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Say goodbye to yesterday
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
#2
Es musste einen zwangsläufig irgendwann in die Knie zwingen, wenn man stets den Starken mimte. Liam hatte intuitiv gehandelt, hatte befürchtet, dass Skadi den plötzlichen Gefühlsausbruch wieder zu überspielen versuchen würde. Dabei hatte sie Beistand genauso verdient wie jeder andere. Sie hatte genauso das Recht, unter all der Last zusammenzubrechen, die auf ihr wog. Sie musste es sich nur selbst erlauben, bevor sie eines Tages daran zerbrach. Einer dieser Tage – Liam erwiderte nichts, drückte sie lediglich dichter an sich heran und ließ geschehen, wogegen sich die Jüngere so sehr gewehrt hatte. Während sie nichts mehr gegen die Tränen machen konnte, die unweigerlich über ihre Wangen rollten, vergrub er die Nase sachte in ihrem dunklen, bebenden Schopf. Mit der Rechten umfasste er vorsichtig die Hand, die sich in sein Hemd gekrallt hatte und spürte ihre zitternde Haut unter seinen tauben Fingern. Er schluckte trocken, als sie fortfuhr und ihre Sorgen offenbarte und stellte nun seinerseits fest, dass sich seine Augen ungewohnt feucht anfühlten. Das Thema mit seinem Vater war längst in den Hintergrund gerückt – was interessierte ihn, was irgendwo in der Welt vor sich ging, wenn der Augenblick um so vieles schwerer wog? Und auch Enrique überging er geflissentlich in ihrem Ausbruch an Gefühlen. „Ich war unheimlich froh, als ich gesehen habe, dass du wohlauf bist. In der Gasse mit Talin. Auf der Sphinx. Wäre das nicht so gewesen, würde ich jetzt vermutlich nicht hier sitzen und mir um meinen Vater oder Alex Gedanken machen.“ Bei dem Gedanken an seinen Freund schlich sich abermals ein Lächeln auf seine Lippen, gut verborgen in den dunklen, leicht lockigen Haaren Skadis. Er hätte vermutlich bei alledem nur genervt mit den Augen gerollt und dem nächsten entgegengefiebert, das ihnen ihre Sterblichkeit beweisen wollte. „Ich bin froh, dass du hier bist.“
Wie waren sie nur an diesen Punkt gekommen? Hockten hier gemeinsam und mitgenommen vom letzten Abend an Land und fielen hinab in eine dunkle Spirale aus unausgesprochenen Emotionen, Versprechungen und Erinnerungen an Vergangenes. Doch immer wieder, wenn sich Skadi dagegen aufzulehnen versuchte, sackte sie tiefer in diese warme Umarmung hinab. Spürte wie Liams Berührungen das Zittern in ihren Adern beruhigte und es sich fast anfühlte, als säße sie wieder im Kreise ihrer Liebsten. Daheim. An einem Feuerkreis und zwischen den Ältesten, die von vergangenen Zeiten und Sagen erzählten. Und dieses Mal verlor ihr Lächeln nicht an Halt. Ruhte sanft und liebevoll auf ihren Lippen und wich selbst dann nicht von ihren Zügen, als sie ob seiner Worte den Kopf hob. Eine gefühlte Ewigkeit sah sie ihm schweigend entgegen, ehe sich ihre Finger wie von selbst auf seine Wange verirrten und nur einen Atemzug später ihre Stirn gegen seine glitt. Ob er wusste, wie sehr sich seine Offenheit wie Balsam auf ihre Narben legte? Dass egal wie schreckhaft und abweisend sie manchmal war, in ihr dennoch das kleine Mädchen von damals schlummerte, das nichts mehr wollte, als Zuwendung und Anerkennung? Nur langsam schlossen sich die dunklen Augen. Gaben Skadi den Raum dem Gefühl der dichten Locken nachzuspüren, die sie nun zwischen ihren Fingerkuppen zwirbelte.
