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Kapitel 8 - Schleichende Wasser
Crewmitglied der Sphinx
für 6.000 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
#91
Das Schiff erbebte unter den weiteren Schuss. Josiahs Hand fand die Reling fast von selbst, als er den Ruck ausbalancierte. Aber in der Bewegung lag keine Achtsamkeit. Josiah schenkte dem Schuss gerade so viel Aufmerksamkeit, wie nötig war.

Der bevorstehende Kampf war in den Hintergrund gerückt. Der Blick des ehemaligen Auftragsmörders suchte nicht mal für den Bruchteil der Sekunde das andere Schiff. Neben ihm ertönte Runars Stimme. Kleinlaut, unsicher. Aber sie bestätigte seine Beobachtung. Josiah nickte gedankenverloren. Runars Frage nach Riechsalz ignorierte er geflissen. James meldete sich zu Wort, fragend. Er schien nichts gesehen zu haben und für einen kurzen Moment überlegte Josiah, wie er die Lage möglichst effektiv erklären konnte, wenn er selbst noch nicht genau wusste, was er aus ihr Schlussfolgern konnte. Dann schob sich Trevor an James vorbei an die Reling. Lautstark und Einnehmend. Und nach seinen Fass rufend. Josiah hatte früher mit ihm gerechnet. Aber er musste Trevor recht geben, sie brauchten jetzt…
Das laute Platschen des im Wasser landenden Taljeblocks erfüllten seinen unausgesprochenen Wunsch und unterbrachen seine Gedanken.

Genau sowas.

Josiah fing  inuitiv an zu zählen, während er seine Hände von der Reling löste und einen kurzen Blick über seine Schulter warf. Am anderen Ende der Angelschnur stand Taron. Natürlich. Schon in der Stadt damals hatte der Mann bewiesen, dass er einen lobenswerten Blick für das notwendige hatte. Josiah nickte kaum merklich, ehe auch er sich wieder der Nebelwand zuwandte und den Block suchte.

Der Nebel war über ihn hergefallen wie ein hungriges Tier, bis er ihn ganz umschlungen hatte. Erst als Taron das Seil wieder aufnahm um den Blick wieder heran zu ziehen – etwa 10 Sekunden später, wie Josiah gedanklich vermerkte – wurde er wieder etwas unruhig.

Josiah starrte nach unten und verfolgte angespannte den Block, wie er durch das Wasser gezogen wurde und die Nebelfetzen Stück für Stück von ihm abließen.
Kurz stieß er gegen die Bordwand und Josiah griff nach ihm um ihn mit über die Reling zu hieven. Er runzelte die Stirn, als seine Hand das Seil berührten, und dann noch etwas mehr, als er seine Hand nach oben hob und die krümeligen Reste, die an seiner Haut hängen geblieben war, zwischen den Fingern zu verreiben.
Etwa im selben Moment wie Trevor begriff er, was sie da vor sich hatten: Salz.

Salz und Rost.

Er hatte den Rost auf den Block schon beim Hochhieven erahnen können. Wäre der Nebel nicht so gruselig nahe hätte er jetzt um den Block gebeten, um ihn genauer zu betrachten. Doch jetzt genügte ihn der kurze Blick als Bestätigung. Es war wie bei dem Fass vorhin.
Die Falte auf Josiahs Stirn wurde etwas tiefer. Nebel. Salz. Rost. So etwas hatte er tatsächlich noch nicht gesehen. Ob das Salz nur ein Symptom oder ein Auslöser war? Schließlich rostete alles schneller, dass regelmäßig mit Meerwasser in Berührung kam.

