihr und dann gespielt geschäftig der Straße oder nahe stehenden Ständen widmeten. Mit der Marineuniform stach sie heraus, wie ein Paradiesvogel - was meist zum Nachteil wurde, wenn sie allein unterwegs war. Wie jetzt. Irgendwann hatte sie ihre Truppe ein paar Straßenecken entfernt abgeschüttelt und sich den faden und übertrieben maskulinen Unterhaltungen entziehen können. Ein paar Feinde der Marine oder zwielichtige Häscher waren ihr somit lieber, als die Verdummung ihrer Kameraden bei jeder Silbe mit anzuhören. "Lief wohl nicht so gut, hm?" Erst schnellten die dunklen Augen zur Seite. Hinauf bis zum fahlen Schatten unter dem eckigen Kinn, dessen Rest hinter dem dichten Wimpernkranz verschwand. Nur langsam zog Skadi sich aus ihrer Position zurück, neugierig darauf, mit welchem Gemüt sie konfrontiert wurde.

Jón war nicht überrascht, dass eine fremde Person ihn ansprach. Immerhin war sein Streit mit McCaskey kostenlos für jeden zu sehen gewesen -- hätten nur noch ein paar Sitzreihen gefehlt. Nächstes Mal würde er etwas dafür verlangen und dann McCaskeys Maul und jegliche andere Körperöffnungen damit stopfen. Er schüttelte den Kopf und seufzte. Stemmte die Hände in die Hüfte. "So ein widerliches Arschloch." Mehr zu sich selbst, aber trotzdem hörbar für die fremde Person. Sein Blick richtete sich auf sie. Ein Marine-Kerl, der Kleidung nach zu urteilen. Oder Junge, besser gesagt -- er wirkte noch recht jung, mit weicher Stimme und weichen Gesichtszügen. Ein oder zwei Sachen an dem Typen rüttelten an Jóns Intuition, aber er konnte sie noch nicht deuten. "Hast du heute noch was vor? Könnte Hilfe dabei brauchen ein Pferd zu stehlen -- oder besser gesagt: ein Pferd zurückzuholen, für das der im Kaufvertrag vermerkte Betrag nicht bezahlt wurde, es also rechtlich gesehen immer noch mir gehört." Wo Jóns Vater da mit seinem Kopf gewesen war, war Jón ein Rätsel. Er war sonst immer so äußerst kalkuliert und vorsichtig. Als ob ihm jeder etwas Böses wolle -- da hatte er einmal nicht von sich auf andere geschlossen und es dann zur Aufgabe seines Sohnes gemacht, den Fehler auszubügeln. Aber Jón beklagte sich nicht darüber. War ja fast wie Urlaub. Das mit dem Stehlen hatte er nicht ernst gemeint, aber er sah den Soldaten mit einem schiefen Lächeln an. Dass er Fjalli wieder mitnehmen würde war für ihn in dem Moment klar gewesen, in dem er es ausgesprochen hatte. Wenn er dabei Hilfe bekommen würde, um so besser.

Der Gespräch der beiden Herrschaften musste unsagbar hitzig gewesen sein. Sie sah es am Gang des Alten, der bald hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Ebenso an den ersten Schweißperlen, die allmählich an den Schläfen ihres Gegenüber hinab rannen. Seine Frage nahm sie mit einem Zucken in den Mundwinkeln zur Kenntnis. Seit wann ging man denn so offen vor der Marine mit einer Straftat hausieren? Entweder nahm der Kerl sie nicht für voll oder besaß eine derart kurze Hutschnur, dass ihm erst in den nächsten Augenblicken klar wurde, mit wem er hier gerade sprach. Nicht, dass es auch nur ansatzweise der Wahrheit entspräche. “Solange euer Vertrag nicht auf Gewässern beschlossen und besiegelt worden war, sind mir dahingehend wohl die Hände gebunden.“ Mit hinaufschnellenden Augenbrauen kippte der kurz geschnittene, dunkle Haarschopf zur Seite. Die Hände demonstrativ erhoben und von einer zur anderen Seite drehend. “Und ich halte es nicht für vernünftig einen Marinesoldaten um Mithilfe zu bitten, meinen sie nicht auch?“ Wie von selbst zog sich ein perfides Grinsen auf ihre Züge. Viel zu amüsiert darüber, dass der Kerl begann zurück zu rudern und doch irgendwie nicht gänzlich von seiner Idee abrückte.

"Oh, ich muss doch sehr bitten", sagte er auf die formelle Ansprache hin. "Mein Name ist Jón Haukur." Ihm ging erst jetzt auf, dass er den Soldaten wohl von seiner Seite aus formeller hätte ansprechen sollen, aber dahingehen hatte McCaskey zumindest recht gehabt: Bei seinen Landsleuten war das eine sehr unübliche Umgangsform. Aber der Soldat sah weder gekränkt noch sonst irgendwie negativ geneigt aus. Gegenüber jeglichen Aussagen, die Jón gerade getroffen hatte. Er sah eher belustigt aus. "Nun ja, ich bin hier ja nicht derjenige, der die Straftat begeht", sagte er und hob eine aufgebrachte Hand in die Richtung, in die McCaskey verschwunden war. Er sollte wahrscheinlich wirklich zur Polizei gehen. Recht bekommen würde er wohl. Aber der Gedanke daran, Fjalli einfach wieder mitzunehmen, ihn McCaskey einfach unter der Nase wegzuschnappen, gab ihm mehr Genugtuung, als der friedliche, bürokratische Kram.