Als sie hier aufgetaucht war, hatte er sich ein wenig Ablenkung versprochen. Ein wenig Trost, selbst wenn sie nur schweigend nebeneinandergesessen hätten. Irgendetwas, was einem zeigte, dass man eben nicht allein war mit dem, was einen beschäftigte. Dass man nicht der einzige war, der kein gefühlloser Supermensch war, dem solche Zwischenfälle rein gar nichts ausmachten. Und auch, wenn es keine schönen Erinnerungen waren, die sie gerade zusammenschweißten, gab es ihm so viel mehr als er erwartet hatte. So viel mehr, als er sich davon erhofft hatte, nicht allein zu sein. Es hätte alles bloß ein böser Traum sein können. Skadi machte es ihm leichter, zumindest für den Augenblick daran zu glauben, dass es wirklich so war. Er spürte, wie sich ihr bebender Körper allmählich etwas beruhigte. Als sie den Kopf drehte, löste sich sein Gesicht von seiner Position. Tatsächlich sah sie um einiges zufriedener aus als eben noch. Ein Anblick, der sich warm in seinem Inneren zusammenrollte, bis sich das Gefühl unter dem schweigenden, erwartungsvollen Blick unruhig zu drehen begann, je länger er dauerte. Ihre Fingerkuppen streiften seine Wange gen Haarschopf, kurz bevor er ihre Stirn an seiner spürte. Liam blinzelte, doch die Unruhe in seiner Magengegend beruhigte sich allmählich und ermöglichte es ihm, sich ganz der Nähe hinzugeben, die sie suchte. Einen Moment schloss auch er die Augen, hielt es allerdings nicht allzu lange aus, die Lider vor den feinen Zügen Skadis zu verschließen. Das Klopfen, das stark und regelmäßig gegen seinen Brustkorb schlug, machte ihn auf das Verlangen aufmerksam, sie zu küssen, während er ihre vollen Lippen mit den Augen umriss. Doch statt ihr aufdringlich einen Kuss von den Lippen zu stehlen, löste er sich aus ihrer Berührung und bettete seine Lippen einen Sekundenbruchteil später nur auf ihrer Stirn.
Ihr Schmunzeln erklang hörbar in der Luft, kaum dass sich Liams Lippen auf ihrer Stirn niederließen. All das hatte diese angenehme Vertrautheit, die sie von früher kannte, als ihr Leben noch keinem Scherbenhaufen geglichen hatte. Ließ sie sich also in dieses wohlig warme Gefühl sinken und von der Welle mitreißen? Durchaus. Und es machte jeglichen Gedanken zunichte, der sich skeptisch in ihrem Schädel regte, als sich die dunklen Augen hoben und den Blick des Älteren suchten. Noch immer hingen die langen Finger in den dichten Locken. Suchten darin nach der Ruhe, die sich schon damals bei ihren Schwestern eingenistet hatte, wann immer sie die geschwungenen Strähnen um ihre Finger wickelte. Und fand letztlich den warmen Nacken Liams, den sie in einem kurzen Ruck zu sich zog. Sanft aber kurzweilig ihre Lippen auf seine bettete und ihm danach, wenn auch nur widerwillig den Freiraum zum Atmen zurück gab.
Gerade ließ sie ihm gar keine Gelegenheit, um sich den Sorgen zu widmen. Wie so oft fegte sie seine Gedanken leer und er war alles andere als traurig darum. Ihr hörbares Schmunzeln ließen auch seine Mundwinkel zufrieden zucken, bevor er den Kopf hob und sich keinen Herzschlag später bereitwillig ihrer Forderung hingab. Man konnte sagen, was man wollte – es machte die Welt ein kleines Stückchen besser. Wenn auch nur für den Moment. Es reichte. Liam löste den Arm von ihrer Schulter, strich ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht und begutachtete das blasse Funkeln ihrer dunklen Augen im Feuerschein. „Auch, wenn es sich manchmal so anfühlt. Du bist nicht allein, Skadi. Auch nicht an diesen… üblichen Tagen.“ Das Lächeln auf seinen Lippen war ehrlich und warm, wärmer jedenfalls als zu Beginn, sorgloser. Wie selbstverständlich legte er den Arm wieder um sie, noch nicht bereit, ihre Realität jetzt schon wieder zu verlassen.
