23.10.2019, 02:12
Auch an dem Dunkelhäutigen ging das Surreale der Situation nicht spurlos vorüber. Es brauchte nur etwas länger um ihn zu erreichen:
Ceall, lachend, mit einer Bratpfanne in der Hand, über Anführer und Wirt, letztere mit deren Küchengerät ausgeschaltet, anstelle von Waffen, nachdem sie den Kopfgeldjägern förmlich vor die Füße gepurzelt waren — eigentlich müsste er sauer sein auf diesen Halunken aber irgendwie bahnte sich Erheiterung durch den Nebel aus Alkohol und Kopfschmerzen.
Deshalb brachte ihn weder die ernste Frage, noch der folgende, trockene Spott in dessen Ausführungen auf die Palme. Auch nicht, als sich sein und Josiahs Blick trafen und der Schwarzhaarige meinte, ein leichtes Kopfschütteln zu erahnen. Nachfragen konnte er allerdings nicht, da Josiah sich hinabbeugte, um sich um den Anführer zu kümmern.
Enrique schnaubte. Wie selbstverständlich hatte seine Hand das Messer ergriffen und es hinten in seinen Gürtel geschoben. Als sich der Schmuggler dann erhob und vom Tragen sprach, da hätte Enrique doch fast gelacht, doch er behielt es für sich, ließ nur das freche Glitzern in seinen Augen zu.
Ja, er hatte sich beinahe außer Gefecht gesetzt, endgültig zu Boden geschickt hatte ihn aber der Hüne. Und, im Gegensatz zu Ceall, dachte er trotzdem noch über ihre Taktische Situation nach. Gut, dann würde er eben die Rückendeckung übernehmen und schauen ob der Verletzt ihnen folgte.
Vorerst antwortet er jedoch dem Blondschopf, der ihn gerade als Hochwohlgeboren betitelt hatte:
"Wofür hätte ich es denn sonst riskieren sollen? Etwa für zwei so unwichtige Personen wie Luc und dich? Oder für das Leben des Rest der Crew?", schoss er mit stillem aber bösem Humor zurück und merkte erst hinterher, dass er sich gerade wirklich amüsierte
Auch hatte er noch etliche andere, gute Gründe gehabt, weshalb er den Blick seines Gegenübers gelassen und entspannt standhalten konnte. Sollte der ruhig denken, was er wollte, de Guzmán würde sich nicht vor ihm rechtfertigen.
"Und du siehst ja, wie ich dem Anderen hinterherrenne."
Kurz ruhten die schwarzen Iriden auf Lucien, während der seine Wunde versorgte, doch kehrte seine Aufmerksamkeit schnell zurück.
"Ausserdem ist das ja wohl das mindeste, was ich von meiner Köchin erwarten kann, oder mon Capitán?!"
Fest packte er just Cealls Hand mit der Rechten, als er das Wort Köchin so betont äußerte und brachte sich mit dieser Hilfe auf die Füße. Prompt setzte der Schwindel wieder ein und verstärkte die Kopfschmerzen. Um stehen zu bleiben hielt er die Hand des Neuzuganges einfach unerbittlich fest und ließ erst los, als sein Körper sich gefangen hatte.
'Nicht gut.'
Wie es schien hatte das Adrenalin inzwischen einen guten Teil des Alkohols aus seinem Kreislauf gebrannt. Wenn er jetzt nichts trank, würde er bald der unschöne Teil dieses Fehltritts richtig merken ...
Eigentlich hatte er gegen Ende nicht nur die Worte an Lucien, sondern auch seinen Blick zu ihm wenden wollen. Als er sich jetzt allerdings umsah, stellte sich die Situation anders da:
Josiah war inzwischen an der Hintertür, mit dem Rädelsführer über der Schulter. Genauso Luc, aber der hatte die Flasche stehen lassen und der 26-jährigen entschied, es wäre eine gute Idee, es ihm gleich zu tun:
Der Schwarzhaarige fackelte nicht lange, sondern riss das Hemd auf, packte den Absinth und goss sich einen kräftigen Schluck auf die Wunde. Wieder raste Schmerz durch die Schulter und ließ ihn wanken und leise fluchen.
'¡Maldita!'
Warum hatte er nicht wie sein Capitán auch vorher einen Schluck genommen? Erst schön die Sinne vernebeln und dann — Nein. Er würde sich nicht wieder abschießen, er brauchte jedes bisschen Klarheit, dass er kriegen konnte, dafür nahm er sogar Brennen und Kopfschmerzen in Kauf.
Ein paar heftige Atemzüge später wandte er sich dann vorsichtig Hayes zu und hielt ihm die Flasche hin:
"Du oder ich? Viel wird's nicht bringen aber vielleicht uns bis zum Schiffsarzt."
Kurz darauf erklang Draveans Nachfrage von der Tür, und da man ihn anscheinend für den Angeschlagensten der Truppe hielt, auch wenn Luciens Wunde, so weit er sie mitbekommen hatte, schlimmer aussah, antwortete er:
"Ja, sind wir."
Auf die zweite Frage antwortete dann eine fremde Stimme.
Prompt kippte die Erheiterung in Misstrauen und verschluckte für's Erste die weiteren Worte.
Zügigen Schrittes trat er, anstelle des Weiterredens, leicht schwankend, schräg hinter Dravean, zog derweil wieder den Säbel, blieb aber im Schatten des Raumes und lauschte zunächst.
Das Angebot wirkte auf den Schwarzhaarigen fadenscheinig. Gut möglich, dass dem so war, wie der Mann sagte, mindestens genauso wahrscheinlich wäre es aber, dass dieser Mann sie erneut in eine Falle locken wollte.
"Warum ausgerechnet wir und nicht ein anderes Schiff? Es gab bestimmt genug, die diese Insel früher und friedlicher verlassen haben.
"Außerdem:
"Wer sagt uns, dass ihr nicht zu denen gehört?", meinte er mit nahezu klaren Worten.
Innerlich fluchend drückte er sich mit dem Rücken gegen die Wand. Eigentlich hatte er versteckt und still bleiben wollen. Na, wenigstens hatte der Alkohol nicht mehr allzu schwer auf seiner Zunge gelegen.
Wesentlich leiser wandte er sich dann an Luc.
"Mein Vorschlag wäre der kleinen Schrein der Tarlenn-Göttin ein Stück weiter rechts von uns. Ich glaube kaum, dass sie uns da suchen werden und solche Gebäude haben oft mehr Ausgänge, als man auf den ersten Blick sieht."
'Und falls doch, haben wir vielleicht etwas göttlichen Beistand. Gut, dass mir das Teil vorhin aufgefallen ist, nachdem mir das Tanzen zuviel wurde.'
Er glaubte zwar nicht an diese Göttin, schloß es aber nicht aus, dass sie existierte und die kleine Hütte würde sie gut vor suchenden Augen verbergen.
Entweder sie liefen damit dem Feind direkt in die Arme oder aber sie mochten das Glück haben, dass der dachte, dass sie dort nie hingehen würden, weil es eben viel zu offensichtlich wäre. Einen Versuch war es allemal wert. Denn immerhin wären sie so in Bewegung, außerdem konnten sie derzeit jedes bißchen Unterstützung gebrauchen.
{ In der Kneipe, in der Küche | bei Josiah, Lucien, Ceallagh und Tarón }