Er konnte auch Blackbeard oder ein anderer Haudegen sein. Es änderte nichts daran, dass es Skadi vollkommen egal war. Doch der Name machte sie für einen Augenblick stutzig. Jón. Kein besonders geläufiger Name in diesen Regionen. Und dennoch regte er etwas in ihren Erinnerungen. “Und das tut jetzt genau WAS zur Sache?“ Ein amüsiertes Schnauben verließ ihre Kehle, gepaart mit einem breiten Schmunzeln, ehe sie sich mit einem Zungenschnalzen halb herum wandte und die dunklen Augen auf die Umstehenden richtete. Waren sie bis eben mit großen Ohren stehen geblieben, gingen sie geschäftig ihrer Wege und Arbeiten nach. “Mh. Ich glaube DAS ist leider Auslegungssache. Erst Recht wenn man bedenkt, mit wem sie sich gerade lauthals und für alle Umstehenden verständlich über den Verbleib des Pferdes gestritten haben.“ Zumindest war es das, was sie sich aus den letzten Gesprächsfetzen der beiden hatte zusammenreimen können.

Jón legte die Hand auf die Brust und hob die Augenbrauen. Gestik und Mimik waren bewusst übertrieben, aber seine Aussage meinte er ernst: "Woah-ho. Freundlichen Umgangston bringen sie einem bei der Marine wohl nicht bei, oder? Ich dachte, die sind da alle so--" Er versteifte seine Haltung und setzte eine Stimme auf. "Soldaten! Stiiiillgestanden!" Dann salutierte er, in der Rolle der Soldaten. Ging dann wieder zum Kommandeur über, indem er die Hände auf dem Rücken verschränkte. "Guten Morgen, Soldaten!" Salutierte wieder. "Sir, guten Morgen, Sir!" Seine Haltung entspannte sich wieder, als er anfing zu lachen. Als sein Lachen ausgeklungen war, sagte er: "Anscheinend war doch nicht alles für alle zu hören gewesen, weil ich eigentlich laut genug gesagt habe, dass er für das bezahlen muss, was er gekauft hat." Er legte nachdenklich die Finger auf die Lippen. Wahrscheinlich musste Jón erstmal auskundschaften, ob McCaskey Wachen plaziert hatte. Oder ob Jón vielleicht schon die Polizei erwartete, wenn er auch nur in der Nähe von McCaskeys Ställen aufkreuzte. Ob die Pferde überhaupt noch bei McCaskey waren, oder schon bei irgendwelchen Militärs. Ob ihm überhaupt jemand Fjalli abnehmen würde. Was er überhaupt mit ihm vor hatte. Warum er überhaupt jemanden bewusst so übers Ohr gehauen hatte wegen eines nur mäßig für das Militär geeigneten Pferdes.

Das war ja ein verdammt seltsamer Kautz. Eigentlich hätte sie jetzt einen absoluten Aufstand veranstalten müssen. Doch weder war einer ihrer Kollegen anwesend, noch gelüstete es die Nordskov danach, auf Marineetikette zu machen. Stattdessen lachte sie verhalten und rammte dem Fremden ihre Faust gegen die Schulter. “So etwas sollten sie in der Gegenwart anderer Marinesoldaten unterlassen. Die sind nicht alle so entspannt und umgänglich wie ich.“ Was nicht hieß, dass sie ihm nicht das Handwerk und seinen schnittig schönen Kopf in den Dreck legen konnte, wenn sie wollte. “Sicher. Aber bezahlen und sich das Pferd auf eher unübliche Weise zurück holen... ich weiß nicht, wer ihnen hier mehr glauben wird.“ Dann wandte sich Skadi gänzlich herum und begann die Straße weiter hinab zu laufen. “Überlassen sie diese Angelegenheit der Gendarmerie. Ihr hübsches Gesicht sollte nicht hinter Gefängnisgittern versauern müssen.“

Jón rieb sich kurz die Schulter und lachte nochmal auf. "Ist notiert." Er salutierte nochmal, diesmal nicht ganz so spöttisch wie zuvor. Das Grinsen verging ihm, als der Junge weitersprach. Recht hatte er ja. Hm. Ja, doch. Es wahr wohl besser, wenn Jón das auf angemessene Weise regeln würde. Auf das Kompliment hin wurde er etwas rot, aber der Fremde sah das schon nicht mehr. Jón rief ihm dennoch hinterher. "Herzlichen Dank für das Kompliment. Und die Worte der Vernunft." Einige Stunden und Tavernenbesuche später war von Jóns Vernunft ebenso wenig übrig wie vom Tageslicht: Ein dünner, fadenscheiniger Streifen am Horizont. Er war barfüßig und hatte seinen Mantel abgelegt um weniger laut und schwerfällig zu sein. Wo McCaskey wohnte, hatte er schnell herausgefunden. Seine Adresse war auf dem Kaufvertrag vermerkt. Jón hatte das große Grundstück bereits einmal umrundet und feststellen können, dass ein kleiner Stall direkt mit dem Hauptgebäude verbunden war. Er war zu, jedoch grasten oder lagen ein paar Pferde auf einer umzäunten Weide. Fjalli war allerdings nicht dabei. Musste er wohl in den Stall hineinsehen. Das war immerhin noch machbarer, als Militärgelände zu betreten.

