14.07.2019, 08:10
So sollte es also sein. Ein Wettstreit mit Trevor, wer denn zuerst auf der Pyramide aus Fässern geklettert war. Das sollte ein leichtes sein, obwohl der schlaksige Mann durchaus den Größenvorteil hatte. Scortias aber konnte das mit Geschickt und Wendigkeit ausgleichen. Mal davon abgesehen, das Trevor sehr betrunken schien, wobei Scortias nur ab und an mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hatte. Während Trevor mit dem Finger vor seiner Nase herumfuchtelte und das Gesicht zu einer lustigen Grimasse verzog, hatte Scortias bereits kichernd das nächst höhere Fass erreicht. Dann hielt er inne und sah zu Aspen herunter. Irgendetwas komisches hatte der große Mann da gesagt, irgendetwas, von dem der fast Dreizehnjährige noch nie etwas gehört hatte.
“Was ist denn Syphilis?“ fragte er und hielt auf dem Fass inne.
Das etwas weiter über ihm eine Gestalt hockte, das bekam der Junge nicht mit. Noch nicht. Klar hatte der Schiffsjunge bemerkt, das irgendetwas in der Aussage von Trevor nicht stimmte. Aber das war so oder so egal, denn er würde die Wette gewinnen. Schließlich … . Moment, Trevor hatte gleichgezogen, als Scortias sich hat ablenken lassen. Beide waren auf der selben Ebene angekommen.
Die Taue zum Deck meistern? So Herausfordernd hatte der Zwölfjährige Aspen nicht eingeschätzt. Das klang aber nach einer hervorragenden Idee. Es gab kaum etwas, das Scortias nicht meistern konnte, wenn es mit klettern und balancieren zutun hatte. Er war da wie ein kleines Äffchen. Grinsend sah er zu Trevor, der ihn mal wieder zum lachen brachte, so wie der sich wieder verstellte. Wirklich viel Damenhaftes hatte der Blonde nun wirklich nicht an sich. Aber bevor er es vergessen würde, sie hatten immer noch eine Wette am laufen.
Der Junge sprang von dem Fass ab und versuchte sich auf das nächste zu ziehen, als er mit dem Oberkörper abrutschte und nach hinten fiel. Mit der Hand grabschte er noch nach vorne, bekam aber den Rand des Fasses nicht mehr zu packen und stürzte rücklings hinab.
Unsanft landete Scortias auf seinem Rücken und keuchte, während sein Blick nach oben zu Trevor gerichtet war, der nun das letzte Fass erklomm. Das musste eindeutig die Wirkung von dem Rum sein. Bei so etwas war er noch nie gestürzt.
“Grünspan und Pferdemist … ich hab verloren.“ nuschelte der Junge vor sich hin.
Trevor war oben angekommen und forderte ein Siegesfeuerwerk, das, so komisch wie es auch sein mochte, tatsächlich am Himmel einsetzte. Um Scortias herum wurde es auf einmal für einen Moment taghell. Er sah einen Mann, der direkt neben Trevor hockte. Erschrocken von dem Knall und der Tatsache, das da eine weitere, unbekannte Person war, schoss ihm das Adrenalin ins Blut. Er war von dem einen zum anderen Moment wie ausgenüchtert.
Die Fasspyramide begann zu wackeln und schließlich zu kippen, noch bevor Scortias Trevor vor dem Mann warnen konnte. Der Schiffsjunge konnte sich reflexartig wegrollen und eines der großen, schweren Behälter kam dort auf, wo er einen Moment vorher noch gelegen hatte. Es spritzte Rum in allen Richtungen und deckte den Jungen fast gänzlich ein. Seine Kleidung und seine Haare waren mit dem Getränk durchzogen. Rum tropfte ihm von der Nasenspitze, während er sich die Augen mit dem Ärmel seines Hemdes trocken wischte. Im Augenwinkel hatte er sehen können, dass Trevor nicht alleine hinab gestürzt war. Scortias richtete sich auf und zog seinen Dolch aus dem Gürtel, bereit den Fremden anzugreifen, sollte dieser ihnen feindlich gegenüber stehen.
Doch es kam alles anders. Während Aspen, zusammen mit Trevor und dem Fremden ihren Weg weiter zum Schiff fortsetzten, sollte Scortias zurück zur Taverne eilen, um Lucian, Talin und den Rest der Crew von dem hellen Schein am Himmel über dem Hafen zu berichten. Also rannte der Junge los und verschwand in den Schatten der Häuser.
[Zuvor bei Aspen, Trevor und Rúnar | jetzt alleine]