17.04.2020, 18:05
Widerstandslos ließ Shanaya sich das geliehene Hemd vom Kopf streifen und es sank längst wieder vergessen neben dem Bett zu Boden. Seine Hände kehrten an ihre Taille zurück, streiften flüchtig den Stoff ihrer zerrissenen Bluse, ohne dass die ihm einen Gedanken an vergangene Erlebnisse wachgerufen hätte. Er wurde deshalb auch nicht umsichtiger mit ihr, das ließen ihre Hände ihrerseits nicht zu, die mit unmissverständlichem Ziel über seinen Oberkörper nach unten wanderten. Nur kurz löste Lucien sich von ihr, damit sie ihm sein Hemd vom Kopf streifen konnte, begegnete kurz danach ihrem Blick. Dann legte er die Hände wieder an ihre Taille, um sie zu stützen, als er sich leicht zur Seite drehte und sie schließlich rücklings aufs Bett legte. Er selbst unmittelbar über ihr, zwischen ihren Beinen kniend. Nur für das Tablett am anderen Ende des Bettes war die Bewegung wohl zu viel. Es rutschte vom Kissen und schlug polternd auf dem Boden auf.
Irgendwo, tief in Shanayas Innerem war diese leise Stimme des Zweifelns, die sie von dem abhalten wollte, auf das der Rest ihres Körpers lauerte. Sie ignorierte diesen winzigen Funken, konzentrierte sich stattdessen nur auf die Berührung des Mannes, auf die Hitze, die jede seiner Berührungen durch ihren Körper jagte. Sie ließ sein Hemd zu Boden fallen, erwiderte seinen Blick dann mit einem verlangenden Glühen in den Augen, bis für ein, zwei Herzschläge Überraschung durch sie zuckte. Im nächsten Moment fand sie sich auf dem Rücken wieder, den Blick fest auf den Dunkelhaarigen gerichtet, ein warmes, lockendes Lächeln auf den Lippen. Ihre Finger strichen sanft über seine Brust, versuchte damit die aufkommende Unruhe einfach zu überspielen. Das Geräusch der Schüssel, die auf dem Boden aufkam, war nur ein dumpfes Geräusch am Rande ihrer Wahrnehmung.
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins registrierte Lucien, was mit dem Tablett geschehen war. Aber das lockende Lächeln auf Shanayas Lippen bannte seine Aufmerksamkeit dann doch stärker, als der Käse auf dem Boden. Als ihre Hände über seine Brust wanderten, ein zartes Prickeln unter seiner Haut entlang sandten und sein Blut in Bewegung geriet, huschte ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. Er begegnete ihrem Blick, hielt ihn einen Moment lang fest, doch von dem Anflug von Unsicherheit in ihrem Inneren bekam der junge Mann nichts mit. Vielleicht erahnte er sie unterbewusst, weil jede Frau sie empfand, wenn sie das erste Mal einen Mann in ihr Bett ließ und Shanaya nicht die erste war, die ihm ihre Unschuld schenkte. Er wusste, dass er sanft sein musste. So ganz anders, als es sonst seine Art war. Aber darüber nachdenken tat er nicht, als er sich zu ihr hinab beugte und sie erneut küsste. Seine Hände strichen über den Stoff ihrer Bluse, fanden schließlich zu der Stelle, an der sie bereits ausgefranst und halb zerteilt worden war. Kurzerhand griff er zu, zerriss ihr Oberteil mit einem kräftigen Ruck gänzlich, sodass es links und rechts ihres Brustkorbs hinab rutschte. Dann löste Lucien sich von ihren Lippen, hauchte ihr einen Kuss auf den Mundwinkel, ihr Kinn und bahnte sich mit dem Mund einen sanften Weg ihren Hals hinab.
Für den Moment, in dem Lucien ihrem Blick begegnete, konnte Shanaya das plötzliche Verlangen danach, aufzuspringen unterdrücken. Für den Moment verloren sich ihre Gedanken in dem Grün seiner Augen, erst als er sich zu ihr hinab beugte, glühte dieser kleine Wunsch in ihrem Inneren wieder auf. Ihr Herz und ihre Gedanken rasten, führten einen inneren Kampf, der erst verstummte, als sie die Lippen des Mannes auf ihren spürten. Er versiegelte damit nicht jeden Zweifel, aber für den Moment half es. Sie spürte die Berührung an ihrer Bluse, was ihr für den Hauch einer Sekunde die Bilder des vergangenen Abends durch den Kopf gehen ließ. Sie hielt die Luft an, in dem Moment, in dem Lucien sich von ihren Lippen löste. Ihr Körper zitterte leicht, gehetzt von federleichten Zweifeln, dem kurzen Aufflammen von Angst. Und trotzdem genoss sie die Berührung seiner Lippen an ihrer Haut, das brennende Kribbeln, das sie nach so viel mehr verlangen ließ. Fast vorsichtig hob sie die Hände, strich mit den zitternden Fingern durch seine dunklen Haare, bis sie sich darin festkrallte. Die Augen hielt sie geschlossen, spürte nur dem Weg nach, den seine Lippen zogen.
Nur unterbewusst registrierte Lucien, wie sie die Luft anhielt und nur unterbewusst reagierte er auch darauf. Seine Wahrnehmung richtete sich auf das schneller werdende Schlagen ihres Herzens unter seinen Handflächen, auf das Beben ihrer Muskeln, das Zittern ihrer Hände, die durch sein Haar strichen und sich schließlich darin festkrallten. Er spürte ihre Unsicherheit und ihre Angst als spüre er auch ihre Erinnerungen an die Berührungen ihres Bruders, die so ganz anders waren, als die seinen in diesem Augenblick. Zärtlich, fast beruhigend strich er mit der Linken über ihre Seite, über ihren Bauch nach unten, ohne dabei den Kopf zu heben und sie anzusehen. Stattdessen neigte er ihn nur leicht zur Seite, unterbrach die sachten Küsse auf ihrer Haut. So dicht an ihrem Ohr waren seine Worte leise, gedämpft und unendlich ehrlich gemeint. „Wir können jederzeit aufhören, Shanaya. Du musst es mir nur sagen. Ich werde dir nicht weh tun.“ Seine Hand wanderte zum Bund ihrer Hose, unbeirrt. Doch es reichte nur ein Wort von ihr. Ein leises 'Stopp', ein 'nein' und er hätte sofort aufgehört. Niemals würde er sie zu irgendetwas zwingen und dieses aufrichtigste aller Versprechen lag in jedem Wort, in der Sanftheit seiner Berührungen, in jedem Kuss.
