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A Night at the Cabaret
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
A Night at the Cabaret
bespielt von    Ceallagh Hayes   Lucien Dravean
26.04.1813
Schmugglerschiff Mytilus
A Night at the Cabaret
Sich erheben, immer und immer wieder.


Ceallagh & Lucien
26. April 1813 | nachts | an Bord des Schmugglerschiffs Mytilus


Er beging den Fehler, in seiner Hängematte einzuschlafen. Normalerweise hütete er sich davor, verbrachte seine freien Schichten in Gesellschaft des alten Auri, während der auf dem Oberdeck seinen Dienst verrichtete, der den stets wissbegierigen, immer geduldigen Jungen schon im letzten Jahr unter seine Fittiche genommen hatte, und schlief in der Regel in einem Stapel alter Seile und Gerümpel immer mal wieder vor Erschöpfung ein. Nicht für lange, dafür war sein 'Bett' zu unbequem, aber wenigstens ließen ihn die anderen Schiffsjungen dort in Ruhe.
Dieses Mal jedoch, drei Wochen nach ihrem Aufbruch von Kelekuna, erwischten sie den Zwölfjährigen allein. Schon als er aufwachte, von einer unguten Vorahnung getrieben, und an die in der Dunkelheit der Nacht kaum zu erkennende Decke des Mannschaftsdecks starrte, hätte er ahnen müssen, dass er ihnen nun doch auf den Leim gegangen war. Diese Runde hatte er verloren.
Als sich die Hand schließlich von seinem Mund löste, die ihn beinahe erstickt und sonst jeden Hilferuf seinerseits im Keim unterbunden hatte, stieß Lucien einen leisen Wutschrei aus. Er verwandelte sich jedoch schnell in einen Schmerzenslaut, als einer der Jungen, der ihn festgehalten hatte, ihn grob zu Boden stieß. Reflexartig versuchte er, sich mit den Armen abzufangen, wobei er sich unangenehm das Handgelenk und den Ellenbogen prellte. Das dumpfe Pochen in seinen Knochen hielt ihn jedoch nicht lange auf. So schnell er konnte, warf er sich herum, um seine Gegner zumindest im Auge behalten zu können, und krabbelte im Krebsgang rückwärts außer Reichweite. Nur zwei, drei Schritte weit, ehe er mit dem Rücken gegen eine Kiste stieß, die diese Nische vom Rest des Frachtraums abschottete.
Sie hatten ihn in den hintersten Winkel des untersten Decks verschleppt. Dort, wo die Tierpferche gebaut worden und nun Ziegen und Hühner untergebracht waren. Die Luft stank unangenehm nach Ziegenmist, Vogelkacke und totem Fisch – doch der Zwölfjährige war diesen Geruch gewöhnt. Nicht selten fiel ihm die würdevolle Aufgabe zu, die Pferche zu säubern. Trotzdem hatte er Mühe, zu atmen. Sein Herz schlug schnell – vor Angst und Wut – und verhaspelte sich dabei mehr als ein Mal. Was es schwer machte, seine Gefühle nicht allzu offensichtlich zu zeigen.
Soo.“ Ein Junge, den er als Saras älteren Bruder Coillin erkannte, klatschte kurz geschäftsmäßig in die Hände. Er war sechszehn. Die anderen drei vierzehn oder fünfzehn. Allesamt überragten sie ihn um mehr als einen Kopf. „Da haben wir ja unser Prinzchen.“ Das Grinsen auf ihren Gesichtern ließ den Dunkelhaarigen ahnen, dass ihm nichts Gutes bevor stand. Genau wie letztes Jahr. Nur dass sie damals nicht so vorfreudig gewirkt hatten. Damals hatten sie ihn nur gehasst, getriezt und ihm das Leben auf der Mytilus so schwer gemacht, wie es ihnen möglich war. Dieses Mal hatten sie wohl etwas besonderes für ihn vorbereitet. „Weißt du, wir wollten uns eigentlich bei dir entschuldigen, Lucien. Dass wir letztes Jahr so gemein zu dir gewesen sind.“ Irgendeiner der anderen kicherte. Als ob Lucien ihm sonst geglaubt hätte... „Deshalb haben wir uns gedacht, wir tun dir mal etwas Gutes!



