31.03.2021, 10:40
Liams Worte rissen ihn aus seiner zwischenzeitlichen Schockstarre, und Rayon riss seine Aufmerksamkeit von den Nebelschwaden los, um dem Huhn einen mitleidigen Blick zuzuwerfen, das unter Umständen in Kürze einen äußerst unangenehmen Tod sterben würde - wenn sie nicht vorher ohnehin alle dank dieses zweifelsohne übernatürlichen Phänomens umkommen würden. Der Dunst schien ihnen zwar körperlich nichts anzuhaben - zunächst zumindest -, doch wer wusste schon, ob er sich nicht erst einmal in Ruhe über das ganze Schiff ausbreiten wollte, um dann mit seiner wahren Macht zuzuschlagen? Der Dunkelhäutige konnte sich in diesem Moment ALLES vorstellen, und dazu gehörte die Annahme, dass dieses... Zeug... denken konnte. Und ihnen möglicherweise nicht sehr freundlich gesinnt war.
"Ich weiß nicht, wie effektiv dieses Gift ist, aber ich finde, wir müssen die Arme nicht unnötig lange leiden lassen. Und wenn dieser Riesenvogel uns doch nicht nochmal angreift, hätten wir völlig umsonst eines unserer Tiere geopfert", antwortete er schließlich bestimmt. Im besten Fall wäre das Huhn dann noch am Leben, weil das Gift nicht in ausreichender Menge oder Stärke durch das Fell und die Haut drang, aber für sie sicherlich nicht mehr gefahrlos genießbar. Viel wahrscheinlicher war aber, dass es einfach daran verrecken würde.
"Mal ganz abgesehen davon wäre mir dieses Vieh gerade deutlich lieber als der Nebel", brummte Rayon, und schon war seine Aufmerksamkeit wieder ganz bei dem Dunst, der sich zwar langsam, aber beständig weiter im Lazarett ausbreitete. Der Smutje konnte sich nur ausmalen, wie die Situation an Deck aussehen musste. Vermutlich sah man dort seine Hand vor Augen nicht mehr, und WENN dieses Teufelszeug irgendetwas vorhatte, würde es dort sicherlich zuerst zuschlagen. Aber wie bei den acht Welten bereitete man sich auf so etwas vor? Wie besiegte man Nebel? Und konnten sie überhaupt vor ihm fliehen oder würde er ihnen einfach folgen? Konnte er am Ende gar schlicht und ergreifend ihr Schiff manövrierunfähig machen und hätte dann alle Zeit der Welt, genüsslich über sie herzufallen?
Wieder näherte der Nebel sich ihm, fast schon vorsichtig diesmal, und versuchte, sich um seine Hüften zu legen. Reflexartig, ohne darüber nachzudenken, dass er damit ohnehin nichts ausrichten konnte, zog Rayon sein Entermesser - und erstarrte, als sein Blick auf die Klinge fiel, die vor seinen Augen zu rosten schien! Er ließ die Waffe los und ein helles Klirren erklang, als sie auf die Planken unter ihm traf. Ein Anflug von Panik überkam ihn und mit leicht zittrigen Händen griff er nach dem Beutel mit Wurfmessern, öffnete ihn und umklammerte einige von ihnen. Er traute sich kaum, sie anzusehen und stöhnte leise auf, als seine Befürchtung sich bewahrheitete - auch die Wurfmesser sahen aus, als wären sie jahrelang nicht gepflegt worden und hätten viel zu viel Flüssigkeit abbekommen. Es machte im Endeffekt keinen großen Unterschied, denn gegen diesen Nebel würde er mit seinen Waffen ohnehin nichts ausrichten können, aber es verstärkte seinen Verdacht, dass hier nichts, aber auch gar nichts, mit rechten Dingen vorging. Meine Töpfe!, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Meine Pfannen! MEINE KÜCHE! Sobald der Nebel in die Kombüse vorgedrungen war, wären beinahe alle Utensilien, die er mit auf die Sphinx gebracht hatte, die ganze Ausrüstung, dahin! Für einen Moment hatte er den starken Impuls, zu seiner Arbeitsstelle zu eilen und alles dort in Sicherheit zu bringen (wie eigentlich?), doch plötzlich vernahm er hinter sich eine ruckartige Bewegung, der ihn aus seinen panischen Überlegungen holte.
Liam war mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammengezuckt und hatte sich mit der rechten Hand in sein Hemd gekrallt. Sofort stürzte Rayon auf ihn zu, legte ihm eine Hand auf die linke Schulter und schrie ihn beinahe an.
"Was ist los? Was ist geschehen? Was tut dieser verdammte Nebel mit dir?"
Er hatte es gewusst! Schlug dieses verdammte Zeug jetzt zu? Waren sie dem Untergang geweiht? Aber warum hatte er selbst keine Schmerzen? WAS ZUM TEUFEL PASSIERTE HIER?
[ Im Lazarett bei Liam (Farley, Elian, Gregory) ]