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Schein und Sein
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
Schein und Sein
bespielt von    Alex Mason   Shanaya Árashi
20.05.1822
Silvestre
Schein und Sein

Nachmittag des 20. Mai 1822
Alex Mason & Shanaya Árashi


Shanaya hatte genug von diesen Wänden, die jeden Tag das Gleiche waren. Das Fieber zog noch immer an ihren Kräften, die Wunden an ihrem Bein schmerzten noch immer. Aber all das hinderte die junge Frau nicht daran, sich jetzt durch dieses Bordell zu schleppen, die Blicke zu ignorieren, die ihr folgten. Sie brauchte frische Luft, ein wenig Abwechslung. Sie hatte genug Zeit, auf ihre Krücke gestützt hinkte sie also durch die Gänge, achtete auf kaum jemanden um sie herum, bis sie vor die Tür trat, die frische Meerluft einatmete. Sie würde nicht lange draußen bleiben, der Weg hierher hatte sie schon geschwächt, aber wenigstens ein paar Augenblicke. Der blaue Blick wanderte kurz umher, achtete nicht auf die Männer, die sich her tummelten. Schnell war in einiger Entfernung ein Stapel Kisten und Fässer gefunden, auf die Shanaya nun zu hielt. Perfekt für einen Moment Auszeit. Dort angekommen ließ sie die Krücke gegen eine Kiste sinken, die niedrig genug war, dass sie sich ohne große Schwierigkeiten darauf setzen konnte. Ein leises, erschöpftes Schnaufen drang über ihre Lippen. Ein wenig Ausruhen, bevor sie sich wieder ins Bett schleppte. Vielleicht sah es morgen ja schon besser aus...

Er rümpfte die Nase, kaum dass die Tür des Etablissements zurück ins Schloss gefallen war. Das Flackern einer Fackel erhellte den nun leeren Eingang am Ende des Weges, während die Geräusche des Bordells dumpf durch die verhängten Fenster drangen. Alex hatte nicht vor, hier draußen zu warten, während sich dieser Kerl dort drin dem Körperlichen hingab. Für heute reichte es. Und die letzten Tage war es auch nie schwierig gewesen, ihn wieder ausfindig zu machen. Irgendwann würde der Zeitpunkt schon passen und er würde sich mit der hässlichen Visage dieses Rumtreibers ein paar Achter dazuverdienen können. Nicht unbedingt das, womit er sich üblicherweise die Zeit vertrieb, aber ein Gefallen konnte irgendwann nützlich werden. Dann, wenn er ihn brauchen konnte. Und so wenig er über diesen Kerl auch wusste – er schien nicht unbedeutend zu sein. Schade eigentlich, dass sich niemand die Mühe machte und Kopfgeld auf Marineangehörige aussetzte. Genug Dreck am Stecken hatten sie allemal. Und es gab bestimmt mehr als ihn, bei denen die Kopfgeldjagd damit an Attraktivität gewonnen hätte. Mit einem herzhaften Gähnen wandte er sich vom Torbogen ab, durch den der gepflasterte Weg zum Eingang des Bordells führte und folgte der Straße in die Richtung, aus der er nicht gekommen war. Nicht weit vom Eingang entfernt hatte sich eine der Dirnen niedergelassen, die er dabei hatte beobachten können, wie sie sich aus dem Haus heraus die Straße entlanggeschleppt hatte. Fit sah sie nicht aus – weder körperlich noch geistig. Nett, was man hinter diesen Mauern wohl alles für Geld mit den Mädchen machen durfte.
„Wird ‘ne lange Flucht so.“, grüßte er die junge Dame mit einem freundlichen Lächeln und musterte flüchtig die Krücke, die sie an das Fass gelehnt hatte. „Scheinen dort nicht die besten Arbeitsbedingungen zu sein, hm?“ Kurz glitt sein Blick zurück zum Edelbordell, dann wieder auf die kränklich anmutende Gestalt. Er hatte die Hände in die Taschen gesteckt und hielt angemessenen Abstand, um nicht wie ein dahergelaufener Schläger zu wirken, der seine Chance gekommen sah.


