16.12.2020, 15:14
Ein Hauch von Verfall ...Shanayas halbernste Vermutung, die Mannschaft des Händlers versuche, ihre Kanonen loszuwerden um an Geschwindigkeit zuzulegen, bewahrheitete sich nicht. Zumindest verriet kein lautes Platschen in der Ferne eine solche Verzweiflungstat. Doch was sich wirklich im Bauch des Schiffes abspielte, war auch durch ein Fernglas nicht zu erkennen. Das einzige, was selbst mit bloßem Auge bereits zu sehen war, waren die Gestalten, die noch an Deck herum liefen, die sich in Richtung der Wanten bewegten, Taue spannten, sich vorbereiteten.
Indes holte die Sphinx nun deutlich sichtbar immer weiter auf. Mit jedem Augenblick schmolzen die Meter zwischen den Schiffen dahin und dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb, schien nun auch der Kapitän des Schoners zu begreifen. Denn als mit einem gewaltigen Donnern die nächste Bleikugel durch die Luft sauste und nur einen halben Meter neben dem Rumpf ins Wasser klatschte, ließ die verzweifelte Reaktion nicht lange auf sich warten.
Ein, zwei, drei Herzschläge nachdem der Rauch sich verzogen hatte, geschah noch immer nichts. Rufe hallten über das Meer, ohne, dass einer der Piraten ihren Wortlaut hätte erahnen können. Dann ging plötzlich ein Ruck durch das Handelsschiff. Der Steuermann hatte das Ruder so hart eingeschlagen, dass sich das Schiff bedrohlich auf die Seite neigte, bevor der massige Korpus dem Richtungswechsel folgte und nach Steuerbord ausbrach. Direkt hinein in den Nebel.
Das letzte, was man vom Deck der Sphinx aus sehen konnte, waren die Seemänner, die sich eilig in die Wanten warfen, bevor sie alle von milchigem Weiß verschluckt wurden.
An der Stelle, an der Tarón unter den wachsamen Blicken James', Josiahs, Trevors und Rúnars den Taljenblock über Bord warf, zeigte sich der Nebel dagegen unbeeindruckt von dem, was weiter vorn geschah. Mit einem leisen Platschen landete die Gerätschaft im Wasser, durch dunstige Nebelschwaden gerade noch so erkennbar, die über Holz und Metall glitten.
Als der Pirat zehn Sekunden später das Seil wieder einholte, streckten sich die Dunstfäden, schienen dem Taljenblock zu folgen, wie ein Fisch dem Köder an der Angel. Erst, als die Versuchskonstruktion über der Reling verschwand, ließ sich der Nebel wieder zurückfallen. Doch er war inzwischen so dicht am Rumpf der Sphinx, dass ihn kaum mehr ein Meter vom Holz trennte.
Die Gerätschaft in Taróns Händen derweil hatte sich sichtlich verändert. Auf dem zuvor frisch abgeriebenen Eisen hatte sich eine dünne Schicht glanzlosen Braunrots gebildet. Als hätte es jemand zu lange der feuchten Witterung ausgesetzt, die im Nebel herrschte. Nicht so lange, dass es unbrauchbar geworden wäre, aber lange genug, damit es sichtbare Spuren von Vergessenheit zeigte. Auf dem Tau, das sich unter Taróns Fingerspitzen vielleicht sogar einen Hauch rauer anfühlte, als vorhin, hatte sich außerdem eine dünne Kruste Salzkristalle abgelagert, die als weißer Staub zu Boden rieselte.
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