Der Fremde hinterließ noch immer ein mattes Lächeln auf ihren Zügen, als sie längst um die Ecke gebogen war. Mit erhobener Hand zum Abschied, weil jeder Blick zurück unnötig gewesen wäre und sie den Worten der Vernunft ohnehin nur halbherzig glaubte. Blieb abzuwarten, ob sich der Kerl selbst daran hielt oder ihn irgendetwas dazu brachte, mehr auf seinen Stolz zu setzen, als auf ein Leben unter dem freien Himmel. Stunden später hatte sie sich in einem unbeobachteten Moment aus ihrer Uniform geschält und in gestohlener Kleidung in die Nacht hinaus begeben. Vorbei an den hell erleuchteten Tavernen ans andere Ende der Stadt. Es war ein Leichtes gewesen diesen McCaskey wiederzufinden. In Erfahrung zu bringen, was sie wissen musste, um jetzt mutterseelenallein und mit einem breiten Grinsen auf den Zügen am Rande der Mauer zu hocken. Versteckt im Halbschatten, den der angrenzende Stall auf sie warf und somit vor Jóns Blicken schützte. Langsam, fast schon Katzen gleich schob sie sich mit beiden Händen auf die Füße und ließ einen Laut durch ihre Kehle surren, der an irgendeinen Vogel erinnerte.

Jóns Herz explodierte, als er das Geräusch so nah neben sich hörte, und er fuhr herum. Zumindest hatte es sich so angefühlt. Die Handfläche auf der Brust und das Pochen in seinen Ohren sagten ihm, dass sein Herz noch immer fubtkional war. Einen Moment später schaltete sich sein rationaler Teil ein -- der sich zumindest in solchen Momenten aktivierte -- und ihm wurde klar, dass es sich nur um irgendein nachtaktives Getier handelte. Eines der grasenden Pferde hatte den Kopf gehoben und die Ohren gespitzt. Und machte sich gemächlich, aber aufmerksam auf den Weg zu der Quelle des Geräuschs. Jón nutzte die Chance. Er sprang leichtfüßig über die Mauer und landete lautlos im Gras. Er lief geduckt in den Schatten des Pferdes und hielt sich dort, weit genug weg von dem Pferd, dass er es nicht von seinem Ziel a lenkte, nah genug dran, um vor Blicken aus Fenstern geschützt zu sein.

Beinahe wäre ihr ein Lachen entwichen. Blieb jedoch hinter vorgehaltener Hand verborgen und verkroch sich in ein anhaltend amüsiertes Grinsen. Vielleicht würde sie den Fremden noch einen Moment länger zum Narren halten. Klaubte sich einen winzigen Stein von der Mauer neben sich und schleuderte ihn in ebene jene Richtung aus der Jón gekommen war. Lautes Rascheln erhob sich aus dem hohen Gras. Das Pferd blieb augenblicklich stehen. Mit erhobenem Kopf und tanzenden Ohren. Wich einen Schritt zur Seite, als Skadi erneut einen Stein von dem Mauerwerk abzwackte und dichter an jene Stelle warf, an dem sie den Hünen im Gras vermutete.

Jón zuckte zusammen, als es neben ihm im Gras raschelte. Und dann nochmal. Ehe er sich versah, wurde er halb von dem Pferd umgelaufen -- noch einen Huftritt und es würde in seinem Schoß sitzen -- doch dann bemerkte es ihn im Dunkeln, scheute und Jón hob sich reflexartig die Arme über den Kopf. Als er sie wieder runtrrnahm war das Pferd am anderen Ende der Weide. Da hockte er nun. Wenn jetzt jemand ein Licht in ein Zimmer auf diese Seite des Hauses brachte oder eines anzündete, dann würde man ihn im Gras hocken sehen. Er berappelte sich aber schnell und kroch in die Schatten, näher zum Stall hin.