Manchmal hatte er schon etwas von einem treuen Hund, der aus dunklen Knopfaugen zu ihr sah und Dinge sagte, die sie berührte und gleichsam amüsierte. Auf eine Art, die sie fast dazu brachte ihre Finger tiefer in seiner Mähne zu vergraben und ihn fest in die Arme zu schließen. wie all die letzten Male zuvor fragte sich die Nordskov was um alles in der Welt ihn nur bei Piraten hielt. Mochte der Kampf gegen die Kopfgeldjäger noch so ungewollt gewesen sein - es bliebe wohl das, was ihnen am häufigsten widerfahren würde. Und sie sah den Lockenkopf nicht in diesem Pulk aus mordlustigen Leibern. Auch nicht unter denen, die sich wie sie ins Getümmel stürzten und auf eine ziemlich perfide Weise Gefallen an einem Zweikampf empfinden konnten. Diebstahl war die eine Sache. Mord und Todschlaf eine andere. Und war es vor Monaten auf der Morgenwind einmalig gewesen, schlich sich langsam ein Muster ein, das Liam alsbald kaum mehr ignorieren konnte. Womöglich war es das, war ihr so schwer im Magen lag. Neben Enrique blieb der Lockenkopf der Einzige auf diesem Schiff, zu dem sie irgendeine Verbindung besaß. Und während der Dunkelhaarige es vorzog sie auf ein Abstellgleis zu schieben und Skadi aus reinem Selbstschutz dazu übergegangen war, sich nur noch als seinen Beschützer und Prellbock im Ernstfall zu sehen, gab es bei Liam nichts, das sie tun konnte. Weder ihn daran hindern zu gehen, noch diese übliche harte Mauer aufzubauen, die ihr Leben als Marinesoldat um einiges erleichtert hatte. Sie war bereits zu tief in diesen Strudel eingetaucht und der Lockenkopf sich ihrer Verhaltensweisen bereits zu sehr bewusst, um ihm etwas vormachen zu können. So spielte das Leben. Mit einem kleinen Zucken im Mundwinkel, fast als wortlose Antwort auf sein Versprechen, ließ sich Skadi wieder in Liams Umarmung zurück gleiten. Den Kopf in seiner Halsbeuge vergraben und den Blick gen Meer gerichtet. „Hast du eigentlich eines deiner Bücher dabei?“
Er wusste nur zu genau, dass man einsam sein konnte, ohne dabei allein zu sein. Bei letzterem konnte er ihr guten Gewissens ein offenes Ohr anbieten – bei ersterem waren sie alle schonungslos auf sich selbst gestellt. Aber der Gedanke, dass dort draußen irgendwo jemand war, dem etwas an einem lag und der gerade vielleicht an einen dachte, hatte etwas Tröstendes. Es dauerte, bis man das verstand und bis man merkte, dass Freundschaft über etliche Distanz bestand hatte und Liam hoffte, dass sie irgendwann vielleicht, wenn sie längst getrennte Wege gegangen waren - zum Himmel blicken konnte und sich bewusst war, dass dort irgendwo jemand war, der sie nicht vergessen hatte und an sie glaubte. Und während Skadi sich weniger niedergeschlagen als zuvor wieder dem Moment hingab, flüchtete auch Liam sich zurück in ihre Zweisamkeit. Wie auch immer sie es schaffte – es fiel ihm tatsächlich einfacher als er gedacht hatte, sich einfach nur auf die Bewegung ihrer Atmung zu konzentrieren und ihre Nähe zu riechen. Sie hatten sich genug Sorgen gemacht. An diesem Abend würde ihnen nichts passieren, denn mit jedem weiteren Herzschlag, der verging, fühlte er sich losgelöster von ihrer misslichen Lage. Woher die plötzliche Zuversicht rührte? Er belächelte den Gedanken ungläubig, ohne sich dessen selbst bewusst zu sein, während sein Kopf längst wieder zur Seite gekippt war und an Skadis dunklem Schopf lehnte, als wäre es nie anders gewesen. Bei ihrer Frage wanderte sein Blick wie von selbst zu seinem Seesack, ohne dass er den Kopf bewegte. „Nein, mir war nicht nach Lesen zumute.