04.06.2016, 20:05
AspenMontrose wirkte ein bisschen verloren auf dem großen Viehmarkt im hinteren Teil der Stadt. Der kleine Holzwagen, den er munter neben sich herzog, gab ihm nicht wenig das Gefühl, dass er eher einer Hausfrau als einem Piraten glich, während er sich suchend umsah und sein Ziel suchte. Die Materialien für die Instandsetzung waren trotz dem Kampf erstaunlich niedrig geblieben, nicht zuletzt lobte Aspen sich selbst dafür. Er hatte sich über die mikrigen Ausgaben erst beschwert, doch entgegen seiner Erwartung waren einfache Handelswaren günstiger als das Nobelzeug seiner alten Klasse. Es waren nur Kleinigkeiten an Bord gewesen die durch Schwerter und fallende Männer zersplittert waren und um die er sich in den nächsten Tagen kümmern würde. Letzte Bretter und Hilfszubehör trommelten bei jedem Schritt in dem Wagen hinter ihm her, auch ein paar Bretter und Zaunzubehör stachen unter der lockeren Plane hervor und bewegten sich bedrohlich, bis der Montrose an einem lauten Stand mit zahlreichen winzigen Käfigen und Federn stehen blieb. Ha, wenn sie unter die Selbstversorger gingen, würden sie vielleicht mehr Geld für die Reperaturarbeiten übrig haben, wenn es wirklich einmal ernsthafte Schäden geben sollte.
Greo Vehement schüttelte er den Kopf. Es tat ihm weh, das Angebot abzulehnen, aber wenn das Geld nicht stimmte, konnte er sich das einfach nicht erlauben. Das konnte man jetzt auch falsch verstehen. Dabei ging es hier nicht um das Geschäft der Horizontale, sondern um rechtschaffende Arbeit, die ihm etwas Brot auf den Tisch zaubern sollte. Hätte er einen Tisch besessen. Aber das tat er nicht. Er hatte überhaupt kaum was, als das, was er am Leib trug. Eigentlich genügte ihm das auch, aber der Hunger fraß sich allmählich durch seinen Bauch und verlangte Lautstark nach Abhilfe. Greo wandte sich von den Männern ab, die ihn für viel zu wenig Silbernes als Packesel benutzt hätten, und marschierte zu einem anderen Platz, der ihm eher zusprach. // Zwischen den verschiedenen Tieren, die ihn auf dem Viehmarkt begegneten, fühlte er sich sehr viel geborgener. Er wusste schon, warum er so oft als möglich die Chance nutzte mit diversen Vierbeinern zu arbeiten: sie erinnerten ihn an zu Hause und behelligten ihn nicht mit ihrer Lebensgeschichte. Es dauerte ein wenig, bis er Anschluss bei einem Händler gefunden hatte, der kleineres Zuchtvieh und Gefieder zu verkaufen hatte. Aber dort konnte er sich für direkte Kost am Verhökern beteiligen und so knabberte er an einem Kanten Zwieback, während er auf einem Käfig mit Truthähnen hockte, ein Bein angewinkelt und locker den Arm darüber geschwungen, und die Menge beobachtete. Komische Figuren hier, fuhr es ihm durch den Kopf, als schon das nächste exotische Exemplar daherkam. Ein bisschen deplatziert, dachte Greo und musterte den Blonden mit dem Karren. Er runzelte die Stirn, als er sah, was in dem Wagen lagerte. „Drei für ein Huhn.“, rutschte ihm sein einstudierter Text raus, bevor er überhaupt nachgedacht hatte, „Allerdings werden die kaum eine… Hütte zusammenhalten können.“
AspenMontrose hatte sich die gackernden Hühner angesehen, wie sie viel zu beengt in ihren kleinen Quadraten saßen und sich gegenseitig von Seite zu Seite drängten. Er hatte sich noch nie selbst um solch' Federvieh kümmern müssen. Wie viel fraßen sie? Brauchten sie Licht, oder fühlten sie sich auch unter Deck wohl...? Immerhin sollte seine neuste Investition auch lohnen. So wie dieser Stand aussah, brauchten sie zumindest nicht viel Platz und einen schalldichten Raum. Kurz schmunzelte er bei dem Gedanken, an wessen Kajütenwand er den neuen Stall setzen würde. Es war kein Wunder, dass er überrascht aufsah, als ihm ein Preisangebot gemacht wurde. „Den Preis könntest du verlangen, wenn sie sich nicht gegenseitig alle Federn gerupft hätten.“, nickte er dem augenscheinlichem Händler zu und schnaubte belustigt. Die Aufzucht der Tiere war höchstens ein Verlust von wenigen Münzen gewesen. Er hatte keine Ahnung vom Viehhandel, immerhin hatte er selbst sein Geld mit Holz verdient. Bei allen Welten, Aspen wusste ja noch nicht einmal, wie viele Eier ein Huhn am Tag legte! Dennoch behielt er die wissende Mimik bei – lebenslang eingeschulte Fassade, bevor er auf den wenig hilfreichen Tipp einging. „Sie sollen unter Deck kommen.“ Und würden dort wahrscheinlich erblinden, wenn er sich nicht etwas einfallen ließe. Beiläufig ging Aspen in die Hocke, versuchte die Federtiere zu mustern und sich vorzustellen, wie viel Wissen Talin und Shanaya besaßen, um sie im Nachhinein von seiner Idee zu überzeugen.