Leise raschelte das Pergament unter seinen Fingern, die vorsichtig Seite um Seite voraus blätterten. Mit jedem weiteren Kapitel des alten Romans steckte der junge Hayes erneut seine Nase tief zwischen das vergilbte Papier und lächelte wohlig. Während die hellen Augen Letter um Letter verschlungen, genoss der Blondschopf den angenehmen Geruch von Vergänglichkeit und Nostalgie. Spürte wie er sich kribbelnd durch seinen Körper bahnte und all das um ihn herum ausblendete, was mit eindrucksvoller Kontinuität und lautem Poltern in seine andersartige Realität zwängte. Genervt rauschte der Einband letzten Endes zwischen seinen Händen zusammen, als das Gepoltert selbst nach Minuten nicht verstummte. Hinterließ eine flimmernde Staubwolke im Schein der Öllampe, die auf einem der Regale neben ihm stand und kitzelte ihm unangenehm in der Nase. Die Zeit der Ruhe und Zurückgezogenheit war wohl endgültig vorbei. Zumindest machten ihm das die Stimmen deutlich, die fast schon verheißungsvoll in ein Flüstern übergegangen waren und eindeutig nach der kleinen Jungentruppe klangen, der er seit Anbeginn seines Dienstes auf diesem Schiff aus dem Weg gegangen war. Er roch Problemfälle wie diese auf Meilen Entfernung. Konnte den schillernden Augenpaaren jedes Mal von Neuem ansehen, dass sie ihm ohne mit der Wimper zu zucken ein Messer in den Rücken rammten - ganz gleich ob metaphorischer oder physischer Natur.
Sie lauerten wie wilde Tiere auf den Moment seiner Schwäche. Und er selbst war nicht sonderlich erpicht darauf unter der Strafe seines Vaters und Onkels mehr Schaden nehmen zu müssen als notwendig. Er hatte nicht freiwillig auf diesem verdreckten Kahn angeheuert, dessen Captain noch unbarmherziger war, als er es sich vorgestellt hatte. Bereits am ersten Tag hatte er sich einen Fausthieb eingehandelt und achtete seitdem tunlichst darauf, sich nicht unnötig in Schwierigkeit zu bringen - sofern es sich vermeiden ließ. Irgendwann würde er noch seinen Weg finden, sich auf den Planken zu bewegen und all jenen Unsinn anzustellen, der ihm in den Sinn kam. Letztlich war nur derjenige ein findiger Kerl, der sich bei seinen Schandtaten nicht erwischen ließ.
Leicht drehte er den Verschluss am Fuße der Lampe und erstickte somit die kleine Flamme, die den Raum augenblicklich in Dunkelheit tauchte. Das Buch klemmte er sich an seinem Rücken zwischen Hosenbund und Haut und versteckte es vor aller Augen unter dem weiten Leinenhemd, das er sich mit wenigen Handgriffen zurück in die Hose stopfte. Kalem hatte ihm schon einmal eines seiner kostbaren Bücher entwendet. Noch einmal würde er den Meisterwerken der Dichter und Autoren nicht dabei zusehen, von den tosenden Wellen des Meeres verschluckt zu werden.
Unter einem leisen, metallenen Knarzen baumelte die Öllampe nun sicher zwischen den langen Fingern des Hayes, während dieser mit ausladenden Schritten über Kisten und Säcke hinweg stieg. Tunlichst darauf bedacht nicht blind in eine der Seilschlingen zu geraten und der Nase lang polternd auf dem Boden zu landen. Wenige Sekunden später zog er bereits die Tür zum Flur mit sanfter Gewalt zurück. Lugt mit wachsamen Augen durch den schmalen Schlitz der sich vom Rahmen bis zur Kante erstreckte. Die Nacht hatte schon seit einigen Stunden damit begonnen das Leben unter Deck nur in einem seltsamen Zwielicht aufrecht zu erhalten. Ceallagh konnte also kaum erkennen, ob sich noch jemand über den Flur auf die anderen Ebenen schlich oder womöglich in den ausgedehnten Schatten vor ihm versteckt hielt. Somit verschwendete er also keine unnötige Zeit mehr, als er die Tür weit genug in den Raum hinein zog, um in einer schnellen Bewegung über die Türschwelle zu treten. Erst das laute Aufatmen dicht  an seiner Seite, ließ ihn den blaugrünen Blick herum wenden. Mit geweiteten Augen, die irritiert auf den Jüngling hinab blickten, der beinahe gegen seine Schulter gerannt wäre.
Wie ein Felsen war der blonde Hayes stehen geblieben und machte auch jetzt, wo der kurzweilige Schock sein Herz schmerzlich zwischen seine Rippenbögen quetschte, keine Anstalten zurück zu weichen oder Preis zu geben, dass er dem kleinen Kerl vor Schreck fast die Öllampe gegen den Schädel gedonnert hätte.

"Ist irgendwas?", brummte es düster aus seiner Kehle heraus, ohne den Jüngeren aus den Augen zu lassen.

Erst als dieser schnaubend um ihn herum schlich und den eigenen Schock mit einem wütenden Blick kaschierte, ließ Ceallagh seine angespannten Schultern hinab sinken und schüttelte fast schon belustigt den Kopf. Wandte sich in Richtung des Hauptdecks ab und trat wenig später in die einnehmende Dunkelheit der Nacht.
Mit einem knappen Nicken brummte er Auri einen stummen Gruß zu und erwiderte seine Frage, was er denn noch hier oben trieb, mit einem knappen Schulterzucken. Der Alte war tatsächlich einer der wenigen, mit denen er nicht sofort ein Problem gehabt hatte. Der sogar ganz vernünftig schien -  was sich allerdings noch in den nächsten Wochen beweisen musste.

