26.04.2019, 10:50
Ein Runzeln legte sich über seine Stirn, während er einen weiteren, kleinen Biss seiner Speise nahm, bevor er mit der Ausführung seines Planes fortführen wollte. Skadi hingegen schien bereits die Frage gereicht zu haben, um ein wenig ins Straucheln zu kommen, was der Lockenkopf nicht direkt nachvollziehen konnte. Vielleicht zogen sich die ersten Worte gerade deswegen ein bisschen in die Länge, als er wieder zu sprechen begann, da er währenddessen damit beschäftigt war, Skadi zu beobachten und ihre Gedanken zu ergründen – erfolglos allerdings. Als er geendet hatte und sie hustend erst einmal nach Luft ringen musste, schob er es einfach darauf, dass sie sich schlicht und ergreifend verschluckt hatte. Sein Blick fragte deutlich, ob alles in Ordnung war, während sich seine Miene wieder erhellte, doch da sie genug Luft hatte, um zu einer Antwort anzusetzen, waren weitere Sorgen wohl unbegründet. Zu seiner Freude stimmte sie seinem Vorschlag zu und klang dabei durchaus erfahren, wie man Rotzlöffeln eine kleine Lektion verpasste. Wenn das keine guten Voraussetzungen waren, wusste er auch nicht. Hätte er Skadi besser gekannt und gewusst, woher sie kam und wie sie erzogen worden war, hätte ihm die die Vorstellung an eine kleine 'Kinderjagd‘ womöglich noch mehr Spaß gemacht. Aber auch so schon freute er sich darauf, den Zwergen einen kleinen Schrecken einzujagen. Im Gegensatz zu Ryan hatte er dabei ja wirklich keine bösen Absichten. Aber wenn sie sich schon erwischen ließen, sollten sie auch deutlich merken, dass sie das in Zukunft tunlichst vermeiden mussten. Der nächste, dem sie offensichtlich etwas klauten, würde sich vermutlich nicht damit zufriedengeben, ihnen bloß einen kleinen Schreck einzujagen.
Als Skadi ihre Einschränkung zum Besten gab, wanderte sein Blick nach unten. Überlegend zog er die Lippen zur Seite und biss beiläufig ein weiteres Stück des Brotes ab. Bevor sie aufgegessen hatten, hatte er ohnehin nicht vor, loszulegen. Mit ihrem Vorschlag allerdings entlockte sie ihm abermals ein kurzes Glucksen und einen amüsierten Blick in ihre Augenpartie. So lustig die Vorstellung auch war, wirklich ergiebig würde es wohl nicht sein. Ganz anders als ihr folgender Vorschlag. Liam hielt kurz inne und erwiderte den Blick seiner Begleiterin, bis unscheinbar ein Hauch von Triumph in seinen Mundwinkeln aufzuckte. Ohne ein Wort, aber mit der deutlichen Geste ‚Halt mal mein Bier‘ hielt er Skadi mit links den Rest seines Bortlaibes entgegen, um die Hände frei zu bekommen. Mit der rechten griff er, ohne den Blick von ihrem Gesicht zu nehmen, an die rechte Seite seiner Hüfte, an der der kleine Dolch unter seinem Hemd baumelte, den er eigentlich immer dabeihatte. Nicht in erster Linie, um sich zu verteidigen, aber man wusste nie, wann es praktisch war, ein Messer griffbereit zu haben. Das hier war definitiv einer dieser Fälle.
Langsam sank er nun also auf die Knie, ohne den Blick von ihren Zügen zu nehmen. Erst auf halbem Weg lösten sich seine Augen von ihrem Gesicht und konzentrierten sich stattdessen auf den Saum ihres Kleides. Nachdenklich schürzte er die Lippen für eine Sekunde und drehte ganz automatisch den Dolch einmal in seiner Hand. Das Stück Pergament hatte er sich inzwischen zwischen die Knie geklemmt, um auch die andere Hand gänzlich frei zu haben. Als er schließlich einen Plan gefasst hatte, hob er ein letztes Mal den Blick, ganz als wolle er ihr noch einmal die Chance geben, sich anders zu entscheiden. Dass die übrigen Leute in der kleinen Straße sie längst irritiert beobachteten, nahm er zwar beiläufig war, scherte sich aber nicht wirklich drum. Einer Frau das Kleid zu zerschneiden war definitiv nicht das schlimmste, was er je in der Öffentlichkeit getrieben hatte. Schließlich also packte er den Saum seitlich Skadis linken Beines und spannte ihn mit der linken Hand über die Klinge des Dolches. Als der Stoff am Ende erst einmal aufgetrennt war, bewegte sich das Metall recht einfach durch das Kleid und verschaffte der Kurzhaarigen nach und nach mehr Beinfreiheit. Knapp über dem Knie am Oberschenkel hielt Liam inne und zog den Dolch zurück. Einen Herzschlag lang begutachtete er seine Arbeit und überlegte abermals, ehe er den Dolch ganz hinter den Rücken hielt, um Skadi damit nicht ausversehen zu verletzen.
„Eigentlich müsste es so doch schon reichen, oder? Probier‘s mal.“, schlug er vor und dachte dabei an diese gewickelten Röcke, die man hier und da zu Gesicht bekam. Durch den Riss an der Seite war die Spannung des Stoffs bereits aufgehoben.
Abwartend blieb er vor ihr in der Hocke sitzen, mit einem Knie auf den staubigen Straßenboden gestützt, um, wenn Nacharbeit nötig war, direkt ansetzen zu können.