06.01.2020, 16:31
„Es ist erledigt,“ sagte die Piratin. Rúnar entfuhr ein erleichtertes Seufzen—so schwer, dass er dabei kurz den Kopf sinken ließ. Die Fremde stand auf, Rúnars Blick folgte ihr. „Und wir sollten uns beeilen, dass wir von hier verschwinden. Dieses Dreckspack springt derzeit wie Ratten aus allen Löchern.“
Das entlockte Rúnar ein amüsiertes Schnauben. Er nickte bestätigend, dann hievte er sich an dem Bettpfosten nach oben. Die Fremde hantierte mit der Flasche—im spärlichen Licht konnte Rúnar erkennen, dass sie erst daran roch, dann einen Schluck nahm, diesen dann aber ausspuckte—der Alkohol war so stark, dass er ihn bis zu sich roch, obwohl er einen Schritt entfernt stand. Dann schüttete sie ihn sich über den Arm.
Rúnar zuckte zurück. „Woah—“ entfuhr es ihm und er fügte ein leises, „Heilige Schmiedin,“ hinzu. Dann schüttete sie sich die Flüssigkeit auch noch über den Oberschenkel. Er verstand kaum ihre Frage und sah mit verzogenem Gesicht zur Seite. „Oh, mann.“ Etwas lauter, “Nein, tut mir leid.“ Vor kurzem hatte er noch genug Streichhölzer gehabt um Wochen damit auszukommen. Aber die lagen jetzt irgendwo am Meeresgrund. „Du solltest deine Wunden aber auch nicht ausbrennen, sonst kann es sein, dass du Schmutz unter dem Brand einschließt und es erst recht eine Entzündung gibt.“ Und Wunden mit Alkohol säubern war auch nicht die beste Methode, aber dafür war es jetzt schon zu spät.
Rúnar wischte sich die Handflächen am Hosenbein ab und fuhr sich dann übers Gesicht, wischte Dreck, Blut und Tränen weg. Dann nickte er und richtete seine Tasche und Harpune über seiner Schulter. „Hochprozentiges und Stoffreste klingen gut.“ Zumindest für das, was er damit vor hatte. Was die Fremde zusätzlich mit Werg wollte, konnte er sich noch nicht vorstellen, aber das würde sich zeigen.
Er sah sie an, wartete, dass sie vorausging.
Die Fremde.
Etwas Misstrauen schwappte in sein Bewusstsein. Aber wozu ihm erst das Leben retten und ihn dann doch umlegen? Das war unlogisch.
Und das Misstrauen ebbte ab.