14.09.2021, 22:51
Wohl das zweite Parley, das bisher an diesem Tag gefallen war, nicht lange nach dem Schuss, der wie aus dem Nichts zu ihnen über das Wasser gedonnert war. Reflexartig hatte er den Kopf leicht eingezogen, obwohl die Kugel mehr als ein gutes Stück von ihm eingeschlagen war. Eine leichte Erschütterung glaubte er dennoch gespürt zu haben, ein leichtes Wackeln.
Per hatte nicht darauf geachtet, wer sich von der Reling des Handelsschiffes meldete; er hatte der an Bord verbliebenen Besatzung des Handelsschiffes wenig bis gar keinen Raum hinter seiner Stirn geschenkt. Vielleicht, nur vielleicht, hatte er sogar ein bisschen darauf gehofft, dass sie entweder entkommen oder auf den Grund des Meeres sinken würden. Nicht, dass man ihn am Ende noch bezichtigte, sich mit den Piraten gegen sie verschworen zu haben. De Vega traute er alles Mögliche zu, denn der Diplomat hatte seit sie aus dem Hafen ausgelaufen waren keinen Hehl daraus gemacht, wie er über Per dachte. Und Per war nicht dumm genug, um die eindeutigen Zeichen, die abschätzigen Blicke nicht doch korrekt interpretieren zu können. Beruhte aber zumindest auf Gegenseitigkeit. Immerhin.
Im Verlauf seines angebrochenen Gesprächs mit dem Captain füllte sich das Achterdeck zunehmend mit Stimmen. Leute kamen, Leute gingen, ein reger, vielleicht fast hektischer Austausch, aber Per achtete kaum auf sein unmittelbares Umfeld. Er sog die Worte des Captains auf, als hätte er seit drei Tagen kein Wasser gesehen. Schmunzelte dann. Man schien sich zu verstehen, vielleicht sogar soweit, dass man behaupten konnte, auf einer Wellenlänge zu schwimmen, auch wenn er ungerne die Dinge überstürzte. Misstrauen gehörte praktisch zu seiner Devise. Und wer wusste schon, wohin ihn diese glückliche (oder unglückliche, je nachdem, man würde noch sehen) Fügung noch führen würde. Für den Anfang zumindest, für die nächsten Tage oder Wochen oder wann auch immer sie den nächsten Hafen erreichen sollten, konnte es nicht schaden, sich mit dem, der das Sagen hatte, gut zu stellen. Nicht aufzumucken. Sich vielleicht ein paar Mal öfter auf die Zunge beißen als sonst. Fraglich nur, wie lange er das durchhalten würde. Ob er das durchziehen konnte.
Als Lucien an ihm vorbeizog, linste er zu dem Mann, der ihn aufs Achterdeck geleitet und sich zuvor als James vorgestellt hatte, nicht lange bevor sich eine neue Stimme zu Wort meldete. Sich direkt an ihn wandte. Ihm ein Tuch reichte. Zum Schutz, gegen den Nebel, der sich zwar ein wenig gelichtet hatte, das Schiff aber immer noch eingekesselte wie eine Schar hungriger Geier ein Kamel in der Wüste. Fehlte nur, dass die Vögel tatsächlich ein Comeback starten.
Der blonden Frau, die sich an ihn wandte, schenkte er ein anfängliches Schulterzucken. Schüttelte dann den Kopf.
„Kein Wort. Spielt aber auch keine Rolle.“
Noch ein Schulterzucken.
„Die haben mir Arbeit auf dem Schiff für ein paar lausige Gold geboten. Wenn du mich fragst, macht was ihr wollt mit denen. Erschießt sie meinetwegen alle, ich hab’ keinerlei Loyalitäten gegenüber irgendwem da drüben. Kann mir vorstellen, dass manche Leute ein saftiges Lösegeld für De Vega, die schmierige Ratte zahlen würden. Ich würd's nicht, aber man soll ja bekanntlich nicht von sich auf andere schließen.“
Als sie nach Waffen fragte, zuckten seine Mundwinkel unter Anflug eines schwachen Lächelns.
„Gib’ mir eine und ich beweis’ es dir.“
[ Achterdeck | mit James, Talin | in der Nähe von Shanaya, Greo und Zairym ]