Egal, wie sehr Shanaya dagegen ankämpfte, die Nähe des Mannes ließ jeden ihrer Gedanken und jede Faser ihres Körpers verrückt spielen. Sie kannte dieses Gefühl der Unsicherheit nicht, war genauso verwirrt von dem unnachgiebigem Verlangen ihres Körpers. Alles in ihr sehnte sich nach ihm, seinen Berührungen. Sie spürte die Zweifel in diesem Chaos weniger werden, mit jedem schnellen Herzschlag, der verging. Als seine Stimme dann so endlos warm und sanft erklang, hielt die junge Frau einen Moment die Luft an. Über ihre Antwort musste sie nicht nachdenken, trotzdem hielt sie die Augen noch einen Moment geschlossen, genoss diese endlose Wärme, die durch ihren Körper flutete. Sie entspannte sich deutlich unter seinen Worten, unter der Berührung, der langsam den Weg zu ihrer Hose fand. Erst dann antwortete sie, ihre Stimme nur ein zärtliches, warmes Hauchen, während sie eine Hand weiter durch seine Haare gleiten ließ. „Hör nicht auf.“ Sie versuchte ihre Stimme möglichst sicher klingen zu lassen, aber seine Berührung machte sie viel zu nervös. Bláyron war längst aus ihren Gedanken verschwunden, in diesem Moment gab es für sie nur Lucien, nach dem sich ihr Körper so sehr sehnte.
Nur drei kleine Worte. Drei kleine Worte, die dem Dunkelhaarigen ein sanftes Lächeln entlockten. Sie konnte es nicht sehen, doch seine Antwort darauf ließ er sie spüren. Setzte seine sanften Küsse an ihrem Hals fort, bis seine Lippen ihr Schlüsselbein erreichten, der leichten Wölbung des Knochens unter ihrer Haut folgten. Dann hielt er für einen Moment inne, musste seine Aufmerksamkeit zumindest kurz zusammen nehmen, um ihre Hose zu öffnen. Er richtete sich auf, unterbrach damit zwangsweise die Berührung ihrer Hände in seinem Haar und rutschte ein Stück von ihr zurück. Seine Finger wanderten dabei unter den Bund des Kleidungsstücks, das ihre Beine bedeckte, um es ihr mit sanftem Zug von den Hüften zu streifen. Noch bevor ihre Hose gänzlich vom Bett rutschte, war Lucien bereits wieder über ihr, die Hände links und rechts ihres Kopfes auf die Matratze gestützt. Sein Blick verfing sich in dem hellen Blau ihrer Augen, hielt sich für ein zwei schnelle Herzschläge daran fest. Dann beugte er sich wieder zu ihr hinunter und küsste sie mit dem zärtlichen Versprechen, dass er sie sicher führen würde, wenn sie ihn ließ. Ihm nur genug Vertrauen entgegen brachte.
Sie hatte ihre Worte so gemeint, wie sie gesagt hatte. Sie wollte nicht, dass er aufhörte. Auch die zerrissene Bluse konnte Bláyron in diesem Moment nicht mehr in ihr Gedächtnis rufen. Irgendwo tief in ihrem Unterbewusstsein war die Erinnerung noch frisch, aber Shanaya verdrängte all das, konzentrierte sich nur auf die Nähe des Mannes, auf das Glühen ihres Körpers. Er schaffte es mit jeder weiteren Berührung ihre Sehnsucht, ihr Verlangen nur noch mehr anzufachen. Sie hielt die Augen geschlossen, auch als er sich etwas entfernte, warf ihm nur einen kurzen Blick zu, als er sie von dem Stoff befreit hatte und sich wieder zu ihr beugte. Für einen Moment verlor sie sich in dem Grün seiner Augen, bis er sich zu ihr neigte und sie küsste. Sie schloss die Augen, ließ nun selbst die Hände über seinen Körper gleiten, bis sie seine Hose spürte, unter die ihre Finger glitten. Sie zitterten noch immer leicht, ihr Herz raste, Aber sie zögerte nicht, ging nur dem Sehnen ihres Körpers nach.
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Shanaya wusste nicht, wie viel Schlaf sie in dieser Nacht bekommen hatte – und wie viel Zeit sie anders verbracht hatten. Aber die junge Frau dachte auch nicht viel darüber nach, viel zu sehr konzentrierte sie sich auf den Mann, auf dessen Brust ihr Kopf unter einer ihrer Hände ruhte. Ein warmes Lächeln zierte die Lippen der Schwarzhaarigen, während die Finger ihrer anderen Hand sachte über seine Brust strichen. Sie hatten die letzte Glut noch einmal aufflimmen lassen können, bevor sie ganz erlosch und diesem Gefühl hing Shanaya noch nach, ihr Körper hatte sich längst noch nicht beruhigt. Und so, wie sie in diesem Moment lag, hätte sie vermutlich noch viel mehr Zeit verbringen können. Auch wenn sie nicht sicher war, wie lange sie schon da lag, als sie sich mit sanfter Stimme an den Dunkelhaarigen wandte, die blauen Augen direkt auf seinen ruhen ließ. „Was hältst du von Frühstück?“ Sie lächelte ihm ruhig entgegen, spannte ihren Körper an, um im nächsten Moment aufzustehen.
Eine wohlige Zufriedenheit durchdrang seinen Körper, ebenso wie seinen Verstand. Lucien hatte die Augen geschlossen, genoss die träge Ruhe in seinem Kopf ebenso sehr, wie die schlichte Mattheit in seinen Muskeln. Sein Herz schlug jetzt, nachdem sie den Morgen mit einem weiteren kleinen Stelldichein begonnen hatten, wieder langsam, gleichmäßig, im gleichen Takt seiner Handbewegung, mit der er durch Shanayas tiefschwarzes Haar strich, Strähne um Strähne durch die Finger rinnen ließ. Ihr Gewicht auf ihm gab ihm ein schon vertrautes Gefühl des Trostes, das er ebenso sehr genoss, wie die vergangenen Stunden. Er war am Abend sogar erschöpft genug gewesen, um danach tief und traumlos zu schlafen. Was seiner Stimmung nur dienlich sein konnte. Shanayas vorsichtige Bewegung riss ihn schließlich aus seinem Dahindösen. Der Dunkelhaarige öffnete blinzelnd die Augen, hielt unwillkürlich in seiner Handbewegung inne und begegnete ihrem Blick. Und wie zur Antwort auf ihre Frage gab sein Magen ein vernehmliches Knurren von sich, als hätte er soeben zugehört. „Viel.“, kommentierte er also mit einem sanften Lachen in der Stimme und als die Schwarzhaarige Anstalten machte, aufzustehen, drückte er sich langsam auf die Ellenbogen, blieb aber ansonsten liegen. Das Tablett, das gestern vom Bett gerutscht war, lag inzwischen auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raums. Irgendwann letzte Nacht hatten sie sich davon bedient, aber viel mehr als der Kohlrabi und ein Stückchen Brot fehlten nicht. Kein Wunder, dass er jetzt Hunger hatte.