"Nachteule... schon immer gewesen.", gab er ihm kurz zu verstehen und war gerade dabei weiter in Richtung Bug zu laufen, als ihn etwas innehalten ließ.

Der freie Platz in Auris Nähe machte ihn stutzig. Und Ceallagh verstand erst dann den Ursprung seines Impulses, als er sich halb herum wandte und vom älteren Seemann eben jene Antwort erhielt, dessen Frage er nicht recht zu definieren wusste. Der junge Dravean wäre das auch - aber scheinbar hätte es ihn für heute in seine Hängematte verschlagen.
"Der schnarcht wie ein Bär.", entgegnete Ceall mit einem aufgesetzten Grinsen. Wandte sich im selben Atemzug jedoch schon wieder herum.

"Ich hol mir was zu trinken... möchtest du auch was?"

Eigentlich stellte er diese Frage, um so gut es ging zu vertuschen, was er gleich tat. Nämlich nach der Jungengruppe Ausschau zu halten, die er noch vor wenigen Minuten die Treppen hinunter gehen gehört hatte. Er hätte seine nächste Essenration darauf verwetten können, dass er Lucien zwischen ihnen finden würde. In welchem Zustand - das malte er sich besser nicht aus. Wenngleich er ihre Feindseligkeit ihm gegenüber nicht verstand, hatte er sie trotzdem jedes Mal in ihren Augen aufblitzen sehen. Was ein weiterer Grund gewesen war, sich von ihnen so gut es ging entfernt zu halten. Als der Alte mit dem Kopf schüttelte wandte sich Ceallagh ab.
Schlich wie ein Wind durch den Flur und entledigte sich der kleinen Öllampe, kaum dass er an den Hängematten unter Deck vorbei geschlichen war. Spitze die Ohren bei jedem Schritt ein bisschen mehr und hörte irgendwann über das Schnarchen einiger Seemänner hinweg Worte, die - sofern man nicht darauf achtete - schnell unter den üblichen Geräuschen an Board verschwammen. Sich darunter mischten wie Wasser und kaum mehr vom Rest zu unterscheiden waren.
Immer wieder verlagerte der Hüne sein Gewicht gleichmäßig auf seinen Füße, während er die Treppenstufen hinab stieg. Sich dem Gestank nach Unrat und Heu näherte, der für einen kurzen Augenblick seine Nasenflügel hinauf zog. Selbst nach Monaten auf See würde er sich nicht an diesen Gestank gewöhnen können, der ihn hier unten jedes Mal von neuem ins Gesicht schlug. Ein Gestank der schnell vergessen war, als er die Worte der Jungen deutlicher vernahm, die irgendwo hinter einem der dicken Masten und Pflöcke hervor kamen. So wenig wie er sie sah, desto mehr machte er sich die Schatten und Versteckmöglichkeiten zu nutze. Lauschte der Situation und versucht einen geschützten Blick auf die Szenerie zu erhaschen, die ihm bereits jetzt eine beißende Gänsehaut in den Nacken trieb. Bis jetzt war er sich nicht schlüssig, was er genau tun sollte, wenn die Situation eskalierte. Und er überließ es mal wieder seinem Zukunftsich darüber zu entscheiden.