Skadi platzte fast vor Lachen. Erst recht als sie Jón mit gehobenen Armen im Gras hocken und total geschockt durch die Gegend starren sah. Es war beinahe witziger ihn an der Nase herum zu führen, als wirklich zu verhindern was er tun wollte. Oder vielleicht dem beizuwohnen, je nachdem, wie wohlgesinnt er noch war. Wo ihn beinahe der Huf eines Pferdes getroffen hatte. Einen Moment lang beobachtete sie ihn noch auf seinem Weg in Richtung der sicheren Schatten. Dann zischelte sie. Erst leise. Dann lauter, damit er den Kopf in ihre Richtung wandte und das verschmitzte Grinsen hinter der Mauere erblickte. “Hätte nicht gedacht, dass du so unvernünftig bist.“

Jón stoppte. Kurz bevor er am Stall war. Da war nochmal was. Ein Geräusch -- das sich jetzt auch nicht mehr wie das eines Tieres anhörte. Dann sah er im Dunkeln ein Paar funkelnde Augen und eine Zahnreihe, und dann erklang eine Stimme, die ihm bekannt war. "Warst das etwa du?", sagte er im Theaterflüsterton und deutete in Richtung verschrecktes Pferd. "Außerdem, wer ist hier unvernünftig? Du hast mich heimlich verfolgt."

Glucksend hockte sie am anderen Ende des Stalls und krallte ihre Finger in die Mauer. Es war urkomisch wie er zu ihr hinüber sah. Wie ein verschrecktes Reh. “Schonmal Pferde Steine werfen sehen?“ Nur langsam erhob sie sich. Schob sich für einen Moment kurz aus den Schatten, nur um dann wieder darin abzutauchen und auf Jón zuzusteuern. “Was nicht besonders schwer war. Du hast die Grazie eines Hundes.“

Jón breitete gereizt die Arme aus. "Kann ich ja nicht sehen, dass da jemand mit Steinen wirft! Ich hab nur Geräusche gehört!" Und er wollte dem Jungen gerade entgegnen, dass das eine äußerst unpassende Analogie war, da Hunde tatsächlich graziöser waren, als er es gerade war, aber als er zunächst kurz aus den Schatten auftauchte und dann näher kam, sah Jón, dass es überhaupt nicht der Soldat war. Oder doch. Oder doch nicht. Oder-- Er atmete ein, hob einen Finger, seine Lippen bewegten sich, aber nichts kam raus, er ließ den Finger wieder sinken. "Einen Moment. Bist du--?" Ihre Antwort auf seine Anklage hin, ihr Gesicht, ihre Stimme, alles lief darauf hinaus, dass sie der Soldat war. Alles, bis auf -- er deutete mit einer Geste ihre weiblichen Rundungen an.

Der Kerl war besser als jeder Narr auf dem Markt. Skadi musste sich immer wieder auf die Lippen beißen, um nicht in schallendes Gelächter zu verfallen. Stattdessen drehte sie sich zur Seite. Äffte seine Gesten nach und schob die dunklen Brauen zusammen. Als verstünde sie nicht, was er ihr damit zu verstehen geben wollte.
“Ein Mann mit Bierbauch?“


"Nein, nein. Also ..." Er tippte kurz die Hände gegen die Schläfen. "Wie formuliere ich das am besten diskret?" Eine kurze Pause. "Du bist der Kerl, mit dem ich heute Mittag gesprochen habe, richtig? Weil du offensichtlich Informationen hast, die nur der Kerl haben kann, mit dem ich heute Mittag gesprochen habe. Und du führst irgendeine Art von Doppelleben? Welcher Natur das auch immer sein mag -- ich hab jedenfalls Dinge zu erledigen und wenn du nicht hier bist um zu helfen, dann versuch zumindest, es mir nicht zu vermasseln, vielen Dank." Damit kroch er zum Stall hin, stand auf und schmiegte sich mit dem Rücken an die Wand -- so nah wie möglich am nächsten Fenster, um zu lauschen.

Hatte er gerade diskret gesagt?! Skadi blinzelte. Mehr als einmal, um zu verstehen, was er damit genau sagen wollte. Lauschte seinen Worten und hörte doch nicht wirklich zu. Irgendwie war der doch falsch gewickelt, oder nicht? Mit hinauf schnellender Augenbraue beobachtete sie ihn. Verschränkte die Arme vor der Brust und trat dann demonstrativ, aber sanft gegen seinen Oberschenkel. Sie zu ignorieren half seinem Plan in keinster Weise. “Hey… schonmal auf den Gedanken gekommen, dass ich hier schon seit ner ganzen Weile auf dich warte, du Hund?“ Eigentlich hatte sie ihn nur aufziehen wollen. Bis sie zu lange auf der Idee herum gekaut hatte, dass es vielleicht eine willkommene Abwechslung für sie war, ein blödes Pferd vom Hof eines… nun… sagen wir… bekannten Scharlatans zu entwenden.

"Au--hey!" entfuhr es Jón, obwohl es gar nicht weh getan hatte. Er wollte ihr gerade sagen, dass sie ihn besser in Ruhe ließ, oder ihn einfach gleich festnahm, wenn sie zur Marine gehörte. Irgendwie. Keine Ahnung. Aber er stockte auf ihre Aussage hin kurz. Allerdings-- "Nein. Ganz ehrlich nicht," sagte er ernst -- weder abfällig, noch sarkastisch. "Und weißt du, warum? Weil das gerade eine unglaublich heikle Situation ist und du scheinbar Spaß daran hast, mich zu ärgern und in die Gefahr zu bringen aufzufliegen." Er musterte ihr Gesicht, so gut es im Halbdunkel ging. Irgendwie kam es ihm bekannt vor. Und er meinte nicht von heute Mittag. "Was hatte das mit dem Marinekerlaufzug nun eigentlich wirklich zu bedeuten?" Er winkte die Frage jedoch wieder weg. "Nein, beantworte das nachher." Leiser fügte er hinzu, den Kopf wieder abgewandt, Richtung Stallfenster: "Werden wohl genug Zeit haben -- eingepfercht in unserer Gefängniszelle." Wenn du so weiter machst. Drinnen im Stall hörte er eine Stimme.