Shanaya beobachtete vereinzelte Menschen, die an ihr vorbei liefen. Niemand warf ihr mehr als einen kurzen Blick zu, richteten ihre Aufmerksamkeit dann aber schnell wieder auf etwas anderes. Vielleicht hatte der ein oder andere ja Angst, in der Nähe eines Bordells gesehen zu werden? Möglich war es. Und sie... sie schlief sogar in einem. Und als wäre dieser Gedanke nicht schon absurd genug, kam letztendlich doch ein Mann auf sie zu, kam jedoch nicht zu nah. Bei seinen Worten hob Shanaya eine Augenbraue, während ein amüsiertes Schmunzeln sich auf ihre Lippen legte. Gut, wenn er gesehen hatte, wie sie aus dem Bordell gekommen war, ließ es ja gar keinen anderen Schluss zu. „Mit genug Gold kannst du mich sicher frei kaufen und mir damit ein besseres Leben ermöglichen...“ Übertrieben angeschlagen ließ sie die hellen Augen auf dem Dunkelhaarigen ruhen, war gespannt, ob er die Ironie hinter ihren Worten verstehen würde.

Entgegen seiner Erwartung wirkte die Dame auf dem Fass kein bisschen erschrocken, nachdem er sie angesprochen hatte. Selbstbewusst also, wehrhaft vermutlich. Immerhin zogen Hafenstädte gerne allerlei Gesocks an, die über ein bisschen körperliche Gesellschaft froh wären – wenn sie kostenlos sein konnte, umso froher. Und Humor schien sie auch zu haben. Da konnte es dort drin ja doch gar nicht so übel sein, wie sie den Anschein weckte. Alex lachte und musterte sie, als könne er dadurch erkennen, woher ihr Zustand genau rührte. „Da bist du bei mir an der falschen Adresse. Ich könnt‘ mir vermutlich nicht mal ‘ne Nacht mit dir leisten.“, nahm er ihren – vermutlich scherzhaften – Versuch auf und spielte den Ball zurück. „Wobei. In dem Zustand -“ Er wog den Kopf zur Seite und bedachte das dunkelhaarige Mädchen einen Augenblick prüfend, ehe er amüsiert schnaubte. „Da drin gibt’s doch bestimmt genug Idioten, die Gold scheißen, um die perversesten Fantasien auszuleben. Wär’s wirklich dein Plan zu verschwinden, hättest du vermutlich längst einen Freier gefunden, der deinetwegen liebend gern ein Säckchen Gold springen lässt.“ Er zuckte mit der Schulter, abwartend, ob seine Vermutung stimmte. „Und wenn du heimlich fliehen wolltest, hättest du dich vermutlich etwas weiter geschleppt als zwei Häuser. Das allerdings wäre auch eher das, wobei ich dir helfen würde.“ Würde. Nicht konnte. Also – konnte auch, sonst hätte er es nicht indirekt angeboten. Aber er war niemand, der durch die Straßen zog und jeder dahergelaufenen Dirne einen Gefallen aufdrückte, bloß weil er es ‚konnte‘. So, wie sie sich ihre Dienste bezahlen ließ, ließ auch er sich für derartige Gefallen entlohnen.

Shanaya haderte mit sich, ob sie dieses Spiel noch einen Moment weiter spielen sollte. Der Fremde kam gar nicht auf die Idee, nachzufragen, ob er richtig lag. Er nahm es für selbstverständlich. Und dass er sich keine Nacht mit ihr hätte leisten können... das konnte man jetzt sehen, wie man wollte, aber Shanaya nahm es einfach Mal als Kompliment. Denn nein, das würde er sich definitiv nicht leisten können. „Du willst also nicht der Held an meiner Seite sein?“ Bedauern lag in ihrer Stimme, das man fast hätte ernst nehmen können, läge nicht dieser amüsierte Ausdruck auf ihren Lippen. „Vielleicht habe ich das ja schon längst? Nur ein bisschen Gold reicht nicht, um sich ein schönes Leben zu machen.“ Es war immerhin auch schnell wieder ausgegeben, was lag also näher, als dass sie diese Taktik öfters durchzog, um an Geld zu kommen? Also... hätte sie es nötig gehabt. Was er ja nicht wusste. „In diesem Zustand bräuchte ich vermutlich nicht einmal versuchen zu fliehen, man würde mich sehr schnell wieder einfangen. Aber ich denke, wir müssen uns auch nicht für eine Flucht zusammen tun.“