“ Nebst ein bisschen Papier hatte er nicht mehr zu bieten, als etwas Obst, einer Decke und einer gefüllten Flasche Wasser. „Aber ich könnte dir einen Apfel anbieten. Oder eine Decke.“, bot er ihr an. Und bevor sie fragte, konnte er ihr die Antwort auch direkt geben. „Ich hatte nicht vor, heute Abend zurückzukehren.“ Liam musterte die Flasche Rum, die noch immer im Stand steckte. Doch da er verhindern wollte, neue Sorgen zu schüren, indem er der Jüngeren offenbarte, wie schwer selbst solch ein leichter Handgriff mit der falschen Hand im Augenblick für ihn war, verzichtete er vorerst auf einen weiteren Schluck. Stattdessen bemühte er sich um eine Alternative an Ermangelung einer Geschichte. „Alex und ich haben die Abende meist genutzt, um ein bisschen Musik zu machen. Fällt dir ein Lied ein?“ Irgendetwas, was sie von früher kannte vielleicht. Oder etwas, was sie auf andere Gedanken brachte. Ansonsten hatte er vermutlich genügend Vorschläge, selbst wenn sie ohne Gitarre vielleicht etwas an Wirkung verloren.
Just in diesem Moment hätte sie so vieles in seine Worte hineininterpretieren können. Vielleicht wäre ihr sogar aufgefallen, dass es nicht die übliche Art war, wie Liam hier hockte und dass es nicht zwingend an seiner Verletzung lag, mit nichts als einer Flasche Rum, einer Decke und einem Apfel hierher gekommen zu sein. Das einzige, das die Nordskov tat, war den Kopf so herum zu drehen, dass sie ihre Nase tief in seine Brust graben und die Luft anhalten musste. Irgendetwas zwischen einem Kopfschütteln und Nicken durchfuhr den dunklen Haarschopf. Und erst als sie zwei tiefe Atemzüge nahm und die Augen öffnete, löste sie die Nähe. Saß mit erhobenem Kopf in der Umarmung und heftete die braunen Augen nachdenklich auf Liams feine Züge. Eine Frage lag ihr jäh auf der Zunge, die sie sich jedoch auch gut selbst beantworten konnte. Nein. Es ging ihm nicht gut. Und das würde so bleiben, bis seine Schulter nicht mehr aussah wie löchriger Käse und er mehr Gefühl in seinen Fingern spürte, als die Nordskov zuweilen für anderen Menschen. Was sie ihm schenken konnte, war allein die Ablenkung von all dem hier. So wie es irgendwie eine Art stillschweigender Vertrag zwischen ihnen geworden war, dass nichts zwingend richtig und nichts so wirklich falsch war, wenn man zusammen saß. Die Welt und ihre Probleme blieb nebensächlich. „Ich bin eine miese Sängerin.“, murmelte sie mit einem unterdrückten Lachen in der Stimme. Verzog amüsiert die Lippen und schnaubte. „Und das was ich von früher kenne, singt man entweder zu Riten oder im ziemlich... weltenentfernten Zustand.“ Es war mehr als deutlich, dass sie sich auf mehr als nur Alkohol berief. Die Bilder, die sich vor ihr inneres Auge schoben, waren voll von tanzenden, bemalten Leibern, die neben- oder übereinander lagen. Sich in den Armen hingen oder verrenkend zum Takt einer Trommel über den Sand glitten. „Alex ist also auch... musikalisch begabt?“
