13.06.2019, 17:27
Aufmerksam und frei heraus schaute er ihr in die Augen mit der Mimik eines Mannes, der aufrichtiges Interesse ohne impertinente Neugierde empfand. Hätte sie ihm nicht geantwortet, hätte er das Thema mit einem Schulterzucken ad acta gelegt und sich später mal wieder damit beschäftigt. Sicherlich prägte jede Vergangenheit die Gegenwart und Zukunft einer Person, aber er hatte so eine vage Ahnung, dass bei ihr damals mehr unter der Oberfläche gebrodelt hatte, als sie an Informationen herausrückte. Das war ihr gutes Recht. Aber Greo konnte nicht leugnen, dass er einfach verstehen wollte, warum sie so war, wie sie war.
Sie warf ihm jedoch nach einer kurzen Denkpause einen Brocken hin und es wirkte nicht, als habe er ihr mit der direkten Fragerei auf die Füße getreten.
Während sie sprach, nickte er langsam. So etwas in der Art hatte er sich bereits gedacht.
„So was wie eine höhere Töchterschule? Das scheint es fast überall zu geben.“, meinte er, runzelte die Stirn und zerrupfte mit den Fingern die abgezogene Rinde des Süßholzes. „Bah, ne, kann schon verstehen, dass ihr Frauen da keine Lust drauf habt.“
Er schmunzelte bei dem Gedanken, als ihm etwas – oder jemand – in den Sinn kam.
„Gibt’s bei uns auch für Männer. Aber ich glaub der Fehler ist, dass bei ihnen die Ausbildung später auch zu was dienen soll und nicht… weißte… wie sagt man das?“, er wog den Kopf überlegend hin und her, „Frauen sollen grundlegend wissen, wovon die Männer reden, sollen gebildet und künstlerisch begabt und kultiviert sein. Aber wehe der Frau, die von ihren Fähig- und Fertigkeiten wahrhaftig Gebrauch macht und es wagt ihr Hirn zu benutzen.“
Er lachte.
„Mehr Schein als Sein. Dann lieber Bauernschläue.“ Er schlug symbolisch mit der Faust auf den Tisch. Immerhin hatten er und seine Schwestern richtige Freude in ihrer Zeit als Kinder gehabt. Weit weniger Zwang.