04.07.2016, 20:11
Mit Schwung fegte ihm der Wind den Hut vom Kopf – Greo hatte Glück, dass die Bänder seinen Sonnenschutz daran hinderten aufs Meer hinaus getrieben zu werden. Als wäre die Bö belustigt, kräuselte sie ihm durch das dunkle, leicht gelockte Haar und ließ es wild abstehen. Greo wischte sich mit der freien Hand die Strähnen aus der Stirn und beobachtete dabei hochkonzentriert die Dunkelhaarige unten an Deck. Er war froh, als sie reagierte. Sie musste ihn offensichtlich verstanden haben, oder hatte ihn zumindest gehört. Wie sie mit der Kiste rumeierte besorgte ihn allerdings. Er hoffte nur, dass sie jetzt nicht plötzlich durch die Bewegungen des Schiffes das Gleichgewicht verlor und unter ihrer Fracht begraben wurde. Das wäre ein äußerst schlecht gewählter Zeitpunkt für solchen Unsinn.
Angestrengt verfolgte er, wie sie seine Entdeckung bestätigte und lehnte sich gewagt weit aus dem Krähennest raus, weil der Wind für ihre Antwort ungünstig stand und ihre Worte verwischte.
Er schüttelte verständnislos den Kopf, legte eine Hand um seine Ohrmuschel und zuckte die Schultern. Das Sausen der Meeresbrise rauschte um seinen Schädel und peitschte ihm das Gesicht. Er hatte das drängende Bedürfnis aus diesem vermaledeiten Kasten herauszukommen, aber er befürchtete damit seiner Aufgabe nicht gerecht zu werden. Bisher hatte er zwar viele Arbeiten an diversen Schiffen angenommen und brav durchgeführt, aber es war noch niemand auf die Idee gekommen ihn als Wachposten einzusetzen. Er war ein wenig ratlos, was zu tun war. Was hatte Shanaya von ihm gewollt?
Er richtete sich auf, drehte sich um und spähte erneut dem Schiff in der Ferne entgegen. Irgendetwas veränderte sich in dessen Bewegung. Wiederholt nahm er das Fernglas zu Hilfe und kalibrierte so feinfühlig es eben ging herum, bis er einigermaßen klar sehen konnte. Der helle Fleck der Segel war zwar zu erkennen, allerdings noch recht weit weg. Die Konturen begannen sich erst nach und nach stärker abzuzeichnen, die Segelflächen waren vergrößert. Es kam näher.
Greos Kopf schnellte herum und seine Augen suchten Shanaya. Zweifelsohne musste sie die Veränderung auch erkannt haben.
„Keine Flagge zu erkennen, nehmen Kurs auf uns, berichte Talin!“
Donnerte er durch die hier oben reißende Luft und hoffte, dass Shanaya, auch, wenn sie ihn akustisch nicht verstand, von sich aus wusste, was zu tun war. Sie war nicht dumm, ihr musste klar sein, dass er viel zu lange brauchte, um die Wanten runter zu klettern, sofern er sich dabei nicht alle Knochen brechen wollte. Sie war einfach schneller. Und wenn das Schiff sie schon so konsequent aufs Korn nahm, wie es wirkte, hatten sie eher nicht vor, sich auf ein Kränzchen zusammenzufinden. Und selbst, wenn nicht: lieber zu früh alarmiert, als zu spät.
[Allein im Krähennest, ruft Shanny wieder zu]