Die sanfte, entspannende Berührung in ihren Haaren hielt mit ihren Worten inne und auch wenn sie nach dieser Nacht diese Entspannung kaum brauchte, rebellierte etwas in ihr. Sie hätte die Ruhe dieses Momentes gern noch etwas genossen, aber ihr Hunger meldete sich doch langsam zu Wort. Und damit schien sie nicht allein zu sein. Luciens Magen antwortete ihr, bevor der Dunkelhaarige es konnte und mit seiner knappen Antwort ließ die junge Frau die Arme neben seinen Körper sinken, zog sich leicht nach vorn, sodass ihr Gesicht nun nah genug an seinem war. „Dann sehe ich Mal zu, dass du mir nicht verhungerst.“ Sie lächelte ihn schelmisch an, überwand dann die letzte Distanz für einen kurzen, zärtlichen Kuss, ehe sie sich gänzlich erhob. Als sie neben dem Bett stand, streckte Shanaya die Arme in die Luft, streckte einmal ihren ganzen Körper, der sich noch immer aufgewühlt fühlte. Auf eine gute Art und Weise. Sie warf Lucien ein Lächeln zu, ehe sie sich in die Richtung des Tisches wandte, das Tablett anhob und nur einen kurzen Blick zu dem dreckigen Fenster warf. Es war hell draußen, trotzdem konnte man nicht viel durch die Scheibe erkennen. Sie riss sich jedoch schnell auch wieder los, trat mit dem Tablett an das Bett heran und stellte es auf die Matratze, ehe sie sich selbst wieder darauf sinken ließ und sich ein Stück Möhre klaute. „So lässt es sich wirklich leben...“
Einen flüchtigen Kuss gönnte sie ihm noch, dann erhob sich Shanaya gänzlich und stand auf. Die Decke rutschte von ihrer Hüfte, bedeckte nun auch ihn nur noch gerade so bis über die Lenden und er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, während die tiefgrünen Augen der jungen Frau unverhohlen folgten. Sie streckte sich, präsentierte ihren nackten Körper in all seiner Vollkommenheit und wandte sich erst dann dem Tisch zu. Wie hätte er da anders gekonnt, als sie zu beobachten, den Blick über die Rundung ihrer Taille bis zu ihrem Hintern wandern zu lassen, während sie ihm ihre entzückende Rückseite zuwandte. Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer warmen Haut unter seinen Händen, an die zarten Narben, die er mit den Fingerspitzen erspürte und obwohl er wusste, wem sie die zu verdanken hatte, hatte der Gedanke daran, was ihr passiert war, in dieser Nacht – und an diesem Morgen – keinen Platz in seinem Bewusstsein erhalten. Auch jetzt nicht. Er genoss schlicht das Bild, das sich ihm bot und die Empfindungen, die sie in seinem Körper hinterlassen hatte. Als Shanaya sich wieder ihm zuwandte und mitsamt Tablett zum Bett zurück kehrte, ließ Lucien sich wieder zurück ins Kissen sinken. Einen Arm unter dem Kopf angewinkelt und die grünen Augen auf die junge Frau gerichtet, die sich wieder zu ihm setzte. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. „Man könnte sich daran gewöhnen.“, stimmte er zu, streckte die freie Hand aus und griff nach seinem kleinen Messer, das er irgendwann gestern benutzt hatte, um den Kohlrabi zu schneiden und das seit dem auf dem Tablett lag. Er schnitt – etwas umständlich, weil er die rechte Hand nutzte – zwei Stückchen vom Käse ab, legte das Messer dann weg und griff sich eins davon. „Wobei ich den Verdacht habe, dass wir hiervon nicht großartig satt werden.“
Shanaya spürte den Blick, der auf ihr ruhte und es jagte ihr eine sanfte Hitze durch den Körper. Sie genoss dieses Gefühl in vollen Zügen, ließ sich vielleicht auch deshalb ein wenig Zeit, um zum Bett zurück zu kehren. Der Dunkelhaarige legte sich wieder etwas entspannter hin und Shanaya erwiderte den Blick aus den grünen Augen, unterdrückte den Drang, sich zu ihm zu legen. Stattdessen blieb sie ruhig sitzen, nickte auf seine Worte hin, kaute dabei auf dem Stück Möhre herum. „Trotzdem sollten wir wohl bald aufbrechen...“ Ein leises Seufzen schwang in ihrer Stimme mit, während Lucien etwas vom Käse abschnitt. Sie belächelte ihn dabei, verkniff sich einen Kommentar zu seiner Hand – und die Frage, ob sie dem armen hungernden Mann helfen sollte – und griff sich stattdessen das zweite Stück Käse, das auf die Möhre folgte und in ihrem Mund landete. Sie kaute darauf herum und auf die nächsten Worte des Mannes nickte sie schwermütig, antwortete jedoch mit gut gelaunter Stimme. „Ich denke, auf dem Weg zur Sphinx finden wir irgendeinen Stand, der unseren Hunger stillen kann.“
Er bemerkte ihren Blick durchaus, mit dem sie seinen Versuch, Käse zu schneiden, bedachte. Mit gespieltem Ärger in den grünen Augen starrte er zurück, doch nur Herzschläge später löste Belustigung den Ausdruck ab und er nickte auf ihre Worte hin nur. Wenn sie vor hatten, die Insel am nächsten Morgen zu verlassen, gab es noch genug zur Vorbereitung zu tun. Bis gestern hatte noch einiges an Proviant gefehlt. Er würde sich darum kümmern müssen. Doch für den Augenblick blieb er gedanklich hier in diesem Zimmer, genoss den Anblick der jungen Frau ihm gegenüber und naschte gegen den gröbsten Hunger die letzte Möhre vom Tablett, bevor er sich mit dem orangenen Gemüse in der Hand träge auf den Rücken rollte und gelassen zur Decke starrte. „Mit Sicherheit.“, erwiderte er mit einem Schmunzeln, neigte den Kopf wieder, um sie anzusehen und dann an ihr vorbei zum Fenster zu spähen. „Was meinst du, wie lange ist es schon hell?“
Shanaya erwiderte des Blick des Mannes mit einem nur noch amüsierterem Grinsen. Aber bei dem Anblick, wie er die rechte Hand für das Messer genutzt hatte, kam ihr ein Gedanke, der ihren Blick für einen Moment zu ihrem Waffengürtel wandern ließ. Zu dem Degen und der Pistole, die ruhig da lagen. Erst als der Dunkelhaarige sich wieder bewegte, richtete die junge Frau den Blick zu ihm herum, betrachtete ihn, wie er entspannt auf dem Rücken lag. Und sie kämpfte mit aller Kraft dagegen an, nicht die Hand nach ihm auszustrecken, ihn zu berühren. So stark dieses Verlangen auch war, sie mussten allmählich zurück zur Sphinx. Und vor allem noch etwas Essbares organisieren. „Dieses Mal bin ich damit an der Reihe, dich einzuladen.“ Sie deuette auf das Essen vor ihnen, brach sich ein Stück Brot ab und schob es sich in den Mund, während Luciens Blick zum Fenster glitt. Wie lange es schon hell war? „Ich weiß es nicht, ich glaube, ich war beim Sonnenaufgang mit irgendetwas beschäftigt.“ Sie warf dem Dunkelhaarigen noch einen vielsagenden Blick zu, ehe sie sich mit gemütlichen Bewegungen vom Bett erhob. Irgendeiner musste ja anfangen. Sie verharrte kurz, griff dann nach der Decke, zog sie Lucien weg und grinste ihn schelmisch an. „Ich möchte auch die Aussicht genießen. Und sonst kommen wir hier gar nicht mehr weg.“ Sie zwinkerte ihm zu, ehe sie den hellen Blick über den Boden schweifen ließ und sich schließlich mit einem bedeutungsvollen Grinsen nach unten neigte. Als sie sich wieder aufrichtete lag in ihrer Hand ein Hemd, das sie mit ruhigen Bewegungen über den Kopf zog. Luciens Hemd, das nicht viel kleiner war als das, was er ihr gestern besorgt hatte. Jetzt lag ein amüsierter Ausdruck auf ihren Lippen.
