28.02.2021, 22:13
Während sie sich an der Querplanke festhielt, scheiterten ihre Versuche auf die Beine zu kommen. Immerhin hatte sie sonst nichts, was ihr irgendwie Halt geben konnte. Es hinderte sie aber nicht daran, ihren Senf zu der allgemeinen Diskussion abzugeben. Ihr halt war weder besonders gut, noch glaubte sie daran, dass sie sich sehr lange so halten konnte, besonders, falls der Vogel irgendwann vom Schiff ablassen würde oder es sich noch mehr neigte. Sie konnte also entweder loslassen und bis zur anderen Schiffsseite schlittern, bis sie die Reling erreichte, in der Hoffnung, dass sie nicht von Bord ging oder sie überlegte sich schleunigst etwas anderes. Soula konnte spüren, wie sich ihre Fingernägel regelrecht in das Holz der Planke krallten. Dann hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Stimmen konnte Soula noch nicht einordnen. Sie wandte sich der Stimme zu und entdeckte Lucien, der ihr ein Seil zuwarf, nachdem er sich ihrer Aufmerksamkeit sicher war. Es war einfacher, nach dem Seil zu greifen, da sie nicht ihr komplettes Körpergewicht halten musste. Soula merkte sehr, dass sie solche Anstrengungen nicht gewohnt war. Das hatte schon mit den Kanonen angefangen und sie versuchte ihre meckernden Muskeln so gut es ging zu ignorieren. Nachdem sie mit einer Hand das Seil umschlossen hatte, straffte sie das Seil, sodass sie Halt durch den Zug bekam. Die andere Hand folgte, ehe sie ein Bein nach dem anderen aufstellte und gegen das Deck presste. Schritt für Schritt balancierte sie so auf Lucien und den Hauptmast zu. Sie war fast bei ihm angekommen, als der Vogel vom Schiff abließ und das Schiff zurückpendelte. Mit aller Kraft hielt sie sich am Seil fest und konnte doch nicht verhindern, dass es ihr schmerzhaft in die Hand schnitt, als sie Richtung steuerbord geworfen wurde. Innerlich entschuldigte sie sich in dem Moment bei Lucien dafür, dass es ihm sicher auch nicht leicht fiel, sie und das Seil festzuhalten und war ihm äußerst dankbar, dass er sie nicht fallen ließ. Dafür, dass sie eine Fremde war, fand Soula es ziemlich viel, was er in diesem Augenblick auf sich nahm. Leise stöhnte sie auf, als das Schiff wieder einigermaßen gerade war, nur noch ein wenig schaukelte. Ihre Hände brannten und sie würde wohl allen möglichen Göttern danken, wenn sie diesen Tag überstand. Wirklich gläubig war sie nicht, aber vielleicht war das die perfekte Möglichkeit damit anzufangen? (Jemand sollte sie bitte davon abhalten)
Die Stimme von Lucien erreichte sie, als sie sich auf ihre Hände stützen wollte. 'In Ordnung' kannte Soula anders, als es ihr aktueller Zustand gerade hergab, aber sie wusste, was Lucien meinte.
„Ja, alles in Ordnung. Danke für deine Unterstützung“, antwortete sie deswegen. Dann entdeckte sie die helfende Hand, die ihr entgegengehalten wurde. Soula nahm sie ohne Zögern entgegen und ließ sich von Josiah auf die Beine helfen.
„Ja, danke“, sagte sie erneut, diesmal aber an Josiah gewandt, dem sie zuvor auch Talins Nachricht überbracht hatte. Sie sah sich um, denn auch James hatte es zu ihrer Gruppe verschlagen.
Erst, als der Nebel sie umschloss und sich ein heftiger Schmerz an ihrem Ellbogen bemerkbar machte, spürte sie die blutende Verletzung, die sie sich geholt haben musste, als sie das Gleichgewicht verloren hatte. Sie keuchte auf vor Schmerz, denn sie wusste gar nicht mehr, dass Verletzungen SO brennen konnten. Besonders, wenn sie nicht so tief waren? Hatte sie diese Schmerzen früher nur gut unterdrücken können oder was war hier los? Es schien so, als müsste sie Rúnar nicht mehr fragen, wie der Nebel sich anfühlte, sie spürte es gerade am eigenen Leib. Die freie Haut, die der Nebel berührte kribbelte und Soula begann sich direkt unwohl zu fühlen. Die Stimme von Skadi hieß hoffentlich, dass es den beiden Frauen dort oben gut ging. Sie meinte, dass die Vögel sich nicht in den Nebel trauten, Alex war sich wiederum sicher, dass sie angreifen würden, sobald das Schiff den weißen Dunst hinter sich gelassen hatte. Er war sehr optimistisch, dass sie den Nebel durchqueren konnten. Bisher war er Soula ebenso unheilvoll vorgekommen, wie die Vögel selbst und sie war sich sicher, dass sie hier drin noch irgendetwas erwartete.
Etwas wirklich hilfreiches, was sie in der Runde einbringen konnte, hatte Soula gerade nicht parat, deswegen war sie recht still. Sie lauschte auf jedes Geräusch, gerade jetzt, da die Sicht eingeschränkt war.