Ein weiterer Schuss ließ das Boot erzittern und erinnerte ihn sanft daran, dass ursprünglich ein Angriff bevor stand. Trevor schien es hingegen mehr daran zu erinnern, dass auch Kanonen rosten konnten. Irgendjemand sollte Lucien Bescheid sagen.
Josiah sah zum Meer zurück. Der Nebel war unaufhaltsam näher gerückt. Es war ihm, als würden die Wellen plötzlich etwas lauter gegen das Schiff schlagen, das Schiff etwas lauter knirschen und der Wind etwas schärfer sein.
In dem Moment fiel sein Blick auf das Schiff, dass sie verfolgten. Es schien inzwischen alle Vorsichtig über Board geworfen zu haben und Josiah fuhr ein kalter Schauer über den Rücken als er sah, wiee s eine harte Kertwende schlug, ehe es in den Nebel steuerte. Josiah zog eine Augenbraue hoch. Weiter hinten hörte er Lucien rufen. Für einen kurzen Moment stand er noch und starrte auf die Stelle, wo das Schiff vom Nebel verschluckt worden war.
Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.
Trevor – dummer, naiver, Heuschrecken-im-Sack-hüten-war-einfacher-als-diesen-Piraten-Trevor, war auf die Reling geklettert und streckte die Hand nach vorne, in den Nebel.
Und ein Schrei erklang. Nicht von Trevor, dessen Hand im Nebel verschwand, auch nicht von einen anderen der Piraten oder gar den Ziegen unter Deck.
Josiahs Blick wanderte zum Nebel. Der Schrei war nicht menschlicher Natur gewesen. Kehlig und hart. Hell, kreischend. Kein Geräusch, dass ein Mensch hervorbrachte. Ein Vogel vielleicht? Die Härte würde dazu passen, aber er konnte auch nicht sagen, was für eine Vogelart es sein könnte. Er hatte so einen Schrei noch nie gehört. Suchend ließ er seinen Blick die Nebelwand entlang gleiten, in der Hoffnung, irgendetwas zu sehen, was Aufschluss über die Geschehnisse geben könnte. Doch da war nichts zu sehen. Lärmend brachen die Wellen gegen das Schiff. Der Schrei war so laut gewesen, dass es die Wellen problemlos übertönt hatte. War er nur sehr nah gewesen? Der Vogel, wenn es denn einer war, musste Teil des unnatürlichen Nebels sein, was suchte sonst so ein Tier so weit draußen auf dem Meer. Oder verbarg der Nebel eine Insel? Oder dachte er in die ganz falsche Richtung? Würden Meerestiere schreien? Waren Meeresmonster da vielleicht anders als ihre Mitbewohner?

Seine Gedanken überschlugen sich förmlich.

Aus dem Augenwinkel nahm er war, wie James nach Trevor griff und ihn zurück zog. Trevor. Er sollte schauen, ob Trevors Übermut neue Erkenntnisse gebracht hatte. Noch kurz starrte er in den Nebel, hoffend, vielleicht doch etwas erkennen zu können, ehe er sich dazu zusammenreißen konnte, sich abzuwenden, nicht ohne zu registrieren, wie der Nebel unruhiger geworden war. Doch dafür wäre später Zeit.
Er bereute im selben Moment, dass er sich so lange Zeit gelassen hatte. Die Gruppe hatte sich verändert. Taron war weg, dafür war Ceallagh aufgetaucht. Vor allem aber schien sich der Nebel nicht damit zufrieden zu geben, Trevor wieder gehen zu lassen:
Hinter den Rücken der Piraten schien Leben in die Nebelwand gekommen zu sein. Sie waberte, schien zu vibrieren. Kleinere Nebelschwaben lösten sich, kletterten über die Reling, tasteten sich nach vorne. Auf sie hinzu. Ein ungute Ahnung beschlich Josiah und sein Blick glitt zur Seite, nur um intuitiv einen Satz zurück zu machen: dort, wo gerade noch sein Bein gestanden hatte, war ebenfalls Nebel aufgetaucht. Es erinnerte Josiah an eine Schlange, die sich nach vorne schlängelte, auf der Suche nach… etwas. Ihnen.

Josiah öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, als Runar auch schon einen leisen Ruf ausstieß.
Der Nebel hatte ihn erreicht.
Ausgerechnet Runar, der vorhin schon so klang als würde er am liebsten ganz woanders sein. Jetzt stand er da und schüttelte hektisch seinen Arm. Der Nebel hatte sich um ihn gelegt wie ein zweiter Ärmel.
Instinktiv sprang Josiah nach vorne. Den Blick nicht von dem Nebel lassend packte er Runar und zerrte ihn unsanft nach vorne, ohne darauf zu achten, ob der junge Mann folgen konnte, während er mit der freien Hand in der Luft rumfuchtelte.

WEG VOM NEBEL! SOFORT!

Dann war er auch schon bei der Stelle angelangt, wo er Trevor den Putzeimer verschwinden lassen sehen hat. Ohne ihn vorher zu entleeren. Für einen kurzen Moment dankte er Trevor innerlich aus vollen Herzen. Er hatte keine Ahnung, ob es überhaupt helfen würde, was er jetzt tun würde, und er hoffte, dass Runar ihn das nicht allzu übel nehmen würde – vor allem wenn es nichts half, vielleicht wäre ja gar nichts passiert, aber wer wusste das jetzt schon – als er Runar ohne zu zögern nach vorne riss, den Arm mit dem Nebel radikal im Wasser versenkend.
Entschuldigen konnte er sich später noch. Jetzt wollte er gar nicht erst abwarten was ein Menschen-verfolgender-Viecher-Schreien-In-Ihm-Eisen-Altert-Definitiv-Zu-Schnell-Nebel mit einen Menschen anstellen würde.
{an Deck | direkt bei Trevor, Runar, Greo, Call. & Co, später dann ein paar Schritte daneben | in der Nähe von Lucien & Tarón}
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