Etwas Gutes tun? Im ersten Moment glaubte der Dunkelhaarige, sich verhört zu haben. Für wie bescheuert hielten sie ihn eigentlich? Doch wie immer schwieg er verbissen. Verbissen im wahrsten Sinne des Wortes, denn er presste die Kiefer in stummer Wut so fest aufeinander, dass sich die angespannten Muskeln seiner Mimik deutlich unter der Haut abzeichneten. In die tiefgrünen Augen, die ruhelos auf Coillins dämlichem Gesicht lagen, trat ein Ausdruck verzweifelten Zorns, während er zugleich hektisch nach einer Möglichkeit suchte, dieser Situation irgendwie zu entkommen. Dummerweise... fiel ihm dazu nicht viel ein.
Coillin lachte, leise und hämisch. „Was ist? Du sagst ja gar nichts. Bist du schon so überwältigt von unserer Großzügigkeit? Dabei haben wir dir doch noch gar nicht gezeigt, was wir für dich vorbereitet haben!
Wieder blieb Lucien stumm. Blieb mit dem Rücken an der Wand einfach liegen. Immer schon. Seine kleine Schwester war diejenige, die mit ihren gerade sieben Jahren die Krallen ausfuhr und kämpfte. Für sich. Für ihn. Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen. Mit all der glühenden Leidenschaft, die sie in ihrem Herzen trug.
Doch er nicht. Er wusste, dass ihm Angriff nicht half. Er machte es nur schlimmer. Coillin und seine Freunde wären sicher begeistert, wenn er jetzt versuchte, sich zu wehren – in dem Wissen, ihnen vollkommen unterlegen zu sein. Sie waren älter, größer und in der Überzahl, während hinter Lucien niemand stand. Also hatte er gelernt, einzustecken. Einstecken konnte er gut und auch wenn es ihnen eine diabolische Freude bereitete, auch dann auf jemandem herum zu hacken, wenn er schon längst aufgegeben hatte, enthielt er ihnen zumindest das Vergnügen vor, seine Gegenwehr vorher brechen zu dürfen. Was auch immer jetzt kam – Lucien beschloss, es über sich ergehen zu lassen. Genau wie letztes Jahr.
Eilige Schritte näherten sich, ließen sie alle gleichermaßen aufsehen und den Blick auf die Lücke zwischen den Kisten richten, die zur Treppe nach oben führte. Der einzige Fluchtweg – nun versperrt durch einen fünften Jungen, dessen schnelles Atmen verriet, wie eilig er es gehabt haben musste. „Hey, fangt nicht ohne mich an“, warf er zur Begrüßung grinsend in die Runde. „Meine Ablösung hat sich verspätet.“ Coillin winkte gnädig ab und richtete sich mit seinen Worten direkt an den Neuankömmling. „Wo du gerade da stehst.. Hol doch mal das Geschenk für unser Prinzchen.“ Und wieder kicherten sie allesamt los.
Lucien schlug das Herz inzwischen unangenehm hart gegen die Brust. Er wusste nicht, warum er nicht aufstand und floh. Sein Verstand, sein Körper, alles in ihm schrie danach. Doch seine eigene Angst lähmte ihn. Er wusste, dass er das nicht schaffen konnte. Noch ehe er die Treppe erreichte, hätten sie ihn eingeholt. Und was sie dann mit ihm taten, wollte er gar nicht erst heraus finden. Stattdessen folgten die grünen Augen unsicher dem Jungen, der über ein paar Seilknäule und Säcke hinweg kletterte und kurzzeitig in einer schattenumwobenen Ecke hinter einer Kiste verschwand. Man hörte ein leises Rascheln, ein stumpfes Kichern, dann tauchte er wieder auf und hielt triumphierend eine kleine Gestalt in die Höhe.
Es dauerte tatsächlich mehrere Herzschläge, bis der Zwölfjährige im schummrigen Dämmerlicht erkannte, was er da vor sich hatte: Es war eine Puppe aus Stroh, gerade so groß wie ein Kind. Sie hatten ein Kleid ausgestopft, hatten mit Garn wild schlackernde Arme und Beine daran geknotet und ihr mit reichlich Schnur einen kugelrunden Kopf aufgesetzt, an dem einzelne, lange Strohhalme als Haare herab hingen. Und Lucien wusste, ohne, dass jemand etwas sagen musste, wen diese Puppe darstellen sollte – es war eines von Talins hellen Alltagskleidern.
Jenes Kleid, das eines nachmittags nicht mehr auf der Wäscheleine hing und wofür seine kleine Schwester die Strafe hatte kassieren müssen, weil sie es angeblich nicht sicher genug aufgehangen hatte. Sodass der Wind es sich gegriffen und fortgetragen haben musste.
Kommt, Jungs. Seid so gut und helft ihm auf.“ Lucien riss den Blick von der Puppe los, traf auf den Coillins und spürte im nächsten Moment, wie zwei Paar Hände nach seinen Armen griffen, ihn in die Höhe rissen.

Was soll das werden? Was ist eigentlich euer scheiß Problem??

Irgendwo gefangen zwischen hilflosem Widerwillen und der wütenden Erkenntnis, dass sie Schuld an Talins Strafe trugen, spie er dem Älteren die Worte förmlich vor die Füße. Er verstand es nicht. Verstand nicht, was hier vor sich ging. Doch der Junge lachte nur falsch, kam zu ihm und seinen beiden Wächtern hinüber und legte Lucien geradezu kumpelhaft einen Arm auf die Schulter, um mit leichtem Druck dessen Blick wieder auf die Puppe zu lenken. „Komm schon, nicht so misstrauisch. Wir dachten uns.. so lange auf See, da vermisst du deine Schwester doch bestimmt. Also haben wir dir einen Ersatz gebastelt.“ Der Zwölfjährige wand sich in der unangenehmen Umarmung, wollte sich dem irgendwie entziehen, doch einer der Jungs, die ihn festhielten, drehte ihm nur den Arm auf den Rücken und blockierte den Weg nach hinten, damit Coillin selbst genug Raum bekam, um seinen schraubstockartigen Griff nicht lockern zu müssen. „Jaja, ich weiß schon... sie sieht nicht ganz aus, wie das Original, aber mit ein bisschen Phantasie...“ Lucien stieß ein Keuchen aus. Seine Schulter begann zu pochen und das Atmen fiel ihm zunehmend schwerer, doch Saras Bruder sprach einfach weiter und hinderte ihn daran, den Blick von der Puppe zu lösen. „Wir können sie ja hier unten für dich verstecken. Dann kannst du jederzeit her kommen und mit ihr... kuscheln...
Die Art, wie er dieses letzte Wort betonte, ließ Lucien schließlich doch innehalten.