Das Geräusch brechenden Brots lenkte seinen Blick zurück auf Shanaya, dicht gefolgt von einem leisen Lachen. Stimmt, als die Sonne gerade erst über den Horizont kletterte, hatten sie sich ablenken lassen. Scheinbar hatte also keiner von ihnen eine Ahnung, wie spät es in etwa war. Trotzdem machte Lucien keine Anstalten, aufzustehen. Er sah der Schwarzhaarigen dabei zu, wie sie sich erneut erhob, stieß dabei ein leises, recht melodramatisches Seufzen aus und verkniff sich, sie wieder ins Bett zu bitten. Sie würde sich wahrscheinlich ohnehin nicht überreden lassen, so rastlos, wie sie... „Hey!!“ Von einer Sekunde zur nächsten wurde es zugig auf seiner Haut und er rollte sich wieder auf die Seite, um reflexartig nach dem letzten Zipfelchen Decke zu greifen, die sie ihm kurzerhand entrissen hatte. Natürlich erwischte er sie nicht, ihm blieb also nichts anderes übrig, als nackt liegen zu bleiben und der Schwarzhaarigen mit einem unwilligen Brummen hinterher zu starren. Doch wirklich sauer war er nicht. Dafür war seine Stimmung zu gut, zu gelassen. Eher war er amüsiert. Er rappelte sich auf einen Ellenbogen hoch, griff mit der Rechten nach dem Brotkanten, den sie zurück gelassen hatte, und beobachtete sie, während er einen genüsslichen Bissen nahm. Als sie schließlich nach seinem Hemd griff und es sich über streifte, konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Und ich? Soll ich jetzt oben ohne zur Sphinx zurück gehen?“
Shanaya machte sich keine Mühe, das Lachen zu unterdrücken, das bei Luciens Protest in ihr aufstieg. Er hatte wohl gedacht, er könne jetzt einfach noch faul herum liegen? Und dann kam sie dazwischen. Aber sie zog die Decke so weit, dass er nicht dran kam, ohne aufzustehen. Er ergab sich also in sein Schicksal, was Shanaya amüsiert den Kopf schütteln ließ. Hatte die Nacht ihn etwa so mitgenommen, dass er gar nicht in die Gänge kam? Sein Brummen ließ ihr Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, nur noch einmal breiter werden. Er machte es sich trotzdem bequem, naschte noch etwas von dem Brot und grinste ihr dann entgegen. Seine Worte entlockten ihr nur ein ruhiges Zucken ihrer Schultern. „Wieso nicht? Bei dir fällt es weniger auf als bei mir.“ Sie hob leicht eine Augenbraue, trat dann aber doch wieder an das Bett heran, lehnte sich mit beiden Händen auf die Kante der Matratze und beugte sich mit einem herausfordernden Blick zu Lucien, um ihm direkt in die Augen zu blicken, ein warmes Lächeln auf den Lippen. „Hoch mit dir, sonst lege ich mich nochmal zu dir und wir kommen hier gar nicht mehr weg.“
Sein Hemd stand ihr gut, stellte er beiläufig fest. An dieses Bild hätte er sich tatsächlich gewöhnen können. Noch einmal huschte sein Blick neugierig musternd über ihren Körper, ihre verhüllte Silhouette, die schlanken Beine. Dann sah er zu ihrem Gesicht auf und in den tiefgrünen Augen glomm unverhohlener Schalk. „Stimmt. Auffallen würde ich allerdings trotzdem.“ Weshalb, konnte sie sich jetzt gerne selbst ausdenken. „Außerdem...“, fuhr er fort und seine Stimme wurde unwillkürlich leiser, als sie ihm ein Stück weit entgegen kam, sich auf die Matratze stützte und sich zu ihm hinunter beugte. „Entstehen so doch nur Gerüchte.“ Ihre nächsten Worte überging er einfach, streckte die Hand aus, um sie in ihrem dunklen Haar zu vergraben und Shanaya zu sich zu ziehen. Fast ein wenig rau drückte er die Lippen auf ihre, zog den Kuss für einige Herzschläge in die Länge, bevor er sie schließlich los ließ. „Also schön.“, brummte er belustigt und kämpfte sich mühsam nach oben, um die Beine von der Bettkante zu schwingen.
Shanaya genoss sichtlich den Blick des Mannes, der an ihrem Körper hinab glitt, nur um sich dann wieder zu ihrem Gesicht zu heben. Er ließ ihr Herz einige Takte schneller schlagen, das Verlangen der Nacht war noch längst nicht abgeflaut. „Stell dir vor, es begegnet uns jemand, dem heute Nacht sein liebstes und einziges Hemd gestohlen wurde. Ich falle also so oder so auf. Da könnte ich auch gleich nackt durch die Straßen ziehen.“ Sie schmunzelte bei diesem Gedanken ziemlich amüsiert, zupfte kurz an dem Hemd herum, als wäge sie ab, diesem Gedanken nach zu gehen. „Ich glaube, für irgendwelche Gerüchte ist es längst zu spät.“ Zu viel mehr kam sie nicht, als sie im nächsten Moment zu ihm hin gezogen wurde, den Kuss mit geschlossenen Augen erwiderte. Gerade als sie überlegte, sich einfach wieder zu ihm zu legen, löste sich der Dunkelhaarige von ihr, gab nun endlich ihrem Drängen nach und schob die Beine vom Bett. Shanaya richtete sich wieder auf und ließ es sich dabei jedoch nicht nehmen, mit zärtlichen Fingern sein Bein entlang zu streichen, den blauen Blick dabei direkt auf seine Augen gerichtet. „Geht doch.“ Mit diesen Worten und dem dazu passenden Grinsen wandte sie sich nun ab, um die andere Kleidung zusammen zu suchen.
