22.05.2020, 19:52
Die Anhaltspunkte, die dieser John ihm gab, waren bei weitem nicht genug, um sich ein sicheres Bild der Lage zu machen. Alex wog den Kopf leicht zur Seite und musterte das Gesicht seines Gegenübers aufmerksam, ohne dass dieser davon überhaupt Wind zu bekommen schien. Die Anwesenheit der Marine hatte ihn vollkommen vereinnahmt und dennoch blieben seine Züge so starr wie zuvor auch. Keine Regung – weder positiv noch negativ. Keine Unsicherheit, keine Angst, keine freudige Erwartung. Nichts. Demnach konnte er entweder tatsächlich etwas vor ihnen zu befürchten haben oder ganz einfach wie ein kleiner Junge völlig überwältigt von ihrer Anwesenheit sein, ihren Uniformen, ihrem angeblichen Dasein als Held und Hüter des Rechts. Der Lockenkopf rümpfte die Nase und gab sich damit zufrieden, noch immer bloß Spekulationen in den Raum werfen zu können. Spekulationen, auf die er sich nicht verlassen wollte, obwohl er sich eigentlich ziemlich sicher war, dass sein Gesicht dem auf dem Plakaten draußen in der Stadt ziemlich ähnlich sah. Kaum, dass John die Augen wieder vom Antlitz der Marinesoldaten wenden konnte und sich Alex zuwandte, erwartete ihn ein übertrieben freundliches Grinsen, welches sich just in dem Moment auf seinen Lippen ausbreitete, als er sich des Blickes sicher war. Zu seiner Überraschung schien er trotz der Ablenkung noch mitbekommen zu haben, um was sich ihr Gespräch gedreht hatte, selbst wenn seine Antwort so wenig informativ ausfiel, wie die Antworten zuvor auch. Und da endete seine kommunikative Zeit auch schon wieder.
Gerade, als Alex seine Frage nach der Mahlzeit wiederholen wollte, trat die Schankmaid auch schon an ihren Tisch. Ein paar Parallelen erkannte er inzwischen zwischen dem Umgang mit John und seiner kleinen Schwester, als sie noch ein aufgedrehtes, wuseliges kleines Mädchen gewesen war, das am liebsten alles gleichzeitig hatte sehen wollen. Nur, dass das, was den Dunkelhaarigen beschäftigte, allein in seiner Welt stattzufinden schien. Und da von seinem Tischnachbarn nicht viel zu erwarten war in Punkto Gespräch, wandte er sich aufmerksam der Dame zu, die ihm nicht nur offenherzig einen kurzen Einblick in das gab, was ihre Bluse verbarg, sondern gleichzeitig auch noch seinen Krug mit frischem Ale füllte. Dankbar hob er das Bier an und prostete ihr mit einem charmanten Lächeln zu.„Dann mal ein Hoch auf die hübsche Dame.“, entgegnete er vielsagend und lauschte schließlich aufmerksam der Auswahl, die sie ihnen zu Tisch brachte. Abwartend warf er einen Blick hinüber zu John, doch der schien noch immer genauso entscheidungsfreudig wie zuvor. Selbst, als die Schankmaid sich ihm zuwandte – Alex konnte sich ein verhaltenes Schmunzeln nicht verkneifen – wirkte er wie ein kleiner Junge, der nie gelernt hatte, was andere Menschen waren. Lija galt ein gutgelauntes Lächeln, ehe er abwinkte und mit den Schultern zuckte.„Alles gut. So ein bisschen Herzschmerz hat noch niemanden umgebracht.“, riet er überzeugend ins Blaue. „Und Flammlachs klingt wunderbar. Dem armen Tropf jetzt ‘was Aphrodisierendes vor die Nase zu stellen, scheint mir ziemlich unfair.“Er zwinkerte der zierlichen Gestalt zu und ließ es sich nicht nehmen, seiner Stimme einen angetanen Hauch zu verleihen. Da keine Einwände kamen, nahmen sie vermutlich beide an, dass Flammlachs wohl in Ordnung ging, sodass sich die Schankmaid dran machte, ihnen ihren Wunsch zu erfüllen.„Du hast’s nicht so mit Menschen, huw?“, fragte Alex beiläufig und nippte abermals an seinem Bier.