Was...?

Verwirrt starrte er diese Puppe an, sah schließlich von einem schallend lachenden Gesicht ins nächste. Was Coillin meinte, war unmissverständlich, und doch fiel es seinem Verstand schwer, wirklich zu begreifen, worauf er anspielte. Er wollte gar nicht begreifen. Erst, als ihm der Junge, der sie festhielt, die Puppe entgegen streckte, stetig näher kam und dabei die Lippen zu einem Knutschmund schürzte, mit einem gespielt verzückten Blick wild in der Luft herum küsste, schnitt die Erkenntnis, was sie ihm da gerade unterstellten, wie ein Messer durch seine Brust. Er prallte so heftig zurück, dass er mit dem Rücken gegen den Jungen hinter ihm stieß und ein scharfer Stich durch seine Schulter schoss. Glühende Hitze stieg ihm in die Wangen – ob vor Scham, Wut oder Schmerz konnte er in diesem Augenblick nicht einmal sagen, doch sie trieb ihm die Tränen in die Augen. War es das? War es das, was sie ganz ernsthaft von ihm glaubten?

Lasst mich in Ruhe! Hau ab damit!

Vergessen war der Beschluss, alles über sich ergehen zu lassen. Ohne Rücksicht auf den pochenden Schmerz in seiner Schulter kämpfte er gegen die Griffe, die ihn festhielten. Er wollte weg, nur weg, bevor sie ihm diese bescheuerte Puppe ins Gesicht drückten.



Das schwache Licht unter Deck verschluckte die vielzählige Details, die Ceallagh dabei geholfen hätten, den wahren Kern dieses Zusammentreffen zu erkennen. Doch das höhnische Grinsen auf den spitzbübischen Gesichtern, die schiere Vorfreude und Gehässigkeit, die Ceallagh in jedem ihrer Worte vernahm und reichten vollkommen aus, um die dichten Augenbrauen skeptisch gegeneinander zu pressen. Sie mussten von ungemeinem Hass getrieben worden sein, wenn sie sich in einer solchen Übermacht einem kleinen Jungen entgegen stellten. Je weiter der junge Hayes voraus rückte und allmählich das Bündel Stroh als Puppe in einem hellen Kleid erkannte, desto finsterer wurde seine Miene. DAS konnte doch wohl kaum deren Ernst sein, oder?
Mit einem letzten Blick auf die Gruppe zog er sich langsam in die Schatten zurück. Schluckte vor lauter Anspannung, die unangenehm in seinen Gliedern zu zittern begann. Nicht zum erste Mal hatte er diese unausgesprochene Anschuldigung vernommen.   Und wie damals erfüllte sie ihn mit unbändiger Wut, die sich erst brennend durch seine Muskeln, dann durch seine Eingeweide fraß und ihn wenig später schlagartig hinter ihnen aus den Schatten treten ließ. Mit gelangweilter Miene und funkelnd grünen Augen, die eisig und unnachgiebig wirkten, starrte er auf die kleine Gruppe. Malträtierte die winzigen Hinterköpfe und verschränkte die langen Arme vor der Brust.

"Könnt ihr mir mal erklären, was der Scheiß hier soll?"

Ceallagh erweckte nicht den Eindruck als würde er sich diesem Spielchen anschließen. Eher machte es den Anschein, als brauchte es nur einen kleinen Funken, um den Älteren in schiere Raserei zu versetzen.