Liam war zu unbedarft, als dass er bemerkt hätte, wie viel er Skadi gerade über seine Verfassung verraten hatte. Vielleicht, weil er sich ihrer nicht einmal selbst wirklich bewusst war und insgeheim doch besser im Verdrängen, als er bislang annahm. Gut darin, sich selbst etwas vorzumachen, weil er es immer irgendwie tat, um sich keine Gedanken um das zu machen, was wie ein Schatten an seinen Sohlen hing, um ihn eines Tages mit sich zu reißen. Er lächelte, als sie aufsah und erkannte die Sorge nicht, die er jäh heraufbeschworen hatte - oder wollte sie nicht sehen und Skadi ließ ihm diese Ruhe für den Augenblick. Das Lächeln auf seinen Zügen wurde etwas breiter bei ihrer Offenbarung. Das wusste er. Jedenfalls hatte sie es ihn schon einmal glauben machen wollen. Zeuge war er nie geworden, aber er würde sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht wollte. „Es geht nicht darum, gut zu sein. Es geht darum, Spaß zu haben.“ Wenn man nicht darauf angewiesen war, damit Gold zu verdienen jedenfalls. Als sie fortfuhr, musterte er sie skeptisch, ohne dass das Lächeln auf seinen Lippen erstarb. „So? Ich bin ganz Ohr.“ Weltenfern klang im Augenblick schon fast erstrebenswert, doch der Lockenschopf wusste, wie sensibel Skadi im Bezug auf ihre Vergangenheit war. Daher wartete er gar nicht lange auf eine Antwort, sondern nahm sich ihrer Frage an und gab der Jüngeren selbst die Wahl, ob sie das Thema noch einmal aufgreifen wollte oder nicht. „Er spielt hauptsächlich Gitarre. Aber es hat uns schon das ein oder andere Goldstück eingebracht, wenn wir es gebraucht haben.“
Spaß zu haben war Liams Lebensmotto. Je länger sie ihn kannte, desto öfter kam es in Wort und Tat zur Geltung. Schnalzend nahm sie seine Erwiderung somit zur Kenntnis und rollte mit den Augen. Nicht, dass es sie wirklich nervte, doch angesichts der entspannten Stimmung, die allmählich Einzug hielt, fühlte es sich okay an, so zu tun als ob. Ganz davon abgesehen änderte es nichts daran, dass sie nicht singen würde. Nicht hier. Nicht jetzt. Auch wenn seine daraufhin gestellte Frage erneut darauf abzielte über Kurz oder Lang ein paar Töne aus ihr heraus zu kitzeln. Womöglich. Das Lächeln unter seiner skeptischen Miene nahm sie dennoch war. Zog wie zur Reaktion die Augenbrauen scharf hinauf und senkte den dunklen Schopf um ein paar Zentimeter. „Glaubst du mir etwa nicht?“ Ha! Wenn er nur wüsste. Seit einigen Wochen sammelte sie bereits ein paar Rauschmittel in Gregorys Vorratsschrank, ohne dass er zu 100% davon wusste. Allerdings brachte er sie gerade auf eine Idee, die triefenden Schalk auf ihre Züge trieb und sich in einem breiten Grinsen auf ihren Lippen abzeichnete. „Tja... hättest du mich früher gekannt, wärt ihr mit mir als Tänzerin reich geworden.“ Und dass sie sich verbiegen konnte, wusste er ja wohl zu Genüge.
