17.02.2021, 19:05
Ein Hauch von Säure ...Jeder Flügelschlag des Vogelwesens, mit dem es sich halb fliegend und halb balancierend auf dem Mast hielt, schüttelte die Sphinx von oben bis unten durch. Das gewaltige Tier brauchte einen Moment, um den verpatzten Angriff zu realisieren, zu erkennen, dass sich zwischen seinen Klauen nur Holz und keine Beute befand – und es waren diese Sekundenbruchteile, die Skadi für einen Gegenschlag zu nutzen verstand. Denn ihr blieb nur diese eine Chance: Entweder wurde sie den Vogel los, oder er versenkte das Schiff einzig mit seinem Gewicht.
Und ihre Klinge fand ihr Ziel. Eben dort, wo sich matte Flecken auf dem Schuppenkleid abzeichneten, schien der echsenartige Hautpanzer dünn und porös zu sein. Die scharfe Schneide ihres Dolches drang tief ins Fleisch der Kreatur ein und unter einem ohrenbetäubenden Aufschrei riss der Vogel den Kopf in die Höhe, der eben zum Angriff auf die Jägerin hinab gefahren war und dabei das Geländer des Krähennestes in Stücke zerlegte. Wild schlug er mit den Flügeln, ließ einen tosenden Sturm aus Nebelfetzen über das Deck wehen.
Gleichzeitig ertönten von dort unten Schüsse. Alex' Kugel knallte ein Stück zu weit oben in den Hauptmast der Sphinx, fetzte Holzsplitter aus dem Stamm, die über Isala niedergingen. Ryms Kugel hingegen streifte den Kopf des Vogels, riss eine blutige Spur durch das Gefieder über dem Auge und verschwand in den Himmel.
Dann ließen die furchterregend großen Klauen vom Mast des Schiffes ab und die Sphinx, deren Schwerpunkt im Herzen ihres Frachtraums lag, schnipste wie eine Boje auf Spannung zurück nach Steuerbord. Einem Katapult gleich schleuderte es Skadi über die zerstörte Brüstung des Krähennestes. Nur mit viel Glück bekam sie eine der Rippen zu fassen, baumelte nun aber gute 30 Schritt über dem Deck des Schiffes, als dieses wieder in die Senkrechte schwang und wippend auf den Wellen schaukelte.
Spielleitung für Isala & Skadi / Alex & Rym
Rayon hatte, kaum dass er wieder auf den Beinen stand, schon aus Reflex nach seiner Wurfaxt gegriffen und den Blick an die hölzerne Decke gehoben – obwohl ihm natürlich bewusst war, dass er hier mit einer Waffe ganz und gar nichts würde ausrichten können. Also ließ seine Hand einen Moment später nutzlos davon ab und dankbar wandte er sich Liam zu, dessen Frage ihm eine neue Aufgabe gab, auf die er sich konzentrieren konnte. Einen Moment zögerte er überlegend, dann nickte er und auf seinen Zügen lag ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit.
„Ich hole eins von den Hühnern.“ Mit einem Blick in Talins Richtung winkte er ab und nickte auf Liams zerkratzte Hände. „Lass dich erst mal versorgen, ich bin gleich zurück.“
Elian hatte sich inzwischen ebenfalls wieder auf die Beine gekämpft, hielt sich ob der momentanen Schräglage des Schiffes an der angeschraubten Pritsche fest und warf einen unheilverkündend kritischen Blick auf die Pfütze aus Toniken, aus der sich Liam erhoben hatte. Ruhig, aber ernst sah er zu dem Lockenkopf auf. „Ich gehe mit Rayon und hole Wasser. Das sollte als allererstes gründlich ausgespült werden.“ Er nickte auf Liams Schnittwunden und wandte sich der Tür des Lazaretts zu, um dem Smutje auf dem schrägen Boden hinterher zu balancieren.
Gregory wirkte deutlich aufgewühlt über den Verlust der Medikamente, kehrte jedoch mit einem Kopfschütteln zum Ernst der Lage zurück und sah zu Liam auf. „Die waren dort drin.“ Er deutete auf den Medikamentenschrank. „Hoffen wir, dass keine davon zu Bruch gegangen ist.“ Er schob sich vorsichtig an Liam vorbei, öffnete eine der Türen und kramte in dem verbliebenen Sortiment herum, bis er schließlich mit zwei kleinen Fläschchen wieder auftauchte. „Die müssten es sein. Da drin ist alles durcheinander, ich muss erst...“
Weiter kam Gregory nicht. Rayon und Elian hatten es kaum aus dem Lazarett geschafft, als ein brutaler Ruck durch das Schiff ging und die Sphinx wie ein Katapult plötzlich auf die Steuerbordseite schoss. Was bis zu diesem Moment noch oder wieder auf den Beinen gestanden hatte, riss es nun von den Füßen. Dem Schiffsarzt entglitten die Phiolen, als er erneut stürzte und rollten in die Dunkelheit hinter den Möbeln davon. Lose Gegenstände flogen wie tödliche Geschosse durch die Luft Unterdeck. Aus den Tierpferchen kam lautes Gackern und schmerzerfülltes Blöcken – dann sackte das Schiff zurück in die Senkrechte.
