12.03.2020, 10:35
Chancen kamen und gingen.. Und die winzige Chance auf dem Schiff der schwarzhaarigen jungen Frau anzuheuern, war so schnell verflogen wie sie gekommen war. Dennoch hatte sie Jonah aus seiner Starre geweckt - er musste von der Insel fort. Für den jungen Marinesoldat war es generell ungewöhnlich lange seinen Gedanken nachzuhängen und nicht bei der Sache zu sein. Und mit 'Sache' waren in diesem Fall die Fahndungsplakate gemeint... Ihm war klar, dass er nicht zulange auf einer Insel verweilen sollte, wenn er der Marine dauerhaft entgehen wollte. Und trotzdem versuchte er krampfhaft die Geschehnisse so zu verarbeiten, dass er verstehen konnte was genau eigentlich passiert war. Wie konnte er desertieren? Die Marine hatte ihn aufgezogen und zu dem Soldaten gemacht, der er heute war. Und doch passten die Puzzleteile einfach nicht zusammen. Wieso zur Hölle wollten sie seinen Kopf? Weil er der einzige überlebende der Loyality war? Das machte keinen Sinn und entzog sich jeglichem logischen Denken.
Nichtsdestotrotz war er nun hier. Zur Zeit vertrieb sich Jonah die Tage damit, irgendwie an Geld zu kommen um sein Zimmer im Gasthaus zu bezahlen. Hier waren die Plakate mit seinem Gesicht nicht all zu sehr verbreitet. Niemand hatte ihn bisher erkannt - doch wenn es soweit sein würde, wenn er die Blicke bemerken würde und das flüstern hinter seinem Rücken - 'Ist er das? Kann das sein?' - würde es Zeit werden diesen Ort zu verlassen.
Es war nicht das schlechteste, von einer Insel zur nächsten Getrieben zu werden... Immerhin hatte Jonah sich nicht nur in den Kopf gesetzt seiner ehemaligen Familie zu entfliehen. Nein. Er suchte nach seinem Captain. Wenn er sie erst einmal gefunden hatte und sie bestätigen konnte das Jonah kein Verräter war, konnte er zu seinem früheren Leben zurück kehren! Vielleicht wäre es ihm sogar Möglich wieder unter Lillians Kommando zu segeln? Dieser Gedanke war so ziemlich das einzige was ihn in seiner jetzigen Situation antrieb. Der schiere Wille zu Überleben und Lillian zu finden.
Es war nicht gerade leicht, arbeit zu finden ohne große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die besten Chancen hatte er bisher bei ungebildeten Bauern gehabt - ihnen war in der Regel egal wer da vor ihnen stand. Sie interessierten sich nur um sich selbst und darum die Ware zum Markt oder Kontor zu schaffen.
Wenn Jonah mitbekam, dass ein Wagenrad eines solchen Bauern im schlammigen Terrain des Hafens stecken blieb, half der junge Mann. Wenn er sah dass sich ein alter Mann mit schweren Getreidesäcken abmühte, half er. Und so ging es immer weiter.. Arbeit konnte man das natürlich nicht nennen - aber man steckte ihm jedes Mal ein paar Münzen als Dank zu. Und so schaffte es der dunkle Lockenkopf sich von einem Tag zum nächsten zu hangeln.
Der Mittag neigte sich seinem Ende entgegen.. Die Sonne stand schon tief und am Hafen wurde es dadurch etwas ruhiger. Zumindest was seine Zielgruppe in Form von Bauern und Händler betraf. Also war auch Jonahs 'Tag' erst einmal zu Ende. Und wieder einmal stellte er fest, dass es für ihn nicht gerade einfach war, mehr über seinen Captain heraus zu finden. Denn so gut er Situationen erkannte in denen er Helfen konnte um dadurch ein paar Münzen zu verdienen - so schlecht war er darin eine Unterhaltung zu starten. In der Regel wusste er nicht was er sagen sollte und starrte sein gegenüber dann einfach endlos lange an. Viele empfanden dies als unangenehm, wenngleich Jonah auch hier nicht verstand wieso.
Und genau so tat er es jetzt mit dem Mann der sich ohne Vorwarnung an Jonahs Tisch setzte, nachdem er das Gasthaus wieder aufgesucht hatte. Ehe er sich versah, standen zwei Bierkrüge vor ihm und der Fremde sprach ihn an.
Jonahs Blick wanderte von dem Krug, zu seinem Gegenüber. Dabei starrte er ihn an ohne zu blinzeln oder eine Miene zu verziehen... Nichts. Er schien sich nicht einmal zu bewegen oder Anstalten zu machen, nach dem Bier zu greifen. Stattdessen überlegte er, was der Fremde wohl von ihm wollen würde? Und tatsächlich kam ihm nur ein Gedanke in den Sinn: Er hatte ihn erkannt. Doch weder Panik noch Unruhe überkam ihn. Die Dinge waren einfach so, wie sie sind. Jonah würde sich am besten am nächsten Tag noch nach einer Reisemöglichkeit umsehen müssen.
Vorerst allerdings, würde er mitspielen müssen. Gelassen bleiben. So tun als wäre er nichts besonderes - und das war schon schwierig genug. Denn er wusste nur zu gut dass seine puppenhafte Art alles andere als unauffällig war.
Jonah griff nach dem Bierkrug und zwang sich zu Lächeln. Es sollte ein dankbares Lächeln sein, allerdings sah es eher wie eine verzerrte Fratze aus die drauf und dran war seinem Gegenüber hinterrücks ab zu stechen. Um 'offener' zu Blicken, riss er die Augen etwas auf - an blinzeln dachte er jedoch keine Sekunde. Dafür bemühte er sich einfach zu sehr freundlich drein zu gucken.
Ging allerdings vollkommen nach hinten los - es machte seine Erscheinung nur noch gruseliger.
„Aye." Endlich eine mündliche Reaktion. Als sich Alex vorstellte, befand er sich im Zugzwang sich ebenfalls vorzustellen.
„Und ich bin John. Freut mich."
Das Lächeln - der starre Blick, nichts änderte sich. Jonah wollte immerhin keine einzige Reaktion seines Gegenübers verpassen, es viel ihm ohnehin schon schwer Mimik und Gesten zu verstehen.
Im Grunde interessierte er sich zwar nicht für Fremde, aber in diesem Fall blieb ihm keine andere Wahl als so zu tun als ob.
„Du bist ebenfalls schon länger hier im Gasthaus, aye? Wartest du auf jemanden?"
Das war zumindest in den meisten Fällen der Anlass, wenn jemand über längerem Zeitraum irgendwo ein Zimmer mietete. Oder in der Stadt stand irgendein Fest aus von dem Jonah nichts wusste. Dafür war es aber im Gasthaus doch noch zu ruhig.
Bauer war sein Gegenüber auf jedenfall nicht. Dafür war Alex' Kleidung zu sauber. Von der kräftigen Statur her ging Jonah dennoch von einem Handwerker aus. Zwar kein Schmied.. Aber Steinmetz. Granit war schwer und Alex sah durchaus so aus als könne er ohne Probleme einige Felsen von A nach B schieben.