Ob er ihr glaubte? Er hatte keinen Grund, es nicht zu tun. Ganz davon abgesehen, dass Skadi es mit Sicherheit nicht nötig hatte, sich mit derartigen Aussagen interessanter zu machen. „Du kannst dir doch denken, dass mich das Wort ‚weltentfernt‘ neugierig macht.“, erklärte er sein Interesse ziemlich simpel aber aufrichtig. Gerade jetzt klang die Vorstellung noch verlockender als üblich. Oder gab es bessere Wege, der Wirklichkeit nur für einen einzigen Abend zu entfliehen? Andererseits war es – wie Skadi schon richtig bemerkt hatte – in ihrer momentanen Situation nicht unbedingt das beste, sich selbst aus dem Rennen zu nehmen, bevor es jemand anderes auch nur versuchen konnte. Jetzt löste sich seine Hand doch von ihr und er griff erneut zur Flasche, nahm einen Schluck, während das deutliche Schmunzeln bereits auf seinen Zügen zu erkennen war. „Was nicht ist, kann ja noch werden.“ Na, vielleicht klang er nicht ganz so zuversichtlich wie üblich, aber zweifellos auch nicht abgeneigt. Nach einem weiteren Schluck Rum steckte er den Flaschenboden zurück in den Sand. „Ich denke, Alex hätte auch nichts dagegen, einer hübschen Frau beim Tanzen zuzusehen und sie musikalisch zu begleiten.“ Er musste nicht lügen.  
Natürlich konnte sie es sich vorstellen. Liam machte kein Geheimnis daraus, dass es Sprichworte nicht umsonst gab. Stille Wasser WAREN tief. Und der Lockenkopf in Punkto Lebenslust weitaus weniger unschuldig, als man vielleicht glaube wollte. Sie schmunzelte vielsagend auf seine Worte. Beobachtete ihn wachsam in seiner Bewegung und umriss die Silhouette der Flasche mit ausdruckslosem Blick. Sie wusste nicht, weshalb ihr Rumoren oberhalb des Bauchnabels zurückkehrte. Ihr war lediglich klar, dass Liam wohl selbst für sich entscheiden konnte. Großer Mann, große Verantwortung. „Na wenn’s auch nur dabei bleibt.“ Langsam ließ sie sich zurück gleiten und stützte sich mit beiden Händen im weichen Sand ab. Richtete den Blick in Gedanken versunken auf die tanzenden Flammen des Lagerfeuers und streckt die Beine in voller Länge von sich. „Immer wenn du von ihm sprichst klingt es wie eine heile Welt, die nur aus Spaß und Musik besteht. Fast schon verlockend.“
Flüchtig leckte er sich nach dem letzten Schluck die Lippen, während er die Flasche wieder zu einem Viertel im Sand versenkte. Nicht einmal der Rum schmeckte wirklich, wenn man nicht des Rumes wegen trank. Aber zumindest das Ziehen in seinem Oberarm lies wieder nach, das dumpfe Gefühl in den Fingern blieb und gaukelte ihm vor, die Hand gehöre gar nicht zu ihm. Aber Skadi lenkte ihn ab und er wusste das durchaus zu schätzen. Eine heile Welt. Gerade im Augenblick kam es ihm vergleichsweise tatsächlich so vor. Aber in Wirklichkeit lag es vermutlich einfach daran, dass Alex und er generell eine eher positive Grundeinstellung gehabt hatten und ihre „Schwierigkeiten“ eher banal gewesen waren. Jedenfalls ohne Kopfgeldjäger mit derart rigorosem Vorgehen. „Weißt du, aus irgendeinem Grund nehmen die Leute einen viel freundlicher auf, wenn man keine Schiffe oder Dörfer in die Luft jagt.“ Er lachte, wenn auch angeschlagen und zuckte mit der Schulter, als könne er diesen Umstand wirklich nicht nachvollziehen. „Wobei er daran vermutlich auch Spaß hätte.“ So ehrlich musste er bleiben. Alex war weniger zimperlich. Und wer ihn sich - derart - als Feind raussuchte, musste damit rechnen, dass er nicht zögerte, die gleichen Waffen zu benutzen.