Im nächsten Moment spürte er kratziges Stroh in seinem Gesicht, musste Mund und Augen schließen, damit die Halme ihn nicht verletzten oder gar erstickten. Doch alles Kopf Abwenden, alles Kämpfen gegen die eisernen Griffe brachte ihm nichts. Das hämische Lachen der Schiffsjungen dröhnte über das Rauschen in seinen Ohren hinweg und ihr Gelächter bohrte sich scharf schneidend durch seine Brust. „Komm schon, Lucien! Gib ihr einen Kuss. Du willst es doch auch.
Tränen aus Wut und Scham brannten unter seinen geschlossenen Lidern. Er zog und zerrte an den Griffen, trat nach allem, was er erreichen konnte und doch hatte er das Gefühl, das dämliche Gekicher wurde dadurch nur noch lauter. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem der Dunkelhaarige – wie er es schaffte, wusste er im Nachhinein auch nicht zu sagen – einen Glückstreffer landete. Er stützte sein Gewicht auf die Arme, trat mit aller Kraft nach vorne aus und erwischte den Jungen, der die Puppe hielt, direkt im Magen.
Mit einem Keuchen stolperte er zurück und Lucien konnte endlich wieder richtig atmen, schnappte hörbar nach Luft und richtete die tiefgrünen Augen auf seinen Gegenüber. Jetzt sah er sich allerdings nicht mehr nur Schadenfreude gegenüber, sondern auch halb unterdrücktem Zorn.
Vermutlich wäre das, was hätte folgen sollen, für den Zwölfjährigen nicht gut ausgegangen. Aber es kam nie so weit. Eine unnachgiebig schneidende Stimme zerschnitt die dicke Luft im Frachtraum, ließ alle sechs – Lucien eingeschlossen – schlagartig erstarren. Plötzlich ließen sie ihn los und er sackte auf den Boden wie ein loser Ballen desselben Strohs, aus dem auch die Puppe war.
Die anderen Jungen drehten sich derweil zu Ceallagh um, starrten ihn an, als stünde ein Geist unter ihnen. Bis Coillin direkt neben Lucien endlich seine Stimme wieder fand und großspurig die Arme vor der Brust verschränkte. Dieser Hayes war immerhin in seinem Alter. Kein Grund, Schiss vor ihm zu haben. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.



Ein abfälliges Schnauben durchfuhr schlagartig Ceallaghs Kehle, während der eisige Blick finster und mit hinauf schnippender Augenbraue auf Coillin hinab zuckte. Glaubte dieses Hemd wirklich sich aufspielen zu können? Mit langsamen Schritten näherte sich der hoch gewachsene Körper und schien mit jedem seiner Schritte breiter und schwerer zu werden. Nur langsam lösten sich die langen Arme, ermöglichten es dem Blondschopf seine Hände mit festem, fast schon Schraubstock artigem Griff die beiden Schultern zu umfassen, die sich ihm in den Weg stellten. Schob die beiden Jungen mit einer solchen Leichtigkeit zur Seite, dass das diabolische Lächeln auf seinen Zügen noch unheimlicher wirkte.

"Ach, ist das so Coillin?"

Eine Handbreite. Mehr Platz war nicht mehr zwischen den beiden Gleichaltrigen geblieben. Und obwohl Ceallagh mit jeder Faser seines Körpers an Lucien dachte, zuckten die grünen Augen keine Sekunde lang zur Seite. Nach dem kleinen Haufen sehend, der sich diffus in seinem Augenwinkel befand.

"Weißt du was ich an Hosenscheißern wie dir nicht ausstehen kann?"

Der Schatten um Ceallaghs Augen wurde zunehmend dunkler, als er sich langsam zu dem Jungen hinab beugte und tief einatmete.

"Ihr spielt euch auf und macht dennoch jede Woche in eure Hängematte. Heult wie Schlosshunde, wenn ihr auf euch allein gestellt seid und klebt wie Babies am Rockzipfel eurer Mutter, sobald ihr euch unbeobachtet fühlt. Das widert mich an."



Lucien wusste beim besten Willen nicht, ob in diesem Moment Dankbarkeit über die unverhoffte Rettung überwog, oder die Panik bei dem Gedanken, der, wer auch immer ihm zu Hilfe gekommen war, hatte gehört, worüber genau sich die anderen Jungen so herzlich amüsierten. Es war nicht so, dass Lucien dieses Getuschel nie mitbekommen hätte. Die Dorfbewohner, die Kalem und Irina Dravean gegenüber äußerten, wie merkwürdig eng doch das Band zwischen ihm und seiner Schwester war. Doch er hatte dem nie viel Bedeutung beigemessen. Es waren schließlich nur Erwachsene. Erwachsene verstanden nicht, was in Kindern vor sich ging und was Lucien und Talin einte, verstanden sie ohnehin nicht. Sie sahen nicht, dass sie ohne einander schlicht allein wären. Weil es sonst niemanden gab, der so dachte, wie sie. Nicht auf Kelekuna. Doch er hatte nie erwartet, dass sie ihm solche Absichten unterstellten. Solche... Gedanken. Es war so absurd, völlig absurd, verletzend und demütigend. Wie konnten sie alle nur?
Mit einem tonlosen Japsen hob der Zwölfjährige den Kopf, wischte sich mit dem Ärmel über die tränenverschmierten Augen und blinzelte durch das schummrige Licht. Er erkannte den Jungen, der da mitten unter ihnen stand. Das war dieser Fremde, der dieses Jahr mit ihnen segelte. Er stammte nicht von Kelekuna, hatte von einer anderen Insel aus angeheuert. Lucien erinnerte sich nicht daran, von wo. Er ging ihm aus dem Weg, wie allen anderen Jungen auch. Auch wenn dieser Hayes nie Anstalten machte, sich den Hänseleien der anderen anzuschließen.
Und nun stand er da, baute sich vor Coillin auf und raunte ihm in einem so gefährlich düsteren Ton Beleidigungen zu, dass nicht nur Saras Bruder einen Hauch blasser zu werden schien, sondern auch die anderen vier Schiffsjungen vorsichtshalber einen halben Schritt zurück wichen. Hilflos huschten ihre Blicke zu ihrem Anführer, der offensichtlich um Beherrschung rang. „Was... Was weißt du denn schon?“, konterte er in einem ziemlich uneindrucksvollen Versuch, sich keine Blöße zu geben. Immerhin waren sie ja noch in der Überzahl... „Wir haben nur ein bisschen rumgealbert. Unter Freunden. Richtig, Jungs?“ Seine Stimme gewann wieder an Festigkeit, während sein Blick über seine Freunde huschte – die geflissentlich nickten – und mit einem drohenden Ausdruck schließlich auf Lucien hängen blieb. Dann sah Coillin wieder zu Ceallagh auf und drückte den Rücken durch. „Wie wär's, wenn du dich wieder dorthin verpisst, von wo du gekommen bist, Hayes? Wer nicht von unserer Insel kommt, hat hier nichts zu melden.