Bei allen Göttern. Der machte ja einen Aufstand! Immerhin flog hier NOCH niemand auf. Außer ihr selbst, hatte ihn niemand zu Gesicht bekommen. Und das würde auch so bleiben, wenn er die Stimme gesenkt und seinen Prachtkörper im Schatten verborgen hielt. "Du bist ein Schwarzmaler was?" Eine rhetorische Frage, deren Antworte er sich genauso klemmen konnte, wie sie scheinbar die ihre. Und fast im selben Atemzug, wie die Stimmen vom Stall zu ihnen hinüber drangen, presste sich Skadi an dem Fremden vorbei gegen die Mauer. Lauschte aufmerksam und tastete sich dann langsam mit den Fingern an der Wand empor. Irgendwo, zwischen einem der Steine verkeilte sie ihre Finger im Mauerwerk. Zog sich vorsichtig himmelwärts. Versucht leise. Aufmerksam lauschend. "Gebt Ruhe ihr Gäule oder ich mache Pferdewurst aus euch!", dröhnte es durch durch das halb geöffnete Fenster nach draußen. Na da hatte aber jemand unfassbar gute Laune, nicht wahr?

Jón verdrehte die Augen, aber das bekam seine ungebetene Begleiterin gar nicht mit -- sie schien irgendwelche Zwischenräume zwischen den Ziegeln gefunden zu haben und zog sich daran leise und geschickt nach oben. Jón gab einen beeindruckten Gesichtsausdruck, auch, wenn sie diesen ebenfalls nicht sehen konnte. Vielleicht wollte sie ihm ja wirklich helfen. Über das warum wollte er nicht allzu viel nachdenken. Geschenkte Gäule und so. "Und? Hörst du was?", flüsterte er zu ihr hinauf.

"Sssh.", schickte sie leise zischelnd hinab und wandte den dunklen Schopf minimal herum. Die Augen noch immer auf die Gestalt im Raum fixiert, deren Silhouette sie nur schwer im Licht der Fackeln ausmachen konnte. Groß und kräftig. Nein. Breit. Seltsam im Gang. Schwer zu sagen, ob es der Hauseigentümer oder der Koch war. Einen Stallburschen schloss die Nordskov aus - zu beleibt und zu alt. "Irgendso ein Kerl, der die Pferde beleidigt. Klingt betrunken oder berauscht. Kein Stallbursche. Kräftig. Läuft schwerfällig auf der rechten Seite." Hielt er irgendetwas schweres fest, dass seine Schulter nach unten zerrte? Blind zog Skadi ihre Hand aus der Rille zwischen den Steinen und versuchte wenige Zentimeter oberhalb Halt zu finden und sich weiter hinauf zu ziehen. Vergebens. "Kannst du mich auf die Schultern nehmen?", wandte sie sich flüsternd an den Fremden und senkte den Blick zu ihm hinab.

"Wenn er betrunken ist, dann werden wir vielleicht ein Leichteres haben, ihm Fjalli unter der Nase wegzuschnappen." Falls sie das überhaupt mussten. "Oder vielleicht warten wir besser, bis er weg ist." Jón bemerkte, wie seine Helferin etwas mit der Erklimmbarkeit der Mauer rang, aber bevor er seine Hilfe anbieten konnte fragte sie danach. "Natürlich", sagte er, griff in seinen jeweils gegenüberliegenden Oberarm um sich zu stabilisieren und trat unter sie, sodass sie sich auf seine Schultern stellen konnte.

Betrunkene Menschen waren vielleicht schneller zu überrumpeln. Doch genauso Schmerz unempfindlich und hemmungslos. Wenn sie Pech hatten, brüllte der Kerl das halbe Haus zusammen, noch ehe sie seinen belebten Leib irgendwo im Heu verstecken konnten. Um ihrer beider Willen hoffte sie, dass er verschwinden würde, noch ehe sie sich genötigt sah eine Alternative in Betracht zu ziehen. Sie verließ sich nur ungern auf die Kraft und Reaktionsschnelligkeit des Fremden. “Und was dann? Reiten wir auf dem Rücken deines Pferdes davon?“ Kurz wandte sie den Kopf in Jóns Richtung, als sie seine Hände an ihren Beine spürte und daraufhin auf seine Schultern kletterte.

