26.06.2019, 19:50
Shanaya behielt den Mann, der die Pistole auf sie gerichtet hatte aus den Augenwinkeln im Auge, achtete auf seine Bewegungen. Aber er schien nicht abdrücken zu wollen, solange sie Mardoc nicht weiter bedrohten. Er stand nur da, regte sich nicht. Und Lucien lenkte all ihre Aufmerksamkeit auf sich, dass sie den Mann fast vergaß. Sie lauschte den Worten ihres Captains, und auch wenn sich nach wie vor kein Lächeln auf ihre Lippen schlich, lösten seine Worte eine unbekannte Wärme in ihr aus, ein sanftes, lockendes Gefühl. Sie war nicht mehr allein. Und jetzt, trotz allem zog sich ein hauchzartes Lächeln auf ihre Lippen, kaum wahrzunehmen wenn man sie nicht genau ansah. Mardoc tat es jedenfalls nicht, er warf ihr nur einen verhassten Blick zu, den die Schwarzhaarige wieder mit genügend Kälte erwiderte. Auch Lucien, der ihn nun los gelassen hatte, bekam solch einen Blick zugeworfen, aber er machte keinerlei Anstalten mehr, einem von beiden zu nahe zu kommen. Sie machten sich auf und davon und die letzte Anspannung fiel von der jungen Frau ab, während ihr Blick den zwei Männern kurz folgte um sicher zu gehen, dass sie nicht zurück kamen.
Erst als sie Luciens Blick auf sich spürte, richtete sie den Kopf wieder herum. Das Lächeln war für den Moment wieder von ihren Lippen gewichen, den ernsten Blick des Mannes erwiderte sie mit ruhiger Miene. Seine Worte entlockten ihr ein beinahe vorsichtiges Nicken. Er hatte so unendlich viel für sie getan... er verdiente nicht nur irgendetwas. Auch wenn sie noch immer nach einem Grund suchte. Nach einer Idee, wieso er ihr geholfen hatte. Wieso er nicht zurück gegangen war, zur Sphinx, zur Crew. Damit wich sie kurz seinem Blick aus, auch wenn sie nicht einmal genau wusste, wieso. Vielleicht weil er sonst in ihren Augen erkennen würde, das unzählige Fragen in ihrem Kopf kreisten? Bei ihm sah es vielleicht nicht anders aus... Aber auch dieser Gedanke wurde beiseite geschoben, als sie sein leises Seufzen hörte – und im nächsten Moment die sanfte Berührung an ihrer Wange spürte. Überrascht hob sie die blauen Augen, blinzelte und richtete den hellen Blick dann wieder genau auf Luciens Gesicht, womit sie sich beinahe automatisch in seine Berührung hinein lehnte. Sie genoss das Gefühl seiner Wärme, das sanfte Kribbeln auf ihrer Haut. So sehr, dass sie einen Moment die Augen schloss, nicht direkt auf seine Frage antwortete.
Es vergingen einige lange Momente, ehe Shanaya die Augen wieder öffnete, sie direkt auf Luciens Gesicht richtete und ihn eine ganze Weile einfach nur anblickte. Keine Regung ging durch ihren Körper, kein Gefühl lag in ihren Augen. Bis zu dem Moment, in dem ihre Hand den Knauf ihres Degens einfach los ließ, er mit einem Klirren auf den Boden fiel und Shanaya sich von den Kisten weg drückte. Sie zögerte nicht lang, trat auf den Dunkelhaarigen zu und hob die Arme, umarmte ihn, sodass sie die Hände hinter seinem Nacken ineinander legen konnte. Ihr Körper lehnte sich sanft gegen seinen, während diese Nähe ihr Herz sanft antrieb. Sie schwieg, schloss die Augen während sie das Gesicht für einen Moment in seinem Hemd vergrub. Ein unbestimmtes Gefühl ließ sie beinahe nervös werden, aber sie kämpfte dagegen an, entfernte sich aber keinen Zentimeter von Lucien. Das Ziehen an ihrer Seite blendete sie für den Moment vollkommen aus. Und auch eine Antwort auf seine Frage stellte sie hinten an.
„Ich schulde dir mehr als einen gewaltigen Gefallen.“
Ihre Stimme war ein leises hauchen, aber auch mit diesen Worten entfernte sie sich kein Stück von dem Dunkelhaarigen.