27.05.2019, 13:06
Shanaya hatte auf die Worte des Mannes ein Schmunzeln nicht unterdrücken können. Er sparte sich seine Kugel also für den Anführer der kleinen Gruppe. Was auch immer ihn genau dazu verleitete, es landete einfach auf dem Haufen der unbeantworteten Fragen. Ob sie darauf eine Antwort bekommen würde wusste sie nicht, aber um diese Frage würde der Dunkelhaarige nicht herum kommen. Für den Moment, in dem sie glaubte, ihrem Bruder gegenüber zu stehen, waren immerhin selbst diese Fragen aus ihren Gedanken verschwunden. Ein leichtes Beben war durch ihren Körper gezuckt, bis sie erkannte, dass es nicht Bláyron war, der hier mit einer Gruppe von Männern stand.
Lucien stieß mit ihr zusammen, aber sie suchte nur kurz nach ihrem Gleichgewicht, wandte nicht einmal den Blick zur Seite. Sie behielt den Blonden trotz allem genau im Blick, Luciens Stimme war nur ein dumpfes Geräusch in ihren Ohren, auf das sie nicht reagierte. Erst, als der kurze Schleier sich lichtete und Lucien sie zu Recht zum weiter laufen drängte, blinzelte die junge Frau einige Male, schüttelte kurz den Kopf. Er war nicht hier. Ganz sicher. Er hätte ihr schon längst aufgelauert, um es ihr schwer zu machen. Für einen schnellen Herzschlag richtete sie die blauen Augen zur Seite, als die Tür aufging, wollte sich im nächsten Moment dennoch in Bewegung setzen, als der Mann neben ihr nach ihrem Handgelenk griff und sie im nächsten Moment schon in die Richtung der Tür zog. Er rettete ihr in diesem Moment vermutlich den Hintern, auch wenn sie sich noch immer dagegen sträubte. Sie folgte ihm ohne Widerstand, ließ sich durch die Tür ziehen und blieb stehen, als die Tür verschlossen und verriegelt war. Die junge Frau bemühte sich um eine ruhige Atmung, versuchte so zeitgleich ihr schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Sie konnte sich wieder auf die Gruppe konzentrieren, die hinter ihnen her war... solange sie sich immer wieder einredete, dass Bláyron nicht auftauchen würde.
Von draußen klopfte einer der Betrunkenen gegen die Tür und endlich drang wieder jedes Geräusch, jeder Gedanke zu ihr durch. Sie mussten hier weg, jede Zeit nutzen, die sie bekamen. Nur ein kurzer Blick glitt zur Tür, die noch standhielt. Erst dann, zum ersten Mal, legte sich der blaue Blick der jungen Frau auf Lucien, während sie noch einmal tief durchatmete und er fragte, ob alles in Ordnung war. In den Augen ein wildes Wirrwarr aus fragendem Blick, genauso aber auch die Entschlossenheit, diesem Kerl den Hals umzudrehen. Nur kein Lächeln lag auf ihrem Ausdruck, nicht auf den Lippen, nicht in den hellen Augen. Ein kurz angebundenes Nicken folgte. Nur ein kurzer Moment, in dem ihr die Kontrolle entwichen war.
„Vielleicht gibt es einen Hinterausgang.“
Noch einige schnelle Herzschläge ruhte ihr Blick auf dem Gesicht des Dunkelhaarigen, ehe sie sich durch die Räume bewegte, die Augen suchend umher schweifen lassend. Eine halb gefüllte Flasche riss ihre Aufmerksamkeit auf sich, im vorbeigehen griff sie danach. Dem Geruch nach zu urteilen Alkohol. Shanaya zögerte nicht lang, verstaute die Flasche in ihrer Tasche. Wenn sie Pech hatten, brauchte sie dieses Gebräu später. Im nächsten Moment erblickte sie die gesuchte Tür, wandte sich kurz zu ihrem Captain herum und nickte in diese Richtung. Schnell war die Tür erreicht, die Hand auf die Klinke gelegt – und sie öffnete sich sogar.
„Wenn wir uns beeilen...“
Während sie sprach, schob Shanaya die Tür auf, richtete die Aufmerksamkeit jedoch wieder nach vorn, als das leise Klicken einer Pistole, die geladen wurde, an ihre Ohren drangen. Zwei der Männer standen vor ihnen, die Pistolen erhoben.
„Hier sind sie!“