Mit gespieltem Bedauern wog er den Kopf zur Seite und zuckte machtlos mit den Schultern. Sein Blick glitt kurz die Straße entlang, die sich zunehmend leerte, ehe seine brauen Augen wieder über das müde Antlitz der Dame vor ihm huschten. Nicht einmal, wenn er es gekonnt hätte, hätte er das Angebot verlockend gefunden. Er war kein Held, kein Ritter mit edlem Pferd. Er war ein Abenteurer, der nicht viel davon hielt, das wenige, was er hatte, für andere hinzulegen. Seine Mundwinkel zuckten abermals amüsiert, als das Mädchen fortfuhr. Erfrischend. „Ich schäme mich für mein Geschlecht, weil du damit vermutlich bei den meisten ziemlich leichtes Spiel hättest.“, musste er ihr mit einem leisen Lachen zustimmen. „Aber es ist ja allseits bekannt, dass sich die Reichen leichter kaufen lassen als die einfachen Leute.“ Egal ob mit Gold oder mit anderen… Gefälligkeiten. Ihnen war alles Recht. Haben war das einzige, was sie interessierte. Alex verschränkte die Arme vor der Brust, als die Dunkelhaarige fortfuhr. Gelassen, entschlossen und gar nicht mal so unglücklich über ihr Schicksal, wie man meinen konnte. Sie erweckte nicht den Anschein, wirklich vor etwas fliehen zu wollen. Insgesamt wirkte sie nicht wie eine Persönlichkeit, die man in einem Bordell antraf. „Schade. Auf die Art und Weise hätt‘ ich mir glatt gerne was dazuverdient.“ Er schmunzelte gut gelaunt und war sich recht sicher, dass sie den Spaß verstehen würde. Bislang hatte sie sich ja als recht humorvoll herausgestellt. „Du bist nicht von hier, oder? Bist nicht so geschäftig und steif wie die Leute, die man hier sonst auf der Straße trifft.“

Bevor der Fremde antwortete ließ er den Blick kurz über die Straße schweifen, wandte sich dann erst wieder an und brachte die junge Frau mit seinen Worten zum Lachen. „Ziemlich sicher sogar. Eigentlich keine schlechte Idee, ich wäre in kurzer Zeit ziemlich reich.“ Jetzt verschänkte der Dunkelhaarige die Arme, warf ihr einen abschätzenden Blick zu und Shanaya fragte sich still, was ihm in diesem Moment wohl durch den Kopf ging. Wägte er ab, ob es sich bei ihr wirklich eine Hure aus diesem Bordell handelte? Amüsant wäre es. „Da muss ich dich leider enttäuschen. Aber vielleicht lässt sich ja eine der Huren zu einem Geschäft überreden. Einen Versuch ist es wert. Vielleicht kann ich da ja was organisieren“ Sie zwinkerte dem Mann zu, lächelte dabei unentwegt. Seine Frage ließ sie schließlich leicht den Kopf schütteln. „Von weit genug weg, dass ich das erste Mal hier hier bin.“ Umso mehr wurmte es die Schwarzhaarige, dass sie es vermutlich allein nicht einmal bis zur Stadtgrenze schaffen würde.

Teils die Tatsache gespielt bedauernd, teils aber ziemlich überzeugt von ihrem Erfolg nickte er und war zunehmend überzeugt davon, dass sie keine dieser Dirnen war. Sie sprach nicht wie eine, buhlte nicht um seine Gunst, damit er ihr im Laufe des Abends – oder eines anderen Abends – vielleicht doch noch ein wenig Gold zusteckte. Und auch, als sie fortfuhr, ließ sie ein bestimmtes Wörtchen aus, welches ihn in seiner Vermutung unterstützte. Doch ob nun doch Dirne oder nicht und was auch immer sie dann im Bordell zu suchen hatte – es ließ immerhin viel Platz für Mutmaßungen – es spielte für ihn keine Rolle. Sie waren Fremde. Und sie würden auch als Fremde auseinander gehen. Jeder mit seinen eigenen Lasten und Geheimnissen. Alex winkte mit einem Grinsen ab. „Lass mal. So nötig hab ich’s nicht. Weder das Gold, noch den Pusch für’s Ego, weil ich Held spielen durfte.“, versicherte er ihr überzeugt. Dass sie auf die persönlichere Frage antwortete, nahm er nicht als selbstverständlich hin, nickte allerdings langsam. „Dann genieß den Aufenthalt in diesem schönen Städtchen. Und falls dir doch was einfällt, wofür du ein paar Groschen springen lassen willst, lass es mich wissen. Ich bin offen für Dinge aller Art.“ Seine Stimme wurde verschwörerischer, das selbstbewusste Lächeln auf seinen Lippen blieb und er setzte sich langsam wieder in Bewegung. „Ich schätze dich clever genug ein, mich zu finden, wenn nötig.“ Er nickte das Kinn respektvoll zum Gruß. „Die Dame.“
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Schein und Sein - von Shanaya Árashi - 24.04.2020, 13:45

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