Jón hätte mit den Schultern gezuckt, wäre seine Helferin nicht gerade dabei, ihm auf die die selbigen zu klettern. Die Schuhsohlen drückten sich unangenehm gegen seine Knochen und er presste die Lippen zusammen, damit er ein kurzes Ächzen besser unterdrücken konnte. "Ich meine ... wäre eine Idee."

"Ich hoffe dass du dich hier gut genug auskennst, um zu wissen, wo wir hinreiten müssen." Andernfalls wurde dieser kleine "Ausflug" eine absolute Katastrophe. Erst Recht, wenn dieser Kerl sie erwischte, dessen Miene sich fast im selben Moment in Richtung Fenster drehte, als die Nordskov den Schopf weiter über die Kante schob. Beinahe drückte sie sich instinktiv mit beiden Händen vom Fenster. Besann sich jedoch eines besseren und senkte den Kopf zwischen die Schultern. Aus dem Stall klang Gemurmel. Etwas unverständlich. Dann dumpfe Schritte. Nur langsam streckte sich Skadi erneut zum Fenster. Sah noch wie der Kerl watschelnd in Richtung Stalltür verschwand und holte erleichtert tief Luft. "Er ist nach drinnen gegangen."

"Irgendwo hin, wo McCaskey uns nachher nicht findet? Oder mich. Ich verlange jetzt nicht, dass du mich dabei begleitest." Eine kurze Pause. "Also ... außer du willst." Die Insel war ja wohl groß genug damit er McCaskey aus dem Weg gehen konnte. Allerdings ... worüber er noch nicht nachgedacht hatte -- selbst wenn er sich hier auskennen würde, was er nur mäßig gut tat -- McCaskey würde ihn spätestens am Hafen abfangen können. Zurück nach Andalónia schwimmen würde nämlich etwas schwierig werden. Aber darüber konnte er sich später noch Gedanken machen. "Wunderbar", sagte Jón. "Hast du gesehen, ob er den Stall abgeschlossen hat, oder so?" Und wenn sie demnächst wieder den Boden anstatt seiner Schultern unter ihren Stiefeln hatte, würde er sich auch sehr freuen.

“Mitkommen? Nun… glaub es oder nicht. Ich könnte dir danach noch nützlicher sein als hier.“ Wenn sie ihre Uniform trug und einen auf dicke Hose machen konnte. Oder dazu überging Stadtwachen davon zu überzeuge sie passieren zu lassen - wo auch immer sich jemand in den Weg stellte. “Ich habe keinen Schlüssel im Schloss gehört und auch keinen in seiner Hand gesehen.“ Wie viel diese Information allerdings wert war, würde sich noch zeigen. Ihre Augen waren vielleicht gut, doch das Licht trug Schatten in sämtliche Ecken, die kaum einsehbar waren. “Links von uns ist noch ein Fenster, ohne Gitter. Falls wir also nicht durch die Tür kommen, dann vielleicht da durch.“ “Lässt du mich runter?“ Mit beiden Händen stützte sich die Nordskov von der Wand ab und sah zu Jón hinab. Hörte das entspannte Schnauben der Pferde aus dem Stallinneren und machte sich bereits zum „Abstieg“.

"Das ist wohl wahr -- sagt mir aber nicht, ob du weiter mein Handlanger sein möchtest, oder nicht", sagte Jón. "Oh, ja. Natürlich." Er faltet die Hände und hielt sie auf, sodass sie als Stufe fungierten. Während die Fremde sich wieder auf den Weg zum festen Boden machte, spekulierte Jón weiter. "Ich denke, wir haben zwei Möglichkeiten, die beide gleichblöde Nachteile haben. Entweder wir nehmen Fjalli jetzt mit, was aber dann viel auffälliger ist, falls wir entdeckt werden. Oder wir holen ihn am hellichten Tag, was Leute, die uns sehen, weniger in Frage stellen würden, aber dann kommen wir nicht so unauffällig an ihn ran." Ja, eigentlich war genau jetzt ihre Chance. Vor allem, wenn der Stall noch offen war. Vielleicht würde er das morgen früh nicht mehr sein. "Oder -- oder wir mischen beide Konzepte. Wir nehmen ihn jetzt mit, verstecken uns irgendwo mit ihm und nehmen ihn dann am Morgen mit zum Hafen. Dann hab ich noch Zeit, McCaskeys Unterschrift auf dem Rückkaufvertrag zu fälschen." Den Jón auch noch aufsetzen musste. "Oder ich besteche jemanden, der mich und die Ware ohne Deklarierung mitnimmt. Gefällt meinem Vater bestimmt nicht so, aber dem gefällt eh nie irgendeine Entscheidung, die ich treffe. Na ja, egal. Hast du da drin Sattelzeug gesehen? Dann könnten wir ihn damit auch vor einer Taverne abstellen -- Fjalli, nicht meinen Vater -- schön unauffällig, zwischen den anderen Pferden -- und beim ersten Licht gehe ich dann einfach und keiner wird es in Frage stellen." Jón spürte richtig, wie seine Mine sich aufhellte, als immer mehr Ideen zu ihm flossen. "Und nein, warte. Du könntest dich kurz wieder in deine Uniform schmeißen, während ich hier warte und dann, während wir zur Taverne reiten, tun wir einfach so, als wärst du auf Patrouille gewesen und ich wäre irgendein besoffener Trottel, den du aufgesammelt hast, weil ich zu viel Unruhe gestiftet habe!" Er neigte den Kopf. "Was theoretisch nicht einmal ganz unwahr ist."

