11.04.2021, 13:18
Das Gefühl der Erleichterung war diesmal noch um einiges größer, als Liam ihm bestätigte, dass das feuchte Tuch die Schmerzen weiter zu lindern schien, oder wohl eher dafür sorgte, dass der Nebel keine weiteren Schmerzen verursachen konnte. Er war froh, dass sein etwas rabiates Vorgehen nicht für mehr Leid bei seinem Freund gesorgt hatte, und so konnten sie sich zumindest noch ein wenig Zeit verschaffen, in der nicht die Hälfte der Crew vor Schmerzen gekrümmt auf oder unter Deck liegen würde. Retten würden sie ein paar Tücher allerdings nicht, dafür mussten sie dem Dunst nach wie vor entkommen, wobei Rayon ernsthaft daran zweifelte, dass das überhaupt möglich war. Sicherlich nicht, solange sie an Ort und Stelle blieben, um das über Bord gegangene Crewmitglied zu retten, und selbst danach... Er war fest davon überzeugt, dass der Nebel kein rein natürliches Phänomen war, schließlich schien er eine Art Eigenleben zu besitzen. Sicherlich würde er ihnen einfach hinterherwabern, und das bei ihrem Glück mit deutlich höherer Geschwindigkeit als die Sphinx selbst erreichen konnte.
"Chelyia?", fragte er leicht verwirrt mit gerunzelter Stirn, als er Liams gemurmelte Worte auffing. Er konnte in diesem Moment nicht einordnen, was der Künstler damit meinte, doch fehlte ihm die Zeit, darüber nachzudenken oder ihn schlichtweg danach zu fragen. Wenn es ein relevanter Gedanke war, würde Liam ihn vermutlich zu gegebener Zeit wieder aufgreifen. Nun jedoch lag seine Aufmerksamkeit gänzlich auf ihrem Vorhaben, den Rest der Crew zu versorgen.
Der Dunkelhäutige warf Liams Hand einen weiteren besorgten Blick zu, nachdem dieser ihm versichert hatte, dass er in der Lage war, ihm dabei zu helfen. Ihm war bewusst, dass sein Freund das auch unter großen Schmerzen getan hätte und seine Frage in diesem Sinne überflüssig gewesen war. Allerdings war ihm ebenfalls bewusst, dass er Liam einiges zumuten konnte - und in dieser Situation auch musste. Dankbar für die Hilfe nahm er deshalb das Tuch entgegen, das der Braunhaarige ihm reichte, und band es sich in gleicher Manier wie sein Gegenüber um die Stirn. Gerade als er sich erheben wollte, fing er Gregorys Blick auf, in dem noch weitaus mehr Sorge lag, als er selbst momentan verspürte. Der Schiffskoch konnte sich den Grund dafür denken und lächelte dem Arzt aufmunternd zu.
"Keine Sorge, Greg. Ich werde nach Trevor sehen. Und bevor ihm etwas zustößt, reiße ich mir beide Beine aus und schlage damit so lange auf den Nebel ein, bis er verschwindet."
Trotz des etwas verstörenden Bildes, das bei diesen Worten entstehen mochte, war er sich sicher, dass Gregory ihn verstand. Sie hatten sich schließlich schon unzählige Male gegenseitig den Arsch gerettet. Rayon richtete sich nun vollends auf, nahm wie Liam eine der Schüsseln, warf den drei Kameraden, die sie unter Deck zurückließen, ein "Bis gleich!" zu und folgte dem Künstler dann die Treppe hinauf. Er spürte den Blick seines Freundes, sah ihn ebenfalls an und nickte ihm mit einem fest entschlossenen, fast schon grimmigen Gesichtsausdruck zu. Dann betraten sie Seite an Seite des Deck der Sphinx - und waren blind. Der Smutje verlor augenblicklich beinahe jegliche Orientierung, denn der Nebel war hier so dicht, dass er kaum die eigene Hand vor Augen sehen konnte. Gedankenschnell schloss er sofort die Tür wieder hinter sich, um zu verhindern, dass der Dunst sich mit noch höherer Geschwindigkeit unter Deck ausbreiten konnte, und versuchte dann, sich anhand von etwaigen Geräuschen zu orientieren, die jedoch allenfalls gedämpft zu ihnen durchdrangen. Immerhin meinte er, Rufe und Schreie auszumachen, bei denen es sich nicht um Schmerzensschreie handelte. Die Crew schien also noch am Leben zu sein.
"Nein, noch nie", antwortete er Liam mit zusammengebissenen Zähnen. "Das ist alles nicht natürlich. Nichts davon."
Unweigerlich musste er grinsen, als Liam erneut seinen Humor bewies, verzichtete jedoch darauf, sich eine ebenso witzige Erwiderung auszudenken. Stattdessen holte er tief Lu... nein, das war überhaupt keine gute Idee, wirklich nicht! Kurz entschlossen setzte der Schiffskoch sich also in Bewegung, um sich durch den dichten Nebel zu kämpfen, darauf achtend, dass er Liam nicht aus den Augen verlor. Einige Schritte machte er auf diese Weise - zügig, aber nicht unvorsichtig, um nicht geradewegs gegen den nächsten Mast zu laufe -, als sich eine... oder waren es zwei?... Silhouetten vor ihnen abzeichneten.
"Was im Namen aller Götter geht hier vor sich?", rief er den schemenhaften Gestalten entgegen und bewegte sich weiter auf sie zu. "Seid ihr verletzt?", fügte er hinzu und bereitete sich darauf vor, den oder die Kameraden, die sich langsam aus dem Nebel schälten, sofort zu versorgen.
[ Erst im Lazarett bei Liam (Farley, Elian, Gregory), dann mit Liam an Deck, in Rufweite des nächsten Crewmitglieds, vermutlich Alex, Ceallagh oder Trevor ]