"Ach. Wirklich? Hätte ich jetzt nicht erwartet." Mit einem amüsierten Seitenblick musterte Skadi Liams Miene und musste fast schon ein Schmunzeln unterdrücken. Nicht etwa, weil Spaß in dieser Situation unangemessen wäre, sondern es sich irgendwie seltsam anfühlte entgegen der dunklen Wolken in ihrer Brust, mit einem Grinsen darüber hinweg zu täuschen. „Er ist also der typische Draufgänger wie? Kann mir vorstellen, wie das mit euch ausgesehen haben muss... er baut Blödsinn, du stehst Schmiere.“ Zumindest machte sich der Lockenkopf in ihrer Vorstellung als "Aufräumer" unfassbar gut. Und diesem Gesicht konnte man ja wohl nicht sonderlich viel kriminelle Energie zuschreiben. Sofern man den zweiten, intensiveren Blick ausließ.
Liam machte Anstalten, zu widersprechen, öffnete den Mund, schloß ihn aber sogleich wieder, als ihm bewusst wurde, dass Skadis Vermutung in den meisten Fällen eigentlich recht treffend war. „Verdammt, du hast Recht.“, räumte er stattdessen also ein und schaute nachdenklich in die züngelnden Flammen, ehe er einen Herzschlag später wieder ihr braungebranntes, müdes Antlitz bedachte. Ihm wurde bewusst, wie angenehm ihre Gesellschaft war, wie erholsam und beruhigend, obwohl er ursprünglich aufgebrochen war, um mit sich selbst allein zu sein. Und er merkte, dass er sich ein wenig vor dem Moment fürchtete, in dem sie sich erheben würde, um zum Schiff zurückzukehren. Einen langsamen Atemzug später verließ auch schon die Frage seine Lippen, die ihm Aufschluss darüber geben würde, ob er sich zu fürchten hatte oder nicht. „Hast du heute noch was vor?“ Der Hintergrund seiner Worte war im Angesicht der Lage recht offensichtlich und auch sein Blick machte kein Geheimnis daraus, dass er nicht aus bloßem Interesse fragte. Er würde sie nicht aufhalten, falls sie noch vor hatte, Enrique die Hand zu halten, ohne dafür wertgeschätzt zu werden. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er heute diese Rolle haben. „Ich könnte dich mit einem Bratapfel bestechen.“ Er schmunzelte blass aber entschlossen.
Diese Antwort legten sich wie umschmeichelnder Samt um ihre Brust. Sie hatte Recht. So, so. Offenbar konnte sie den Lockenkopf nach den vergangenen Monaten besser einschätzen, als sie selbst von sich behauptet hätte. Wie gut ihr das allerdings gefiel, wusste sie nicht. Einfach alles war seltsam, obwohl es sich eigentlich gut anfühlte. Die Welt stand Kopf und würde es wohl für die nächsten Wochen. Gerade glitt der Blick der Nordskov gen Himmel zurück, während das Feuer sich knisternd zu ihren Füßen in den Nachthimmel streckte, als Liam erneut die Stille durchbrach. Sichtlich irritiert starrten die dunklen Augen der Nordskov zur Seite. Musterten ihn eingehen. Woher kam das auf einmal? Verfolgte er damit irgendetwas? Ganz sicher. Doch nicht das, weshalb sie sonst immer des Nachts beieinander waren. Irgendetwas an seinem Blick machte sie nervös. Skadi war nicht erpicht darauf diesem Rumoren nachzufühlen. Es war bisher immer besser gewesen einfach irgendetwas zu tun, als über den Sinn und die Bedeutung einer Sache zu philosophieren. „Ich denke nicht, nein.“, erwiderte sie mit einem matten Lächeln. Zog ihre Arme aus dem Sand hinter ihrem Rücken und bettete sie an die angewinkelten Knie. „Und dir ist schon bewusst, dass ein Bratapfel ne ganz schöne lausige Bestechungsgrundlage ist oder?“ Ein halbes Lachen verließ ihre Kehle und setzte sich als schiefes Grinsen auf ihre Lippen.