Ein Augenrollen. Mehr hatte sie nicht dazu zu sagen, bevor sie sich langsam hinab gleiten ließ und ihre Hände fest um seine Schultern legte. Offensichtlich brauchte dieser Kerl eine schriftliche Bestätigung dafür, dass sie nicht so schnell abhauen würde. Allerdings, und das wurde ihr bewusst, als er gerade mit seinem Monolog ansetzte, würde sie verschwinden, wenn ihre Tarnung gefährdet war. Etwas das ihm hoffentlich bewusst war. Spätestens wenn sie die Szenerie verließ. Die Vorstellung seinen Vater zu satteln und davon zu reiten, die er ihr geradewegs und ohne Vorwarnung in den Kopf setzte, brachte sie allerdings zum Lachen. Mit einer Hand versiegelte sie ihre Lippen. Gluckste darunter und schüttelte den Kopf. “Ich kann ja auch dich satteln und davonreiten. Problematisch wirds nur, weil ich es nicht kann… reiten mein ich.“ Ein Grinsen blieb zurück. War selbst im Halbdunkel zu erkennen. “Tagsüber werde ich dir wenig nütze sein, weil ich Dienst habe und aufs Schiff muss. Das scheidet wohl aus. Ich würde also vorschlagen, dass wir die Chance jetzt nutzen wo sie sich bietet. Und…vielleicht hast du Glück und mein Kontakt kann dich und ihn ungesehen von der Insel bringen.“ Wofür er seinen Geldbeutel sicherlich weit aufreißen musste.

Jón verstummte -- sah sie für einen Moment an. Kurz überdeutlich wahrnehmend, wie sich ihre Hände auf seinen Schultern anfühlten. Sie sagte nichts, aber ihre Geste und ihr Gesichtsausdruck machten ihm deutlich, dass sie erstmal nicht vor hatte sich davonzumachen. Jón musste grinsen, als er bemerkte, dass er sie amüsierte. "Ich wäre nicht schwer zu reiten", sagte er, grinste weiter, im vollen Bewusstsein, wie sich das angehört hatte. Vielleicht hatte er das auch beabsichtigt. Ein bisschen. Er rückte seine Brille zurecht, obwohl das nicht nötig war. Obwohl er sie schon als Kind gebraucht hatte, fühlte er sich mit ihr noch immer ein wenig unbehaglich, wenn er darüber nachdachte, was für einen Eindruck er gerade machte. "Du hast einen Kontakt!" Es hörte sich wie eine Mischung aus einer Frage und einer begeisterten Aussage an.

Einen Moment war Skadi sprachlos. Blinzelte ob seiner Aussage mehrere Male und musste sich erneut ein herzhaftes Lachen verkneifen. Spiegelte stattdessen das feiste Grinsen, das er zur Schau trug und klopfte ihm beherzt mit der flachen Hand gegen die Schulter. Na da hatte sie ja jemanden ihres Kalibers gefunden. "Ich komm drauf zurück, wenn wir hiermit fertig sind.", entgegnete sie trocken. Wandte jedoch bereits den Kopf herum, um sich noch einmal zu vergewissern, dass am Ende des Stalls niemand stand und sie beobachtete. "So wie du deine Kontakte hast." Sie warf es so beiläufig über ihre Schulter, als sie sich abwandte, dass man eindeutig verstand, dass die Marine von allem möglichen unterwandert war. Nur weil sie ein winziger Arm der königlichen Macht waren, bedeutete es nicht, dass sie blütenreine, weiße Westen trugen. Und Skadi wusste dies wohl mehr als irgendjemand sonst. Als Leidtragende der dunklen Seite dieser Institution. Ganz davon abgesehen, dass sie selbst ihre Einheit als Fremdkörper unterwanderte, um sie von innen heraus zu zerstören. "Aber ich sage dir gleich. Du wirst ordentlich dafür löhnen müssen. Jemanden von der Insel zu schmuggeln ist gefährlich. Und jeder der es versucht zahlt dafür einen hohen Preis, den er in Münzen sehen will." Sie musste es diesem Kerl sicherlich nicht erklären - er wirkte schlau genug, um sich dessen bewusst zu sein. Doch sie sagte es lieber vorher, als dass er ihr nachher eine Szene daraus machte.

Jón grinste weiter. Einmal, weil er die schlagfertige Frau für einen Moment vor den Kopf gestoßen zu haben schien; dann, weil er sie wohl immer noch amüsierte; und weil sie dann selbst zurückgrinste. "Wunderbar", entgegnete er ebenso trocken, ein wenig von sich selbst überrascht -- aber er dachte nicht weiter drüber nach. Jón erstarrte als sie sich umsah. Vermutete, dass sie vielleicht etwas gehört oder gesehen hatte. Aber er entspannte sich wieder, als sie weiter sprach. "Münzen... könnte schwierig werden", sagte er und schielte selbst um die Ecke, zum Stalleingang. Drehte sich nochmal zu seiner Begleiterin um, bevor er um die Ecke huschen wollte. "Akzeptiert dein Kontakt auch Wechselscheine?" Kurze Pause. "Oder waren die Münzen eine Metapher?"

