24.11.2021, 18:14
Ein Hauch von Unwohlsein ...Trotz der Unruhe, die beide Mannschaften antrieb, schien sich an den äußeren Umständen bisher wenig zu ändern. Der Nebel umhüllte nach wie vor beide Schiffe, doch innerhalb dieser Kuppel aus weißem Dunst blieb die Sicht – von einigen verirrten Schwaden abgesehen – relativ gut. Wer in diesem Moment wagte, einen Blick in Richtung Himmel zu werfen, käme jedoch nicht umhin, die beiden gewaltigen Schatten zu bemerken, die als dunkle Schemen über dem Nebel hinwegfegten. Bisher wagten sie nicht, sich dem freiliegenden Krähennest zu nähern – ob aus Respekt vor einem weiteren Angriff oder aus Scheu vor dem unheiligen Wetterphänomen ließ sich vom Deck der Sphinx aus allerdings nicht sagen.
Derweil bemerkten Tarón und Lucien rasch ein unangenehmes Kratzen in der Kehle. Ein Gefühl, das beide an einen Abend in einer rauchigen Kneipe erinnerte, in der man zu nahe am Kamin gesessen hatte. Vor allem dann, wenn sie die Stimmen senkten, um sich leise miteinander zu unterhalten, oder sie erhoben, um sich über die Wellen hinweg Gehör zu verschaffen, stieg das Bedürfnis in ihnen auf, sich vernehmlich zu räuspern.
Unter Deck setzte Liam dazu an, Alex‘ Truhe zu öffnen. Doch gerade, als er den Schlüssel zielgerichtet ins Schloss stecken wollte, verschwamm sein Blickfeld. Für wenige Herzschläge glaubte er, drei Schlüssel, drei Schlösser und sogar drei Hände vor sich zu haben, ehe sich das Bild nach einigen hektischen Lidschlägen wieder klärte. Danach schien alles wie zuvor und doch blieb das unangenehme Gefühl in seinem Magen, das etwas nicht stimmte.
Spielleitung für alle
Spielleitung für Tarón, Lucien & Liam
Jóns schneidende Worte ließen Vasarios Wangen einen kräftigen Purpurfarbton annehmen, der dem seines samtenen Umhangs in nichts nachstand. Der Diplomat schnappte für einen Moment entrüstet nach Luft, spielte für den Bruchteil einer Sekunde damit, etwas möglichst Arrogantes zu erwidern und biss dann doch kräftig die Zähne aufeinander. Nein. Nein. Dieser Jón war ein begriffsstutziger Bauerntölpel, das hatte er schon früh begriffen. Er hatte weder eine Ahnung, noch das Verständnis dafür, wie sensibel die Informationen waren, mit denen Vasario reiste. Was von Natur aus und seit jeher auch das Problem mit den unteren Schichten war: Sie begriffen einfach nichts.
Der Shilainer rechnete sich also keine Chancen aus, den selbsternannten Wortführer umzustimmen oder ihm gar das Kommando abzunehmen. Jedenfalls nicht mittels Vernunft. Ihm blieb nur, das Ganze selbst in die richtige Richtung zu lenken.
Mit einem leisen Schnaufen, dass vom Rest der Besatzung wohl niemand hören würde, wandte Vasario sich an seinen angeschlagenen Leibwächter. Seine Züge wurden ungnädig, als er ihn mit gedämpfter Stimme anherrschte:
„Was hockst du hier noch herum? Besorg uns eine Waffe! Wir müssen um jeden Preis verhindern, dass diese verdammten Piraten an Bord kommen.“
Nur einen Augenblick lang zögerte sein Leibwächter, hätte es sogar beinahe gewagt, Unglaube und Zweifel offen auf seinen Zügen zur Schau zu stellen. Doch dann nickte er mit einem leisen, scherzerfüllten Grunzen und robbte in geduckter Haltung in Richtung der zerstörten Luke, die unter Deck führte. Vielleicht fand sich dort die nicht gänzlich unter Wasser liegende Leiche eines Bewaffneten, der bestenfalls keine Verwendung mehr für eine Pistole haben würde.
Vasario selbst blieb zurück, räusperte sich leise gegen das Kratzen in seinem Hals, das er seiner Anspannung zuschrieb und beobachtete ungeduldig die Verhandlungen zwischen Jón und den Piraten.