Irgendwo, tief in Shanayas Innerem war diese leise Stimme des Zweifelns, die sie von dem abhalten wollte, auf das der Rest ihres Körpers lauerte. Sie ignorierte diesen winzigen Funken, konzentrierte sich stattdessen nur auf die Berührung des Mannes, auf die Hitze, die jede seiner Berührungen durch ihren Körper jagte. Sie ließ sein Hemd zu Boden fallen, erwiderte seinen Blick dann mit einem verlangenden Glühen in den Augen, bis für ein, zwei Herzschläge Überraschung durch sie zuckte. Im nächsten Moment fand sie sich auf dem Rücken wieder, den Blick fest auf den Dunkelhaarigen gerichtet, ein warmes, lockendes Lächeln auf den Lippen. Ihre Finger strichen sanft über seine Brust, versuchte damit die aufkommende Unruhe einfach zu überspielen. Das Geräusch der Schüssel, die auf dem Boden aufkam, war nur ein dumpfes Geräusch am Rande ihrer Wahrnehmung.
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins registrierte Lucien, was mit dem Tablett geschehen war. Aber das lockende Lächeln auf Shanayas Lippen bannte seine Aufmerksamkeit dann doch stärker, als der Käse auf dem Boden. Als ihre Hände über seine Brust wanderten, ein zartes Prickeln unter seiner Haut entlang sandten und sein Blut in Bewegung geriet, huschte ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. Er begegnete ihrem Blick, hielt ihn einen Moment lang fest, doch von dem Anflug von Unsicherheit in ihrem Inneren bekam der junge Mann nichts mit. Vielleicht erahnte er sie unterbewusst, weil jede Frau sie empfand, wenn sie das erste Mal einen Mann in ihr Bett ließ und Shanaya nicht die erste war, die ihm ihre Unschuld schenkte. Er wusste, dass er sanft sein musste. So ganz anders, als es sonst seine Art war. Aber darüber nachdenken tat er nicht, als er sich zu ihr hinab beugte und sie erneut küsste. Seine Hände strichen über den Stoff ihrer Bluse, fanden schließlich zu der Stelle, an der sie bereits ausgefranst und halb zerteilt worden war. Kurzerhand griff er zu, zerriss ihr Oberteil mit einem kräftigen Ruck gänzlich, sodass es links und rechts ihres Brustkorbs hinab rutschte. Dann löste Lucien sich von ihren Lippen, hauchte ihr einen Kuss auf den Mundwinkel, ihr Kinn und bahnte sich mit dem Mund einen sanften Weg ihren Hals hinab.
Für den Moment, in dem Lucien ihrem Blick begegnete, konnte Shanaya das plötzliche Verlangen danach, aufzuspringen unterdrücken. Für den Moment verloren sich ihre Gedanken in dem Grün seiner Augen, erst als er sich zu ihr hinab beugte, glühte dieser kleine Wunsch in ihrem Inneren wieder auf. Ihr Herz und ihre Gedanken rasten, führten einen inneren Kampf, der erst verstummte, als sie die Lippen des Mannes auf ihren spürten. Er versiegelte damit nicht jeden Zweifel, aber für den Moment half es. Sie spürte die Berührung an ihrer Bluse, was ihr für den Hauch einer Sekunde die Bilder des vergangenen Abends durch den Kopf gehen ließ. Sie hielt die Luft an, in dem Moment, in dem Lucien sich von ihren Lippen löste. Ihr Körper zitterte leicht, gehetzt von federleichten Zweifeln, dem kurzen Aufflammen von Angst. Und trotzdem genoss sie die Berührung seiner Lippen an ihrer Haut, das brennende Kribbeln, das sie nach so viel mehr verlangen ließ. Fast vorsichtig hob sie die Hände, strich mit den zitternden Fingern durch seine dunklen Haare, bis sie sich darin festkrallte. Die Augen hielt sie geschlossen, spürte nur dem Weg nach, den seine Lippen zogen.
Nur unterbewusst registrierte Lucien, wie sie die Luft anhielt und nur unterbewusst reagierte er auch darauf. Seine Wahrnehmung richtete sich auf das schneller werdende Schlagen ihres Herzens unter seinen Handflächen, auf das Beben ihrer Muskeln, das Zittern ihrer Hände, die durch sein Haar strichen und sich schließlich darin festkrallten. Er spürte ihre Unsicherheit und ihre Angst als spüre er auch ihre Erinnerungen an die Berührungen ihres Bruders, die so ganz anders waren, als die seinen in diesem Augenblick. Zärtlich, fast beruhigend strich er mit der Linken über ihre Seite, über ihren Bauch nach unten, ohne dabei den Kopf zu heben und sie anzusehen. Stattdessen neigte er ihn nur leicht zur Seite, unterbrach die sachten Küsse auf ihrer Haut. So dicht an ihrem Ohr waren seine Worte leise, gedämpft und unendlich ehrlich gemeint. „Wir können jederzeit aufhören, Shanaya. Du musst es mir nur sagen. Ich werde dir nicht weh tun.“ Seine Hand wanderte zum Bund ihrer Hose, unbeirrt. Doch es reichte nur ein Wort von ihr. Ein leises 'Stopp', ein 'nein' und er hätte sofort aufgehört. Niemals würde er sie zu irgendetwas zwingen und dieses aufrichtigste aller Versprechen lag in jedem Wort, in der Sanftheit seiner Berührungen, in jedem Kuss.
Egal, wie sehr Shanaya dagegen ankämpfte, die Nähe des Mannes ließ jeden ihrer Gedanken und jede Faser ihres Körpers verrückt spielen. Sie kannte dieses Gefühl der Unsicherheit nicht, war genauso verwirrt von dem unnachgiebigem Verlangen ihres Körpers. Alles in ihr sehnte sich nach ihm, seinen Berührungen. Sie spürte die Zweifel in diesem Chaos weniger werden, mit jedem schnellen Herzschlag, der verging. Als seine Stimme dann so endlos warm und sanft erklang, hielt die junge Frau einen Moment die Luft an. Über ihre Antwort musste sie nicht nachdenken, trotzdem hielt sie die Augen noch einen Moment geschlossen, genoss diese endlose Wärme, die durch ihren Körper flutete. Sie entspannte sich deutlich unter seinen Worten, unter der Berührung, der langsam den Weg zu ihrer Hose fand. Erst dann antwortete sie, ihre Stimme nur ein zärtliches, warmes Hauchen, während sie eine Hand weiter durch seine Haare gleiten ließ. „Hör nicht auf.“ Sie versuchte ihre Stimme möglichst sicher klingen zu lassen, aber seine Berührung machte sie viel zu nervös. Bláyron war längst aus ihren Gedanken verschwunden, in diesem Moment gab es für sie nur Lucien, nach dem sich ihr Körper so sehr sehnte.