Greo Die plumpen, rotköpfigen Vögel unter ihm gockelten empört, als müssten sie ihm widersprechen. Er zerkrümelte geistesabwesend den Rest des Zwiebacks und schob die Hand nahe an die Gitterstäbe unter sich, damit die Tiere ebenfalls etwas abbekamen und Ruhe gaben. Er kräuselte die Lippen zu einem leichten Lächeln und überging die erste Antwort. Natürlich war das etwas viel, aber erstens war das Verhandlungsbasis und zweitens machte er nicht die Regeln. Das brauchte er jedoch nicht extra zu erklären. Wer nicht kaufen wollte, tat es auch nicht. Auf das, was der andere dann sagte, runzelte er die Stirn. „Auf einem Schiff werdet ihr auf Dauer keine Freude an ihnen haben. Viel Dreck, ziehen Ratten an, sind stressempfindlich. Wenn ihr sie direkt schlachtet, habt ihr mehr davon.“, meinte er und warf abermals einen prüfenden Blick zu dem Händler, der nach wie vor mit den Schweinen beschäftigt war. Immerhin verdarb er ihm hier das Geschäft. „Für lange Reisen und unter Deck sind die eher ungeeignet.“ Er rutschte etwas auf seinem Truthahn-Käfig herum. „Wenn es nur kurz bis zur nächsten Insel geht, wird es schon klappen.“
AspenMontrose Hu? Riet ihm der Riese etwa von den Tieren ab? Skeptisch sah Aspen zu ihm hoch und kräuselte die Stirn, ohne erst einmal etwas zu erwidern. Mit Dreck hätte er gerechnet, Ratten gab es sowieso. Das einzige Problem war, dass sie nicht überleben sollten? Missgelaunt warf er einen Blick hin zu den anderem Getier und entdeckte dabei einen weiteren Mann, der optisch eher in das Bild eines Bauern passte. Für den Moment verengte er die Augen, bevor sie sich wieder auf die lauten Knäule richteten. „Solltest du mir nicht lieber versichern, dass sie die Reise durch alle Welten überstehen?“ Tadelte er väterlich, auch wenn ein amüsierter Unterton nicht vollständig zu verbergen war. Die Antwort des Dunkelhaarigen verstimmte Aspen sichtlich: Seine anfängliche Euphorie – auch wenn er sie vor jenen Händlern verbergen wollte – geriet ins Wanken. Es wäre immer noch eine schöner Nebeneffekt, wenn sie zumindest ein paar Wochen frische Eier hätten. „Brauche ich einen Hahn, damit ich morgens mein Frühstück bekomme?“, brummelte er hervor und hob den Blick wieder zu dem Mann, um jegliche Belustigung über seine Unwissenheit zu unterbinden.