Ein süffisantes Lächeln zog sich über die feinen Züge des Hayes. Wurde von einem herablassenden Auflachen begleitet, das ziemlich deutlich machte, wie sehr ihn diese Widerworte beeindruckten. Nämlich gar nicht. Viel eher spielten sie ihm so direkt in die Karten, dass es mit etwas mehr Mühe ausreichte, um diese Bagage ein für allemal loszuwerden.

"Oh lieber Coillin...", drang es gedämpft und bittersüß über die schmalen Lippen, während Ceallagh die grünen Augenpaare über das immer blasser werden Gesicht gleiten ließ.

"Ich weiß so einiges über dich. Wahrscheinlich mehr als dir lieb ist..."

Man musste kein emphatischen Genie sein, um den wabernden Unterton in seiner Stimme wahrzunehmen. Die leichte Drohung die darin mitschwang und wohl für reichlich Belustigung sorgen konnte, wenn der Schiffsjunge ernsthaft in Erwägung zog, diesen Streit vom Zaun zu brechen.  Es brauchte nur noch einen kleinen Windhauch und der Blondschopf stünde lichterloh in Flammen. Denn was er just in diesem Moment spürte war eine Wut, die er nur allzu gut kannte. Eine Wut, die er bereits so laut und unnachgiebig hinaus geschrien hatte, dass er Tage später noch mit den Prellungen und Blutergüssen zu kämpfen hatte.
Und während der junge Mann äußerlich vollkommen ruhig zu lachen begann und den langen Haarschopf senkte, brach in ihm bei Coillins Worten und der versucht widerspenstigen Haltung der letzte Schutzwall. Ruckartig schnellten die großen Hände voraus und packten den Gleichaltrigen am Kragen. Zogen ihn mit einer unbändigen Kraft die letzten Millimeter zu sich heran, während nur einen Moment später der sichere Boden unter Coillins Füßen verschwand.

"Ach... und du bist der Oberbefehlshaber hier, du kleiner verlogener Bastard?"
Wild funkelnd huschen die grünen Iriden über die kindlichen Züge des anderen und machten absolut keinen Hehl daraus, dass er keine hohlen Phrasen hinaus posaunte.

"Hör mir mal ganz genau zu. Denn was ich dir jetzt sage, sage ich dir nur ein einziges Mal, bevor du am eigenen Leib zu spüren bekommst, wie man mit solchen Großmäulern wie dir auf unserer Insel umspringt : du hälst deinen stinkenden Arsch ab sofort fern von ihm. Haben wir uns verstanden.... Coillin?"



Traurigerweise schien der Zwölfjährige in diesem Moment der einzige zu sein, der weit genug vorausschauen konnte, um zu wissen, wie tief Coillin mit seinem großen Maul gerade in die Kacke griff. Er sah es an dem Ausdruck in den grünblauen Augen. Hörte die unmissverständliche Drohung aus der dunklen Stimme heraus. Sein Blick klebte förmlich an der Szenerie, die sich vor ihm abspielte und auch wenn sich nach und nach die eine, alles entscheidende Frage in seinem Kopf manifestierte, hielt er die Klappe. Aus Angst, damit irgendjemandes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er war sich nicht einmal sicher, ob er im Blickfeld des fremden Jungen auftauchen wollte – obwohl ihn dessen Worte im nächsten Moment verwirrt blinzeln ließen. Warum? Warum... nahm er ihn in Schutz?
Coillin freilich hatte ganz andere Probleme. Er gab ein gurgelndes Geräusch von sich, als seine Füße den Kontakt mit dem Boden verloren, griff instinktiv nach den Handgelenken des Größeren. In dem hilflosen Versuch, sich zu befreien oder auch nur, seinen Hals von seinem eigenen Körpergewicht zu entlasten. Zumindest aber verriet der Ausdruck in seinen Augen ein gewisses Maß an Panik. „V..verstndn...“, röchelte er mühselig und schaffte es dabei kaum, den Mund weit genug zu öffnen, um sich verständlich zu machen. „Lss mich runtr...“, flehte er atemlos und zappelte in Ceallaghs Griff.