Nur drei kleine Worte. Drei kleine Worte, die dem Dunkelhaarigen ein sanftes Lächeln entlockten. Sie konnte es nicht sehen, doch seine Antwort darauf ließ er sie spüren. Setzte seine sanften Küsse an ihrem Hals fort, bis seine Lippen ihr Schlüsselbein erreichten, der leichten Wölbung des Knochens unter ihrer Haut folgten. Dann hielt er für einen Moment inne, musste seine Aufmerksamkeit zumindest kurz zusammen nehmen, um ihre Hose zu öffnen. Er richtete sich auf, unterbrach damit zwangsweise die Berührung ihrer Hände in seinem Haar und rutschte ein Stück von ihr zurück. Seine Finger wanderten dabei unter den Bund des Kleidungsstücks, das ihre Beine bedeckte, um es ihr mit sanftem Zug von den Hüften zu streifen. Noch bevor ihre Hose gänzlich vom Bett rutschte, war Lucien bereits wieder über ihr, die Hände links und rechts ihres Kopfes auf die Matratze gestützt. Sein Blick verfing sich in dem hellen Blau ihrer Augen, hielt sich für ein zwei schnelle Herzschläge daran fest. Dann beugte er sich wieder zu ihr hinunter und küsste sie mit dem zärtlichen Versprechen, dass er sie sicher führen würde, wenn sie ihn ließ. Ihm nur genug Vertrauen entgegen brachte.
Sie hatte ihre Worte so gemeint, wie sie gesagt hatte. Sie wollte nicht, dass er aufhörte. Auch die zerrissene Bluse konnte Bláyron in diesem Moment nicht mehr in ihr Gedächtnis rufen. Irgendwo tief in ihrem Unterbewusstsein war die Erinnerung noch frisch, aber Shanaya verdrängte all das, konzentrierte sich nur auf die Nähe des Mannes, auf das Glühen ihres Körpers. Er schaffte es mit jeder weiteren Berührung ihre Sehnsucht, ihr Verlangen nur noch mehr anzufachen. Sie hielt die Augen geschlossen, auch als er sich etwas entfernte, warf ihm nur einen kurzen Blick zu, als er sie von dem Stoff befreit hatte und sich wieder zu ihr beugte. Für einen Moment verlor sie sich in dem Grün seiner Augen, bis er sich zu ihr neigte und sie küsste. Sie schloss die Augen, ließ nun selbst die Hände über seinen Körper gleiten, bis sie seine Hose spürte, unter die ihre Finger glitten. Sie zitterten noch immer leicht, ihr Herz raste, Aber sie zögerte nicht, ging nur dem Sehnen ihres Körpers nach.
Shanaya wusste nicht, wie viel Schlaf sie in dieser Nacht bekommen hatte – und wie viel Zeit sie anders verbracht hatten. Aber die junge Frau dachte auch nicht viel darüber nach, viel zu sehr konzentrierte sie sich auf den Mann, auf dessen Brust ihr Kopf unter einer ihrer Hände ruhte. Ein warmes Lächeln zierte die Lippen der Schwarzhaarigen, während die Finger ihrer anderen Hand sachte über seine Brust strichen. Sie hatten die letzte Glut noch einmal aufflimmen lassen können, bevor sie ganz erlosch und diesem Gefühl hing Shanaya noch nach, ihr Körper hatte sich längst noch nicht beruhigt. Und so, wie sie in diesem Moment lag, hätte sie vermutlich noch viel mehr Zeit verbringen können. Auch wenn sie nicht sicher war, wie lange sie schon da lag, als sie sich mit sanfter Stimme an den Dunkelhaarigen wandte, die blauen Augen direkt auf seinen ruhen ließ. „Was hältst du von Frühstück?“ Sie lächelte ihm ruhig entgegen, spannte ihren Körper an, um im nächsten Moment aufzustehen.
Eine wohlige Zufriedenheit durchdrang seinen Körper, ebenso wie seinen Verstand. Lucien hatte die Augen geschlossen, genoss die träge Ruhe in seinem Kopf ebenso sehr, wie die schlichte Mattheit in seinen Muskeln. Sein Herz schlug jetzt, nachdem sie den Morgen mit einem weiteren kleinen Stelldichein begonnen hatten, wieder langsam, gleichmäßig, im gleichen Takt seiner Handbewegung, mit der er durch Shanayas tiefschwarzes Haar strich, Strähne um Strähne durch die Finger rinnen ließ. Ihr Gewicht auf ihm gab ihm ein schon vertrautes Gefühl des Trostes, das er ebenso sehr genoss, wie die vergangenen Stunden. Er war am Abend sogar erschöpft genug gewesen, um danach tief und traumlos zu schlafen. Was seiner Stimmung nur dienlich sein konnte. Shanayas vorsichtige Bewegung riss ihn schließlich aus seinem Dahindösen. Der Dunkelhaarige öffnete blinzelnd die Augen, hielt unwillkürlich in seiner Handbewegung inne und begegnete ihrem Blick. Und wie zur Antwort auf ihre Frage gab sein Magen ein vernehmliches Knurren von sich, als hätte er soeben zugehört. „Viel.“, kommentierte er also mit einem sanften Lachen in der Stimme und als die Schwarzhaarige Anstalten machte, aufzustehen, drückte er sich langsam auf die Ellenbogen, blieb aber ansonsten liegen. Das Tablett, das gestern vom Bett gerutscht war, lag inzwischen auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raums. Irgendwann letzte Nacht hatten sie sich davon bedient, aber viel mehr als der Kohlrabi und ein Stückchen Brot fehlten nicht. Kein Wunder, dass er jetzt Hunger hatte.