Ihm entging nicht, dass sie überrascht war. Ob auf eine gute oder eine schlechte Weise wusste er aus ihre Miene hin allerdings nicht zu deuten. Sie erwiderte seinen Blick einige Augenblicke lediglich schweigend, vermutlich überlegend, was sie sich lieber antun wollte – ein Schiff voller schnarchender Crewkameraden und Erinnerungen oder eine Nacht unter freiem Himmel. Jedenfalls war Liam nicht ganz so von Selbstzweifeln zerfressen, dass er die kurze Pause auf sich bezog. Doch auch, wenn ihre Antwort lediglich eine unscheinbare Geste war, brachte sie ein wenig Erleichterung. Er schmunzelte hörbar, als sie fortfuhr. Man konnte ihm ansehen, dass ihm dieser Gedanke auch bereits gekommen war. „Wenn du es so siehst, habe ich mir das auch schon gedacht. Aber wenn ich dir sage, dass es leider das einzige ist, was ich gerade zu bieten habe… Mein letztes Hemd sozusagen.“
„Dein letztes Hemd gibst du einfach so weg? Aber, aber Liam... sowas macht man nicht so leichtfertig.“ Dass er es womöglich tat, weil er sie mochte, zog sie nicht einmal in Betracht. Das war absurd. Egal was er noch zuvor gesagt oder getan hatte. „Was, wenn du es selbst brauchst? Dann stehst du ganz schön dumm da.“ Skadi wusste, dass sie einfach den Mund halten sollte. Rechnete sogar schon instinktiv damit, das sich Liams bisher noch vergnügte Miene in etwas verwandelte, das man eindeutig mit Wut assoziieren konnte.
Mit Bedacht musterte er ihre Züge während ihres Vortrags. Abwartend und nicht geneigt, ihrem Geplapper Einhalt zu gebieten. Stattdessen blinzelte er ihr mit der typischen Unschuld entgegen, wie man es hier und da von ihm kannte, während das Schmunzeln auf seinen Zügen nach und nach etwas deutlicher wurde. „Ach komm, sei still.“, wies er sie schließlich scherzhaft an und rempelte sie freundschaftlich mit der gesunden Schulter an, ehe er sich auf die Beine kämpfte. Wenn seine Bestechung schon ‚lausig‘ war, wollte er sich zumindest an sein Wort halten. „Lass es mal ganz meine Sorge sein, ob ich am Ende dumm dastehe oder nicht.“ Kurz ließ er den Kopf im Nacken kreisen und fuhr sich durch die Haare am Hinterkopf und schließlich die Schulter entlang, ehe er abermals neben ihr in die Knie ging. „Und wenn ich dir damit wenigstens eine kleine Freude machen kann, werd‘ ich wohl darüber hinwegkommen, diese Nacht dumm dagestanden zu haben.“ Außerdem war das etwas, was er zumindest hinbekam. Die Suche nach einem geeigneten Stock jedenfalls. Daran, dass er ihn noch irgendwie durch den Apfel treiben musste, dachte er gerade noch nicht.
Liam enttäuschte sie auf diese unbekümmerte Art und Weise, die sie schon von ihm gewohnt war. Doch dieses Mal, ohne in ihr das Gefühl zu hinterlassen, dass er damit irgendetwas zu übertünchen versuchte. Sie gab sich geschlagen. Noch mehr als ihr Blick auf seine Schulter fiel und sie irgendwie das schlechte Gewissen plagte. „Na schön... aber jammere nachher nicht rum!“ Als ob sie jemals davon ausgegangen wäre. Ts. Ein breite Lächeln schob sich auf ihre Lippen, noch ehe sie sich, beide Hände in den Boden drückend, auf die Füße stemmte und erhob. Dem Lockenkopf ihre Rechte zur Unterstützung reichte und ihm dann Kopf schüttelnd entgegen sah. „Du machst mich fertig, Casey.“
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Nachrichten in diesem Thema
Say goodbye to yesterday - von Liam Casey - 27.03.2020, 15:01
RE: Say goodbye to yesterday - von Skadi Nordskov - 27.03.2020, 15:05
RE: Say goodbye to yesterday - von Liam Casey - 27.03.2020, 15:07
Say goodbye to yesterday - von Liam Casey - 11.04.2020, 17:12

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