30.03.2021, 13:24
Noch während der Falke versuchte trotz besserem Wissens etwas im Nebel, der die Welt um sie herum mittlerweile völlig einnahm, zu sehen, hörte er Isas Stimme von oben und zumindest was ihre Sicherheit anging überkam ihn eine Welle der Erleichterung.
„Rúnar ist über Board! Keine Sorge, ich fisch ihn raus!“
Bellte er nach oben und hoffte, dass dies die Wahrheit war. Er vertraute auf seinen schuppigen Freund, der da unten grade nach dem Mann in Seenot suchen sollte – zwar war die Echse sicher nicht glücklich über ihren Auftrag, aber den Befehl würde sie ausführen. Sie spürte in solchen Situationen immer, dass es Ernst war.
Doch nicht ganz so dumm wie er manchmal aussieht…
Doch selbst wenn Calwah Rúnar fand und dieser damit das Seil fassen konnte, an dessen anderem Ende Tarón auf ein Signal harrte, musste er ihn noch aus dem Wasser ziehen. Und bei all den romantischen Vorstellungen und der Tatsache, dass Tarón sicher kein Schwächling war: einen Seeman, dessen Kleidung sich komplett vollgesogen hatte herauszuziehen war ein bedeutender Kraftakt. Vorerst jedoch würde Rúnar nicht ertrinken – zumindest nicht, wenn das andere nagende Bedenken, das Tarón unweigerlich in den Sinn kam nur im Reich seiner Befürchtungen blieb. Hier rottete alles – potenziell auch das Rettungsseil.
Und dieses bewegte sich nun. Dann hallte Rúnars Stimme zu ihm empor und erneut gesellte sich Erleichterung und vorsichtiger Optimismus zu der Gefühlswelle, die ihn bereits beim Klang von Isas Stimme durchströmt hatte.
„Ich bin hier min Jung!“
Wie sehr er in solchen Momenten wie Black Tooth klang, würde ihm wohl nie wirklich bewusstwerden.
„Keine Sorge, wir ziehn dich schon wieder hoch!“
Irgendwie.
Und diesem irgendwie kam er plötzlich sehr viel näher.
„Josiah!“
Erwiderte er den Ausruf des Anderen mit einem erfreuten Lächeln.
„Es ist Rúnar – zusammen bekommen wir ihn sicher rausgezogen.“
Informierte er den anderen knapp, ehe er wieder über die Reling nach unten sah.
„Rúnar, sag, wenn du soweit bist. Josiah ist auch hier, also keine Sorge!“
Dann jedoch ließ etwas anderes den Falken den Kopf heben – und seine blauen Augen verengten sich zu Schlitzen. Die eben noch vorherrschende Positivität angesichts der kleinen Erfolge löste sich in Rauch auf – oder in Nebel, wenn man so wollte.
„Was ist nun da hinten los?“
knurrte er eher zu sich selbst, als Soulas Rufe zu ihnen herüberdrangen und Nichts Gutes ahnen ließen – und Tarón hatte auch ohne genauere Infos bereits einen scharfen Verdacht mit WEM zur Hölle etwas nicht stimmte. Vielleicht war es die Erfahrung, die er hatte sammeln müssen, vielleicht auch ein natürliches Gespür für derlei Situationen. Was auch immer es war: in Taróns Magen verkrampfte sich beim Tonfall ihrer Stimme etwas zu einem glühenden beißenden Ball.
Ich schneid ihm seinen scheiß Schwanz ab…
Doch auch wenn er am liebsten – geleitet von einem Beschützerinstinkt, den er wohl doch in sich haben musste und der bei einem Verdacht wie diesen besonders stark hervortrat (Danke, Onkel Faran) – gleich aufgesprungen und der Sache auf den Grund gegangen wäre, kam er hier nicht weg, ehe Rúnar in Sicherheit war.
Aber offenbar kam die Antwort – oder zumindest die Person, die sie geben konnte – von alleine zu ihnen. Und Tarón hielt sich nicht erst mit einer Antwort auf ihre Frage oder den Netzen auf, so nützlich sie sich vielleicht noch erweisen würden.
„Was ist passiert?“
fragte er ohne Umschweife und in einem so ernsten Ton, dass die Ankündigung jemanden seine Verfehlung überdeutlich vor Augen zu führen, wenn dieser jemand ihr etwas getan hatte, bereits darin mitklang. Seine blauen Augen wanderten an der Frau vorbei zum Nebel und suchten dort bereits nach dem Schuldigen.
[Mit der Rúnar Rettungscrew an der Reling]