Die sanfte, entspannende Berührung in ihren Haaren hielt mit ihren Worten inne und auch wenn sie nach dieser Nacht diese Entspannung kaum brauchte, rebellierte etwas in ihr. Sie hätte die Ruhe dieses Momentes gern noch etwas genossen, aber ihr Hunger meldete sich doch langsam zu Wort. Und damit schien sie nicht allein zu sein. Luciens Magen antwortete ihr, bevor der Dunkelhaarige es konnte und mit seiner knappen Antwort ließ die junge Frau die Arme neben seinen Körper sinken, zog sich leicht nach vorn, sodass ihr Gesicht nun nah genug an seinem war. „Dann sehe ich Mal zu, dass du mir nicht verhungerst.“ Sie lächelte ihn schelmisch an, überwand dann die letzte Distanz für einen kurzen, zärtlichen Kuss, ehe sie sich gänzlich erhob. Als sie neben dem Bett stand, streckte Shanaya die Arme in die Luft, streckte einmal ihren ganzen Körper, der sich noch immer aufgewühlt fühlte. Auf eine gute Art und Weise. Sie warf Lucien ein Lächeln zu, ehe sie sich in die Richtung des Tisches wandte, das Tablett anhob und nur einen kurzen Blick zu dem dreckigen Fenster warf. Es war hell draußen, trotzdem konnte man nicht viel durch die Scheibe erkennen. Sie riss sich jedoch schnell auch wieder los, trat mit dem Tablett an das Bett heran und stellte es auf die Matratze, ehe sie sich selbst wieder darauf sinken ließ und sich ein Stück Möhre klaute. „So lässt es sich wirklich leben...“
Einen flüchtigen Kuss gönnte sie ihm noch, dann erhob sich Shanaya gänzlich und stand auf. Die Decke rutschte von ihrer Hüfte, bedeckte nun auch ihn nur noch gerade so bis über die Lenden und er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, während die tiefgrünen Augen der jungen Frau unverhohlen folgten. Sie streckte sich, präsentierte ihren nackten Körper in all seiner Vollkommenheit und wandte sich erst dann dem Tisch zu. Wie hätte er da anders gekonnt, als sie zu beobachten, den Blick über die Rundung ihrer Taille bis zu ihrem Hintern wandern zu lassen, während sie ihm ihre entzückende Rückseite zuwandte. Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer warmen Haut unter seinen Händen, an die zarten Narben, die er mit den Fingerspitzen erspürte und obwohl er wusste, wem sie die zu verdanken hatte, hatte der Gedanke daran, was ihr passiert war, in dieser Nacht – und an diesem Morgen – keinen Platz in seinem Bewusstsein erhalten. Auch jetzt nicht. Er genoss schlicht das Bild, das sich ihm bot und die Empfindungen, die sie in seinem Körper hinterlassen hatte. Als Shanaya sich wieder ihm zuwandte und mitsamt Tablett zum Bett zurück kehrte, ließ Lucien sich wieder zurück ins Kissen sinken. Einen Arm unter dem Kopf angewinkelt und die grünen Augen auf die junge Frau gerichtet, die sich wieder zu ihm setzte. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. „Man könnte sich daran gewöhnen.“, stimmte er zu, streckte die freie Hand aus und griff nach seinem kleinen Messer, das er irgendwann gestern benutzt hatte, um den Kohlrabi zu schneiden und das seit dem auf dem Tablett lag. Er schnitt – etwas umständlich, weil er die rechte Hand nutzte – zwei Stückchen vom Käse ab, legte das Messer dann weg und griff sich eins davon. „Wobei ich den Verdacht habe, dass wir hiervon nicht großartig satt werden.“
Shanaya spürte den Blick, der auf ihr ruhte und es jagte ihr eine sanfte Hitze durch den Körper. Sie genoss dieses Gefühl in vollen Zügen, ließ sich vielleicht auch deshalb ein wenig Zeit, um zum Bett zurück zu kehren. Der Dunkelhaarige legte sich wieder etwas entspannter hin und Shanaya erwiderte den Blick aus den grünen Augen, unterdrückte den Drang, sich zu ihm zu legen. Stattdessen blieb sie ruhig sitzen, nickte auf seine Worte hin, kaute dabei auf dem Stück Möhre herum. „Trotzdem sollten wir wohl bald aufbrechen...“ Ein leises Seufzen schwang in ihrer Stimme mit, während Lucien etwas vom Käse abschnitt. Sie belächelte ihn dabei, verkniff sich einen Kommentar zu seiner Hand – und die Frage, ob sie dem armen hungernden Mann helfen sollte – und griff sich stattdessen das zweite Stück Käse, das auf die Möhre folgte und in ihrem Mund landete. Sie kaute darauf herum und auf die nächsten Worte des Mannes nickte sie schwermütig, antwortete jedoch mit gut gelaunter Stimme. „Ich denke, auf dem Weg zur Sphinx finden wir irgendeinen Stand, der unseren Hunger stillen kann.“
Er bemerkte ihren Blick durchaus, mit dem sie seinen Versuch, Käse zu schneiden, bedachte. Mit gespieltem Ärger in den grünen Augen starrte er zurück, doch nur Herzschläge später löste Belustigung den Ausdruck ab und er nickte auf ihre Worte hin nur. Wenn sie vor hatten, die Insel am nächsten Morgen zu verlassen, gab es noch genug zur Vorbereitung zu tun. Bis gestern hatte noch einiges an Proviant gefehlt. Er würde sich darum kümmern müssen. Doch für den Augenblick blieb er gedanklich hier in diesem Zimmer, genoss den Anblick der jungen Frau ihm gegenüber und naschte gegen den gröbsten Hunger die letzte Möhre vom Tablett, bevor er sich mit dem orangenen Gemüse in der Hand träge auf den Rücken rollte und gelassen zur Decke starrte. „Mit Sicherheit.“, erwiderte er mit einem Schmunzeln, neigte den Kopf wieder, um sie anzusehen und dann an ihr vorbei zum Fenster zu spähen. „Was meinst du, wie lange ist es schon hell?“
Shanaya erwiderte des Blick des Mannes mit einem nur noch amüsierterem Grinsen. Aber bei dem Anblick, wie er die rechte Hand für das Messer genutzt hatte, kam ihr ein Gedanke, der ihren Blick für einen Moment zu ihrem Waffengürtel wandern ließ. Zu dem Degen und der Pistole, die ruhig da lagen. Erst als der Dunkelhaarige sich wieder bewegte, richtete die junge Frau den Blick zu ihm herum, betrachtete ihn, wie er entspannt auf dem Rücken lag. Und sie kämpfte mit aller Kraft dagegen an, nicht die Hand nach ihm auszustrecken, ihn zu berühren. So stark dieses Verlangen auch war, sie mussten allmählich zurück zur Sphinx. Und vor allem noch etwas Essbares organisieren. „Dieses Mal bin ich damit an der Reihe, dich einzuladen.“ Sie deuette auf das Essen vor ihnen, brach sich ein Stück Brot ab und schob es sich in den Mund, während Luciens Blick zum Fenster glitt. Wie lange es schon hell war? „Ich weiß es nicht, ich glaube, ich war beim Sonnenaufgang mit irgendetwas beschäftigt.“ Sie warf dem Dunkelhaarigen noch einen vielsagenden Blick zu, ehe sie sich mit gemütlichen Bewegungen vom Bett erhob. Irgendeiner musste ja anfangen. Sie verharrte kurz, griff dann nach der Decke, zog sie Lucien weg und grinste ihn schelmisch an. „Ich möchte auch die Aussicht genießen. Und sonst kommen wir hier gar nicht mehr weg.“ Sie zwinkerte ihm zu, ehe sie den hellen Blick über den Boden schweifen ließ und sich schließlich mit einem bedeutungsvollen Grinsen nach unten neigte. Als sie sich wieder aufrichtete lag in ihrer Hand ein Hemd, das sie mit ruhigen Bewegungen über den Kopf zog. Luciens Hemd, das nicht viel kleiner war als das, was er ihr gestern besorgt hatte. Jetzt lag ein amüsierter Ausdruck auf ihren Lippen.
