07.04.2020, 14:46
Ihr Lächeln hielt Lucien noch einmal zurück, ließ ihn in einem Anflug von Verwunderung leicht die Stirn runzeln, bis sie sich an den Wirt wandte und eine Flasche hochprozentigen Alkohols bestellte. Er ging zumindest davon aus, dass er hochprozentig war. Etwas anderes als Schwarzgebrannten fand man in einer Kaschemme wie dieser hier wahrscheinlich gar nicht. Der Dunkelhaarige kommentierte das Ganze jedenfalls mit einem leisen Schnauben, bemerkte einen Herzschlag später den skeptischen Blick des Wirtes und erwiderte ihn mit einer recht knappen, auffordernden Kopfbewegung. Was ließ er sich jetzt so viel Zeit?
Danach schien der stämmige Kerl ohnehin keine Lust mehr zu haben, irgendetwas für die beiden Fremden zu tun, sodass ihnen nichts anderes mehr blieb, als sich auf den Weg zum Zimmer zu machen. Lucien wartete einen Augenblick, bis die Schwarzhaarige sich wieder ihm zuwandte und konnte sich ein flüchtiges Schmunzeln nicht verkneifen.
„Nicht vergessen.“, erwiderte er mit einem Hauch Belustigung in seiner Stimme, kaum war Shanaya wieder auf seiner Höhe. „Nur nicht damit gerechnet, dass dir jetzt danach ist.“
Er ließ ihr den Vortritt. Hauptsächlich, um dafür zu sorgen, dass man ihren Hintern in Ruhe ließ, während sie sich an mehreren Tischen vorbei ein weiteres Mal durch den Schankraum schoben. Dieses Mal in Richtung der Treppe.
Glücklicherweise ließ man sie auch jetzt wieder in Ruhe, was zum Teil an dem viel zu weiten Hemd liegen mochte, das an Shanaya eher an einen Sack erinnerte und ihre weiblichen Rundungen vortrefflich kaschierte. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie das Zimmer, traten ein und Lucien zog die massive Tür sorgsam hinter ihnen zu und schloss ab. Derjenige, der das Essen brachte, würde also klopfen müssen. Den Schlüssel jedenfalls zog er ab, folgte der Schwarzhaarigen dann zum Tisch und legte ihn unmittelbar neben Flasche und Waffengurt, damit sie beide ihn jederzeit erreichen konnten. Dann huschte sein Blick durch das karg eingerichtete Zimmer, blieb zunächst an dem winzigen, mit Schmutz überzogenen Fenster hängen, bevor seine Aufmerksamkeit sich ganz und gar auf Shanaya richtete.
Sie hatte es sich inzwischen auf dem Bett bequem gemacht. Ihr Blick ruhte bereits auf ihm, als erwartete sie längst, dass die Fragen nun kommen würden, die ihm unweigerlich auf der Zunge lagen. Ihre Worte bestätigten diesen Eindruck kurz darauf.
Ein flüchtiges Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Er nickte nur knapp, löste sich dann von ihrem Anblick und wandte sich einem der Stühle zu, den er den Fuß hinter eins der Holzbeine hakend, zu sich heran zog, um sich darauf fallen zu lassen. Das alte Holz ächzte leise, doch die grünen Augen ruhten bereits wieder auf der jungen Frau. Die Frage, die er ihr daraufhin stellte, war so einfach wie direkt.
„Was ist passiert?