Spielleitung für Liam & Talin
Der Vogel erhob sich laut kreischend weiter in die Höhe. Schmale, vor Schmerz und Zorn glühende Augen richteten sich auf die am Krähennest hängende Jägerin, auf die umhergeschleuderten Gestalten der Piraten. Doch bevor er erneut zum Angriff übergehen konnte, schob sich eine dichte weiße Wand über die Reling der Draka, schob sich über das Deck, verschluckte Takelage, Segel, Masten und der Vogel erhob sich mit einem frustrierten Schrei höher in die Luft, bis auch der lange Schwanz dem Nebel entwich. Dann verschwand er hinter weißem Dunst und war vom Deck des Schiffes aus nicht mehr zu sehen. Lediglich das gedämpfte Geräusch seiner Schwingen kündete davon, dass er hoch über ihnen weiter seine Kreise zog.
Der Nebel indes schob sich durch jede Ritze, jede offene Luke in das Innere der Sphinx und auch wenn das Holz vorerst unbeschadet blieb, bildete sich auf den einzelnen Kanonen nur Sekunden danach eine dünne, rötliche Rostschicht. Alles, was aus Eisen war, rostete und jede offene Verletzung, die mit dem weißen Dunst in Berührung kam, brannte urplötzlich wie Säure.
Spielleitung für die gesamte Crew
Die Männer, die das Beiboot umstellten, riefen sich gegenseitig Befehle zu. Einer der geschniegelten Herren, die mit Néniel und Jón diese Reise angetreten hatten, zeterte am lautesten. Einer seiner Kameraden lag tot unter dem zerbrochenen Hauptmast, der andere hielt sich den merkwürdig verrenkten linken Arm und trug eine schmerzverzerrte Miene zur Schau. Keiner der Seemänner schenkte ihnen oder den anderen beiden Passagieren noch Beachtung. Sie wussten, was sie zu tun hatten und wie man ein Beiboot zu Wasser ließ. Alle Handgriffe saßen.
Der Kran, der das Boot hielt, schwenkte über die Reling, hielt es nun über dem offenen Wasser. Doch wieder durchbrach ein lauter, klagender Schrei die dichte Nebelmasse und aus dem Nichts brach der Vogel hervor, der ihnen bereits Mast und Segel genommen hatte. Echsenklauen streckten sich vor, packten sich zwei Seemänner und rissen zugleich das Beiboot aus seiner Verankerung. Der Kran zerbarst, große Holzsplitter flogen in Néniels und Jóns Richtung. Dann erhob sich das Geschöpf mit kräftigen Flügelschlägen in die Höhe, stieß einen zweiten, dieses mal schmerzerfüllten Schrei aus und ließ seine Beute fallen, bevor es gen Himmel schoss und aus dem Blickfeld verschwand.
Dann, ganz plötzlich, erschlafften die verbliebenen Segel des kleinen Handelsschiffes. Windstille. Das Schiff wurde merklich langsamer, trieb auf den Wellen dahin, bis ein kräftiger Rumps es aprubt zum Stillstand brachte. Ein lautes Schaben ertönte. Dann nichts mehr. Waren sie auf Grund gelaufen?
Spielleitung für die Néniel & Jón
Shortfacts
# Zairym trifft mit einem Streifschuss, Alex verfehlt den Vogel, Skadi trifft mit dem Dolch
# Skadi wird über die Brüstung des Krähennests geschleudert
# Der Vogel bringt sich über den Nebel in Sicherheit und ist nicht mehr zu sehen, nur noch zu hören
# Das Schiff wird vollständig vom Nebel verschluckt, der auch unter Deck eindringt
# Die Sphinx liegt inzwischen wieder gerade im Wasser
# Liams Handflächen sind mit Schnittwunden übersäht
# Offene Verletzungen brennen bei Kontakt mit dem Nebel wie unter Säure.
# Der zweite Vogel bei Néniel & Jón greift die Seemänner am Beiboot an, bringt sich dann aber in Sicherheit
# Plötzlich weht kein Wind mehr und das Schiff scheint auf Grund zu laufen
# Die Sichtweite beträgt 10 Meter.
# Weitere Verletzungen und Schäden am Schiff sind jederzeit durch euer Spiel möglich, solange sie nicht durch die SL bereits ausgeschlossen sind.