30.04.2019, 20:39
Zu Enriques Glück war die Ecke des Marktes vor ihm, durch die schrillen Pfiffe der Trillerpfeifen, von Stadatwachen leergefegt und die meisten Besucher und Händler mehr mit dem Beschäftigt, was direkt vor ihrer Nase lag:
Ihr Hab und Gut und ihr Wohlbefinden.
Andernfalls wäre er wohl nicht so gut davongekommen. So aber musste er nur Zornesrufe und Drohungen hinnehmen und die wenigen Übereifrigen selbst in Schwierigkeiten bringen, was lediglich etwas dauerte. Je länger er sich allerdings damit aufhalten musste um so mehr stieg ein ungutes Gefühl in ihm auf, denn Cornelis hatte viel zu blass ausgesehen.
Er musste zu ihm!
Nach einer gefühlten Ewigkeit und ein paar endlosen Umwegen konnte er endlich dem Hünen folgen. Hektisch sich entschuldigend schob er sich durch die Menschen, suchte nach Anzeichen seines Freundes und fand doch zunächst keine.
'Bien. Er hat es vom Markt geschafft.'
Dann blieb er wie vom Donner gerührt stehen. Was wenn nicht? Was wenn doch noch Stadtwache—?
Augenblicklich stürzte er erneut vorwärts, den Blick überall, während er im Geiste Szenario um Szenario durchging, von "Cornelis hat es bis hier her geschafft", über "Er ist falsch abgebogen", "War längst auf dem Weg zur Sphinx", "Er war irgendwo zusammengebrochen und hatte sich versteckt", bis zu "Sie haben ihn aufgegriffen".
Pures Glück ließ ihn gleich in die selbe Straße abbiegen wie van der Meer, dann aber hetzte er im ersten Moment an der Gasse vorbei, hoffte auf einen Hinweis, der nicht kam und hielt inne.
Wenn es dem Hünen gut ginge, dann hätte er ihm längst ein Zeichen hinterlassen oder auf ihn gewartet, außer er hätte eine anderen Straße gewählt. Ginge es ihm hingegen schlecht, dann hätte er ihn wahrscheinlich längst überholt.
Ein paar Mal atmete er mit geschlossenen Augen mühsam durch, dann wandte er sich um und ging zügig zurück. Dabei spähte er noch einmal gründlich in Hauseingänge, Durchlässe zu Höfen und in kleine Gassen. Viele waren es zum Glück nicht und so kam er recht bald an die, in die der Rotbart eingebogen war und fragte sich, wie er ihn nur hatte übersehen können.
Vielleicht lag es daran, dass der große Mann auf dem Boden saß, zusammengekrümmt gegen Wand und Kiste lehnte und der Umhang ihn mit dem Grau der Umgebung verschmelzen ließ.
"C — Marinus!"
Enrique beschleunigte seine Schritte.
"Was sitzt du denn da herum? Wir müssen nach Hause."
Doch die schwach Reaktion seines Freundes ließ ihn abbremsen. Hastig ging er neben ihm in die Knie. Einzelne rote Flecken auf dem Mantel sprangen ihm ins Auge, leichte Panik stellte sich bei ihm ein, die kaltfeuchte Haut mit ihrer Blässe machte es nicht besser. Mühsam kämpfte er seine Atmung wieder hinunter, konzentrierte sich darauf Ruhe zu bewahren und musterte Cornelis eindringlich.
"Was ist passiert? Hat dich wer erwischt? Kannst du aufstehen?"
Der Schwarzhaarige zwang sich Pausen zwischen den Fragen zu machen und die Antworten abzuwarten, es fiel ihm extrem schwer doch er bekam es hin.
[ Erst zwischen den Buden auf dem Marktplatz | Dann an der Ecke einer kleinen Seitengasse |
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| Erst allein | Dann bei Cornelis ]
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| Erst allein | Dann bei Cornelis ]