Greo // Er wusste, dass viele Tiere über gewisse Zeit mit auf Schiffen reisten. Sie waren gut zum Handeln und ließen sich als lebendige Nahrungsmittel weiterverwerten – aber sie waren teuer im Unterhalt und machten manchmal mehr Ärger, als sie Nutzen brachten. Besonders, wenn sie für lange Zeit unter Deck zusammengepfercht waren, wo sie schneller krank wurden und sie die Luft noch fixer verpesteten, als nötig. Natürlich konnte er dieses Wissen für sich behalten. Aber musste er jeden über den Tisch hauen? „Sollte ich. Wenn du willst, knöpf ich dir liebend gerne zu viel Geld für etwas ab, das dich bei deiner Mannschaft schnell in Ungnade fallen lässt – deine Entscheidung.“, erwiderte er nüchtern, aber mit einem kurzen schelmischen Ausdruck in den Augen. „Und das brauchst du nicht. Der legt keine Eier und die Hennen machen das schon von alleine. Aber er kann sie beruhigen und dafür sorgen, dass sie sich nicht aus Stress gegenseitig die Federn ausreißen.“ Warum erzählte er ihm das eigentlich? „Habt ihr keinen an Bord, der die versorgt?“, fragte er und warf einen etwas skeptischen Blick auf die Bretter. Der Blonde schien nicht gerade kompetent im Umgang mit Tieren zu sein. Das war keine Schande. Aber rausgeschmissenes Geld. Und Greo wusste, wie schnell es dafür Ärger geben konnte.
AspenMontrose Ja, das sollte er lieber, damit Aspen sich wohler fühlte. Immerhin waren solche Halunken mehr sein Klientel als ehrliche Hutträger, die nur faul in der Gegen herum saßen. Ein dankendes Nicken war daher alles was der Kerl für seinen Rat erhielt. Was sollte er schon sagen? Dass er bald seinen Job als Hühnerhirte verlieren würde, wenn er so weiter machte? Nunja. Immerhin bekam er hier ein paar Infos zur Haltung und Versorgung: Einen Hahn bräuchte er also, damit die Tiere überleben würden – sein Frühstücksei bekam er auch ohne. Beim letzten Satz musste er allerdings schnauben und mit der Zunge schnalzen: „Wir haben noch nicht einmal einen Koch. Warum sonst sollte ich mir mein Essen lebendig einfangen?“ Langsam streckte er sich wieder aus der Hocke hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin Schreiner, kein Viehhirte.“ Oder Hühner-Besitzer. Auch wenn das Federwerk ihn dazu einlud die Tiere zumindest einmal anzufassen. Vielleicht war er ja ein baldiger Hühner-Herr und entdeckte seine neue Berufung.
Greo Er nickte lahm. Das überraschte ihn nicht. Farmer waren nicht umsonst auf dem Land angesiedelt und hatten auf dem Meer nichts verloren. Was für eine Ironie, dachte er und schob sie den Hut in den Nacken. Wo dieser Mann wohl herkam? Er hatte sich das Gespräch anscheinend anders vorgestellt, aber irgendwie ließ er nicht durchblicken, was so durch seinen Kopf ging. Sollte Greo eigentlich recht sein. Aber bei einer so langweiligen Arbeit wie dem Handeln war fast jedes Gespräch mal eine nette Abwechslung. Sogar mit Fremden. Er runzelte die Stirn. „Und ohne Koch werden die Hühner auch bestimmt eine hervorragende Mahlzeit abgeben.“, kommentierte er trocken und deutete auf einen Korb weiter hinten. „Wenn, dann die. Die sind einigermaßen gut im Futter und machen einen vernünftigen Eindruck. Als Schreiner würde ich dir raten den Stall nicht zu klein anzusetzen und gute Luftzufuhr zu gewähren, sonst gehen die euch schneller ein als Frischobst.“ Er stand auf, stieg über die glotzäugigen Truthähne hinweg und hob einen der Körbe nach vorne. „Licht wäre gut, sonst schlafen die nur, fressen kaum und legen wenige Eier.“ Er öffnete das Geflecht und packte mit festem Griff eines der Federviecher, um es dem Blonden zu zeigen. „Hier ist es warm, das wird ihnen gefallen, reist ihr in kältere Gegenden, schlachtet sie besser vorher.“ Er zog die Brauen zusammen. „Als Schreiner wirste denen sicher einmal feste über den Kopf langen können. Aber wunder dich nicht, wenn die dann noch weiterlaufen, das ist nicht weiter ungewöhnlich.“, beendete er schließlich seinen Vortrag und verfrachtete das glucksende Etwas wieder in seinem Behältnis. „Ich schätze, das kannst du ab.“