Wechselscheine? Skadis Augenbrauen verzogen sich fragend in der Dunkelheit. Was sollte man mit wertlosem Papier nur wollen? "Eine Metapher für "du könntest bis auf die Unterhose blank sein“i> danach, vielleicht. Wenn du das meintest." Alles andere verstand sie nicht so recht. Zuckte nur mit den Schultern und trat einen Schritt an ihm vorbei und den Weg zum Stalleingang im Schutz der Dunkelheit anzuführen.

Jón blinzelte kurz, als sie sich vor ihn schob. Aber um seinet Willen: gerne. Er hatte nichts dagegen, dass sie die schwierigen Teile der Aktion übernahm. Jón wagte einen Blick zu den Fenstern des Wohnhauses, als er der Fremden hinterschlich. Dunkel. Trotzdem presste er sich an den Türrahmen, des Stalls. "Das nehme ich in Kauf." Es ging hier einfach nur noch ums Prinzip. Das mit den Wechselscheinen konnte er dann noch abklären. Damit konnte er theoretisch mehr bieten als mit den paar Münzen, die er dabei hatte.

Nun. Es würde ihm noch nichts anderes übrig bleiben. Er wollte das Pferd zurück und offensichtlich um jeden Preis. "Schonmal ein Schloss geknackt?" Gerade war der Kopf der Nordskov in Richtung eines Spaltes verschwunden gewesen und hing nun halb neben seinem. Die Dunkelheit machte Entfernung nahezu null und nichtig. "Für den Fall, dass die Tür abgeschlossen ist." Was sie wohl sein würde. Zumindest verwettete Skadi ihren Hintern darauf. Obwohl... Ohne eine Antwort abzuwarten umschloss ihre Hand bereits den Griff und zog erst langsam, dann mit einem etwas stärkeren Ruck. Und die Tür zum Stall schwang ein paar Millimeter auf. Knarzend.

Jón zog die Augenbrauen hoch. "Sieh an -- diese Erfahrung bleibt mir dann wohl weiterhin erspart." Die Lautstärke der Türangeln bereitete ihm allerdings Sorgen. "Ich habe eine Idee. Wie wäre es, wenn du vor gehst und mir das Weidengatter öffnest. Ich hole mir derweil Fjalli, schwinge mich auf seinen Rücken und reite so schnell wie möglich raus. Du machst schnell das Gatter zu und ich ziehe dich aufs Pferd und weg sind wir. Falls die Tür jemanden dazu bewegt, nachzusehen."

Hatte die Nordskov gerade noch inne gehalten, wandte sie sich erneut zu dem Fremden herum. Die Brauen skeptisch zusammengezogen. Wahrscheinlich hatte ihn das Geräusch des Scharniers mehr aufgeschreckt, als irgendeinen Bewohner des Hauses. "Wie du meinst... ist dein Pferd.", entgegnete sie Achselzuckend und nahm die Hand von der Klinke. Trat zurück und überließ ihm das Feld. "Lass dich nicht erwischen, Hasenfuß." Ein Grinsen verließ ihre Lippen, während sie allmählich rückwärts lief. Dorthin, wo sie hergekommen waren, um das Gatter zu öffnen, von dem er gesprochen hatte.

Jón setzte an, etwas zu sagen, doch seine Begleiterin machte sich schon auf den Weg zum Gatter. Sie hätte ihm ruhig einen Vorschlag machen können. Auf ihren hinterhergejagten Kommentar hin streckte er ihr die Zunge raus, wusste aber nicht, ob sie es im Dunkeln sehen konnte. War ihm auch egal. "Alles klar," sagte er zu sich selbst -- atmete tief ein -- aus. Er riss die Tür auf. Sie knarzte laut. Er schritt die Pferdereihen ab. Rappe -- Brauner -- Fuchs! Mit Blesse -- nicht Fjalli. Er beugte sich zu einem fressenden Kopf hinab: Lichtfuchs -- noch ein Brauner -- noch ein Fuchs. Mit Stern. Fjalli. Jón erkannte ihn sofort, an der Form seines Kopfes, der Struktur seiner Mähne. Er öffnete den Eisenriegel, der dabei laut klackerte, sprang auf den Rücken des glücklicherweise relativ kleinen Wallachs und galoppierte aus dem Stall, auf das Gatter und seine Helferin zu. Das Geräusch der Hufe auf dem Boden klang wie Donner in Jóns Ohren -- so auch das Pumpen seines Herzes.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Zum Pferde stehlen - von Jón Nóason - 29.01.2022, 22:54
RE: Zum Pferde stehlen - von Skadi Nordskov - 29.05.2023, 19:45

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste