19.12.2019, 01:51
Mit einem schweren Seufzen vernahm sie Rúnars Schweigen. Wiederholte ihre Worte, nachdem sie sich deutlich vor ihn kniete und die dunklen Augen auf seine blassen Züge heftete. Doch der Blondschopf war zu paralysiert von den Geschehnissen, seiner Angst und allem, was sie in dunklen Schleiern durch seine Gedanken zog. Langsam erst zog er die Hände von den Ohren. Formte mit seinen Lippen Worte, die so gequält hervor sickerten, dass Skadi beinahe brummend die Flasche über ihre Schnittwunde kippen wollte. Dieser ganze beschissene Tag war ein verfluchter Scherz der Schöpfung!
“Es ist erledigt.“ Sie sagte es so gleichgültig, wie es sich just in ihrer Brust anfühlte. Da war kein Mitleid, keine Geduld und keine Herzenswärme für Männer, die ihr nach dem Leben trachteten.
Was die Nordskov jedoch wirklich in jenem Moment auf die Probe stellte, war die Geschwindigkeit, in der sie voran kamen. Diese unfassbare Hilflosigkeit des Fremden, die in ihr diesen Instinkt wach rief und sie zugleich zu nerven begann.
Ruckartig zog Skadi die dunklen Augen von den blassen Zügen und erhob sich unter einem Ächzen ihrer Knie.
“Und wir sollten uns beeilen, dass wir von hier verschwinden. Dieses Dreckspack springt derzeit wie Ratten aus allen Löchern.“
Mit angewiderter Miene roch die Dunkelhaarige am Hals der offenen Flasche in ihrer Linken, bettete dann die vollen Lippen darauf, um einen prüfenden Schluck zu nehmen und den Inhalt schlagartig weit von sich auf den Boden zu spuken. Das Gemisch war unfassbar stark und brannte wie Zunder auf ihrer Zunge. Doch es half nichts. Sie musste die Schnittwunden auf ihren Armen und ihrem Oberschenkel ausspülen, solange sich der Dreck der Klingen noch nicht in ihre Haut gefressen hatte. Fest presste sie somit die Zähne aufeinander. Noch fester als der Alkohol auf die offenen Wunden traf und als Blut und Ethanolgemisch auf dem Fußboden breit machte.
“Hast du Feuersteine dabei?“
Skadi sprach es so angespannt aus, dass sie kaum glaubte, dass Rúnar sie verstand. Dennoch erhob sie die dunklen Augen, als er sich endlich aufrichtete und sie erneut feststellen musste, wie unfassbar groß dieser Kerl war. Eine Schande, dass er angesichts der Geschehnisse in Tränen ausbrach.
“Unten im Keller liegen zig Flaschen Hochprozentiges, Werg und Stoffreste. Was auch immer die alten Bewohner von hier vertrieben hat… was sie uns hinterlassen haben, ist ziemlich brauchbar.“
Und wenn sie von dieser Insel mit den anderen verschwand, dann mit einem Inferno, das sich sehen lassen konnte.
[Mit Rúnar in der ersten Etage einer Wohnung in der Seitenstraße]