Ceallagh spürte das Zittern in seinen Muskeln, noch ehe das Gezappel des Schiffsjungen seine Aufmerksamkeit erreichte. Der schwere Körper hing wie ein unhandlicher Mehlsack zwischen seinen Fingern und überanstrengte seine Arme mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich. Doch er würde selbst dann nicht locker lassen, wenn er das verräterische Knacken seiner Gelenke spürte. Ihm blieb nur diese eine Chance, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Hatte er sich die ganze Zeit auf dem Schiff im Hintergrund gehalten, würde ihm diese ruhige Zurückgezogenheit nun nicht mehr zu Teil werden. Lieber setzte er eine Schippe zu viel Düsternis und Dramatik in diese Drohung, als die ihm verbleibenden, unzähligen Monate damit zu verschwenden, sich diese Pickelfressen vom Leib zu halten.
Ein letztes Brummen erklang. Dann plumpste der zappelnde Körper lautstark und ohne jegliche Vorwarnung zu Boden. Mit einem verächtlichen Blick wandte sich Ceallagh an das kleine Häufchen Coillins hinab. Schüttelte abwertend den Kopf und wandte sich schließlich mit hinauf schnellender Augenbraue zu den anderen herum.

Verzieht euch… und nehmt euer hässliches Voodoo Püppchen mit, bevor ich es euch in den Arsch schiebe.
Und er war tatsächlich gewillt es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Noch mehr als sich Coillin brabbelnd aufraffte und mit einem letzten hasserfüllten Blick zurück sah, ehe er mit seinen Waschlappenfreunden die Treppenstufen hinauf verschwand.

Hey… alles okay bei dir?

Minuten waren vergangen in denen Ceallagh den Schritten gelauscht und darauf gewartet hatte, bis sie verklungen waren. Zum ersten Mal an diesem Abend wandte er die grünblauen Augen auf den Jungen hinab, dessen feine Züge mit feinen Kratzspuren übersät waren. Wirkte schlagartig wie ausgewechselt, kaum dass er sich auf die Knie hinab sinken ließ und mit schief gelegtem Schopf ein freundliches Lächeln in die Mundwinkel gleiten ließ.



Der Blick, den Coillin schlussendlich auch Lucien zuwarf, fiel ebenso vernichtend aus, wie der, der zuvor Ceallagh gegolten hatte. Er ließ ihn damit wohl wissen, dass es noch nicht vorbei war. Vielleicht nicht heute, nicht diesen Monat und nicht auf dieser endlos langen Fahrt – aber er würde ihm die Schande der heutigen Nacht heimzahlen. Spätestens auf Kelekuna. Wenn es niemanden mehr gab, der für ihn einstand. Doch für diesen Moment schien Saras älterer Bruder die Lust auf eine Schlägerei gehörig vergangen zu sein und mit einem kaum verständlichen Gemurmel wies er seine Freunde zum Rückzug an.
Sie quetschten sich einer nach dem anderen hastig durch die schmale Lücke zwischen den Kisten und machten sich fluchend aus dem Staub. Der eine, der die Puppe getragen hatte, warf sie auf halber Strecke achtlos in eine Ecke, dann verschwanden sie die Stufen hinauf zum nächsthöheren Deck.
Lucien sah ihnen kurz nach, bevor sein Blick auf das einzige Teil der Puppe fiel, das er von seiner Position aus sehen konnte – einer ihrer Stroharme. Wieder wallte Wut in seinem Herzen auf. So übermächtig, dass ihm ein weiteres Mal die Tränen in die Augen traten.
Doch Ceallaghs Stimme riss ihn zurück ins Hier und Jetzt, ließ ihn ruckartig den Kopf wenden und angesichts der Tatsache, dass der Ältere inzwischen unmittelbar vor ihm hockte, mit einem erschrockenen Luftschnappen hinten über und auf seinen Hintern kippen. Sein Herz machte einen Satz, ehe er realisierte, was der Junge gesagt hatte. Und dass er alles andere als wütend oder grausam klang. Das zu verdauen fiel Lucien erstaunlich schwer. Es passte nicht zu dem, was er gerade mit angesehen hatte – und trotzdem wagte er einen unsicheren Versuch.

Ich... denke schon.“ Noch einmal wischte er sich mit dem Ärmel über die Augen, wich dem Blick des Älteren aus. „Danke... für deine Hilfe.
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A Night at the Cabaret - von Lucien Dravean - 04.10.2020, 15:50
RE: A Night at the Cabaret - von Lucien Dravean - 04.10.2020, 16:09

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