Das Geräusch brechenden Brots lenkte seinen Blick zurück auf Shanaya, dicht gefolgt von einem leisen Lachen. Stimmt, als die Sonne gerade erst über den Horizont kletterte, hatten sie sich ablenken lassen. Scheinbar hatte also keiner von ihnen eine Ahnung, wie spät es in etwa war. Trotzdem machte Lucien keine Anstalten, aufzustehen. Er sah der Schwarzhaarigen dabei zu, wie sie sich erneut erhob, stieß dabei ein leises, recht melodramatisches Seufzen aus und verkniff sich, sie wieder ins Bett zu bitten. Sie würde sich wahrscheinlich ohnehin nicht überreden lassen, so rastlos, wie sie... „Hey!!“ Von einer Sekunde zur nächsten wurde es zugig auf seiner Haut und er rollte sich wieder auf die Seite, um reflexartig nach dem letzten Zipfelchen Decke zu greifen, die sie ihm kurzerhand entrissen hatte. Natürlich erwischte er sie nicht, ihm blieb also nichts anderes übrig, als nackt liegen zu bleiben und der Schwarzhaarigen mit einem unwilligen Brummen hinterher zu starren. Doch wirklich sauer war er nicht. Dafür war seine Stimmung zu gut, zu gelassen. Eher war er amüsiert. Er rappelte sich auf einen Ellenbogen hoch, griff mit der Rechten nach dem Brotkanten, den sie zurück gelassen hatte, und beobachtete sie, während er einen genüsslichen Bissen nahm. Als sie schließlich nach seinem Hemd griff und es sich über streifte, konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Und ich? Soll ich jetzt oben ohne zur Sphinx zurück gehen?“
Shanaya machte sich keine Mühe, das Lachen zu unterdrücken, das bei Luciens Protest in ihr aufstieg. Er hatte wohl gedacht, er könne jetzt einfach noch faul herum liegen? Und dann kam sie dazwischen. Aber sie zog die Decke so weit, dass er nicht dran kam, ohne aufzustehen. Er ergab sich also in sein Schicksal, was Shanaya amüsiert den Kopf schütteln ließ. Hatte die Nacht ihn etwa so mitgenommen, dass er gar nicht in die Gänge kam? Sein Brummen ließ ihr Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, nur noch einmal breiter werden. Er machte es sich trotzdem bequem, naschte noch etwas von dem Brot und grinste ihr dann entgegen. Seine Worte entlockten ihr nur ein ruhiges Zucken ihrer Schultern. „Wieso nicht? Bei dir fällt es weniger auf als bei mir.“ Sie hob leicht eine Augenbraue, trat dann aber doch wieder an das Bett heran, lehnte sich mit beiden Händen auf die Kante der Matratze und beugte sich mit einem herausfordernden Blick zu Lucien, um ihm direkt in die Augen zu blicken, ein warmes Lächeln auf den Lippen. „Hoch mit dir, sonst lege ich mich nochmal zu dir und wir kommen hier gar nicht mehr weg.“
Sein Hemd stand ihr gut, stellte er beiläufig fest. An dieses Bild hätte er sich tatsächlich gewöhnen können. Noch einmal huschte sein Blick neugierig musternd über ihren Körper, ihre verhüllte Silhouette, die schlanken Beine. Dann sah er zu ihrem Gesicht auf und in den tiefgrünen Augen glomm unverhohlener Schalk. „Stimmt. Auffallen würde ich allerdings trotzdem.“ Weshalb, konnte sie sich jetzt gerne selbst ausdenken. „Außerdem...“, fuhr er fort und seine Stimme wurde unwillkürlich leiser, als sie ihm ein Stück weit entgegen kam, sich auf die Matratze stützte und sich zu ihm hinunter beugte. „Entstehen so doch nur Gerüchte.“ Ihre nächsten Worte überging er einfach, streckte die Hand aus, um sie in ihrem dunklen Haar zu vergraben und Shanaya zu sich zu ziehen. Fast ein wenig rau drückte er die Lippen auf ihre, zog den Kuss für einige Herzschläge in die Länge, bevor er sie schließlich los ließ. „Also schön.“, brummte er belustigt und kämpfte sich mühsam nach oben, um die Beine von der Bettkante zu schwingen.
Shanaya genoss sichtlich den Blick des Mannes, der an ihrem Körper hinab glitt, nur um sich dann wieder zu ihrem Gesicht zu heben. Er ließ ihr Herz einige Takte schneller schlagen, das Verlangen der Nacht war noch längst nicht abgeflaut. „Stell dir vor, es begegnet uns jemand, dem heute Nacht sein liebstes und einziges Hemd gestohlen wurde. Ich falle also so oder so auf. Da könnte ich auch gleich nackt durch die Straßen ziehen.“ Sie schmunzelte bei diesem Gedanken ziemlich amüsiert, zupfte kurz an dem Hemd herum, als wäge sie ab, diesem Gedanken nach zu gehen. „Ich glaube, für irgendwelche Gerüchte ist es längst zu spät.“ Zu viel mehr kam sie nicht, als sie im nächsten Moment zu ihm hin gezogen wurde, den Kuss mit geschlossenen Augen erwiderte. Gerade als sie überlegte, sich einfach wieder zu ihm zu legen, löste sich der Dunkelhaarige von ihr, gab nun endlich ihrem Drängen nach und schob die Beine vom Bett. Shanaya richtete sich wieder auf und ließ es sich dabei jedoch nicht nehmen, mit zärtlichen Fingern sein Bein entlang zu streichen, den blauen Blick dabei direkt auf seine Augen gerichtet. „Geht doch.“ Mit diesen Worten und dem dazu passenden Grinsen wandte sie sich nun ab, um die andere Kleidung zusammen zu suchen.