08.11.2021, 17:59
„Naja, so ähnlich.“, murmelte Liam kaum hörbar vor sich her; war sich dessen womöglich selbst nicht einmal bewusst, da er in Gedanken längst wieder das zusammenzuschustern versuchte, was sowohl ihnen als auch diesen Vögeln das Leben retten würde.
James‘ Sarkasmus hingegen ließ ihn vollkommen unberührt. Liam war noch nie ein Mensch gewesen, der Zuspruch von anderen gebraucht hätte. Er tat, was er für richtig hielt, probierte, was ihm in den Sinn kam und erntete das Ergebnis – ganz gleich ob positiv oder negativ. Dass es verrückt war, wusste er. Dass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass es nicht funktionierte, wusste er ebenfalls. Aber womit hätte er rechtfertigen können, dann stattdessen einfach tatenlos herumzustehen, wenn er doch einen dünnen Strohhalm hatte, nach dem sie greifen konnten? Rúnar war es, der der Landratte eine ausführlichere Beschreibung gab. Liam hatte sie James nicht vorenthalten wollen – er war nur gerade zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, als dass er daran gedacht hätte, dass sich eben nicht jedem sofort erschloss, was sie da taten. Rúnars Stimme glaubte er wieder etwas Zögerliches anzuhören. Der Lockenkopf sah auf, musterte den Jüngeren flüchtig und fühlte sich schlecht, dass ihm kein ‚Das wird schon klappen, glaub mir!‘ über die Lippen kam. Trotz der eigenen Zweifel allerdings ließ er sich nichts anmerken und sich nicht von dem abbringen, was sie nun schon so mühevoll in Bewegung gesetzt hatten. Und hätte Rúnar nicht auch bei James‘ Offenbarung eines möglichen Spiegels zuerst geantwortet – er hätte ihn womöglich der Einfachheit halber wirklich angelogen.
„Du bekommst einen Spiegel zurück, sollten wir das hier überleben, Deal?“, wandte er sich schließlich selbst an James und hoffte einfach, er würde keinen großen Unterschied zwischen seinem und einem Spiegel machen. Aber er meinte es ernst. Würden sie überleben (und ihn jemand daran erinnern), würde er ihm mit Sicherheit Ersatz besorgen, sobald sie im nächsten Hafen eingelaufen waren. „Guter Einwand. Wenn uns die Zeit recht, jedenfalls.“
Inzwischen waren sie wieder auf dem Mannschaftsdeck angekommen. Gregory spähte um die Ecke und Elian sprang auf, um ihnen mit einem skeptischen Stirnrunzeln zumindest einen Spiegel überreichen zu können. Liam ließ die zwei Fernrohre auf einen der Tische in der Kombüse fallen, wandte sich um und wies Rúnar in die Richtung der Küchenschränke.
„Suchst du eine Schüssel oder einen Topf, mit dem wir etwas anfangen können? Ich hol‘ schnell den Leim. Und du deinen Spiegel, James. Wir brauchen alle, die wir bekommen können.“
Er ließ die kleine Gruppe zurück, um sich ein paar Meter weiter vor Alex‘ Truhe zu setzen. Mit einem gezielten Griff hob er sie an einer Seite hoch und fischte den passenden Schlüssel unter dem Boden heraus. Indes gesellten sich Elian und Gregory zu der kleinen Versammlung in der Kombüse, wirkten zwar noch immer etwas skeptisch, doch Greg verschwendete keine Zeit und fragte den Hellhaarigen stattdessen, ob sie ihnen helfen konnten.