01.04.2021, 22:38
Rúnar hätte den erleichtertsten Seufzer von sich gegeben -- wenn der Druck des Wassers seinen Brustkorb nicht so zusammendrücken würde und der Nebel nicht so aussah, als würde er beim Atmen wie Sirup in den Rachen hineinfließen.
Er testete nochmal den Knoten, in der Leine (obwohl er – selbst, wenn er ständig an sich zweifelte – zumindest in seine Fähigkeit ordentliche Knoten zu machen vollstes Vertrauen hatte) und rief dann: "Bereit!"
Er hoffte, sie konnten ihn hochziehen, aber ihnen würde schon etwas einfallen. Obwohl ... so wie es sich anhörte, war Tarón nicht allein. Rúnar hörte ein paar weitere Stimmen. Er wusste nicht, ob es ganz einfach die Distanz war, oder ob der Nebel so dicht war, dass auch Geräusche ihn kaum durchdrangen, aber er konnte nicht genau ausmachen, wer sprach, nur, dass es unterschiedliche Leute waren.
Die Leine spannte sich -- wieder wusste Rúnar nicht genau, was passierte. Ob Tarón ihn schon hochzog, ob die Sphinx einfach schnell genug war um ihn mitzuziehen, als er plötzlich zusammen fuhr: Etwas wie ein Kratzen und Knarzen zugleich kam von unterhalb des Schiffs und die Spannung im Seil ließ nach.
Und -- er hörte noch etwas --
Hinter sich.
Ein Plätschern.
Ein Schnaufen.
Hufe auf dem Wasser. Geblähte Nüstern.
Nein, nein. Es war kein Pferd. Rúnar drehte sich um, die Angst die ihm in Nacken saß stellte ihm die Haare auf -- er erwartete, eine schnaubende Pferdenase anzublicken -- ja, das wollte er. So sehr. Obwohl er sich so sehr vor Svavar fürchtete.
Aber da war nichts.
Nebel. Da war Nebel.
Aber Svavars lodernde Augen würde er durch den Nebel sehen.
Das Plätschern und Schnaufen war immer noch da. Es kam überhaupt gar nicht von einem Tier, redete er sich ein.
Trotzdem saß ihm noch immer die Angst im Nacken und hauchte ihm mit warmem, feuchtem Atem ins Ohr, was für ein Feigling er sei und dass er um Hilfe rufen musste, bevor ihm das Herz aus der Brust sprang oder das Monster hinter ihm ihn erwischte.
Für den Bruchteil einer Sekunde atmete er ein um zu rufen: Schneller. Aber er tat es nicht. Er schlug seine Handfläche auf seinen Nacken, griff in sein Fleisch um die klammernden Arme der Furcht von sich loszueisen.
Die Leine zog wieder an. Ruck um Ruck -- die Männer hatten begonnen ihn hochzuziehen.
Als er die Bordwand erreicht hatte, brachte Rúnar sich in einen waagrechte Position und stützte sich mit den Füßen an der Bordwand ab. Der nächste Ruck zog ihn aus dem Wasser und Calwah, der noch immer auf seinem Kopf saß, fauchte aufgebracht, als die Kraft des Wasser plötzlich von Rúnar abfiel und er sich mit aller Macht an der Leine festhielt, um sich von seiner vollgesogenen Kleidung nicht wieder zurück ins Wasser ziehen zu lassen. Calwah klammerte sich indessen wirklich an seinen Haaren fest, was fast genau so weh tat, wie die Leine, die -- selbst durch die Kleidungsschichten -- schmerzhaft in seine Hüftknochen presste.
Er wagte einen letzten Blick über seine Schulter -- nur um sicher zu gehen, dass sich nicht ein riesiger Tentakel oder eine riesige Klaue aus dem Wasser heben würde, ihn umschlingen und unter Wasser ziehen würde, als sei er eine hilflose, willenlose Marionette an einem einzelnen, armseligen Faden.
Sein Kopf brauchte einige Momente um wirklich zu verarbeiten was er nun endlich sehen konnte -- etwas, das er für den Moment für noch absurder und unwahrscheinlicher gehalten hatte wie ein Monster. Oder wie Svavar.
Ein Mensch.
"Ein Mensch!" rief er, hoffte sie konnten ihn oben an der Reling hören. Er wandte sich um, den Blick nach oben, jetzt eher befürchtend, dass er sich nur eingebildet hatte, dass da jemand im Wasser schwamm. "Da ist noch jemand!" Er wandte sich wieder herum -- die Person war noch da.
{ im Wasser | Per | Tarón, James, Josiah, Soula, (Trevor) oben an der Reling }