20.03.2019, 13:16
Aspen blickte etwas mürrisch drein, aber er äußerte keine Widerworte gegen den Dach-Fluchtplan, sondern nickte schließlich sogar zustimmend, sodass ihr weiteres Vorgehen beschlossene Sache schien. Auch Elian wiegelte ihre Besorgnis wegen seiner Wunde ab und auch wenn Farley ihm keineswegs glaubte, dass die Blutung so harmlos war wie er sie glauben machen wollte, sagte er dennoch nichts. Der Bursche war erwachsen und er wusste, welche Konsequenzen seine Flunkerei haben konnte. Er brauchte keinen Babysitter, der ihm verbot auf den Dächern herumzuklettern und schon gar nicht brauchte er Farley oder einen kleinen Jungen. Und so lange Aspen keine Einwände erhob, gab es zumindest für den jungen Dieb nichts mehr zu diskutieren. Für Farley war es also nur natürlich einige Schritte an den Häusern entlang zu machen. Hin und wieder legte er eine Hand stüzend an eine Mauer und ließ den Blick an den Fassaden entlang schweifen. Einige Meter von ihnen entfernt waren ein Sims über der Tür sowie einige Fenstersimse, Gitter und andere kleine Kletterhilfen so angeordnet, dass selbst ein Schwergewicht wie Aspen und der verletzte Elian mit ein wenig Geschick und Hilfe gut auf die Dächer hinaufkommen mussten. Wie es dann oben weiterging mit ihrer Flucht, das mussten sie sehen. Der junge Dieb hoffte, dass sie im Schutz der Höhe vielleicht ein wenig Tempo aus herausnehmen und sich ein wenig mehr auf ihren Kopf als auf ihre Beine verlassen konnten. Niemand hetzte sie auf den Dächern und solange sie unentdeckt blieben, konnten sie es sich erlauben die möglichst passenden Wege zu suchen – ohne dass sie unter dem Fluchtdruck an einer Stelle landen mussten, an der die Lücke zwischen den Häusern zu groß war. Ihr Ziel konnte es ohnehin nur sein, ohne Aufsehen zum Schiff zu gelangen. Was sollten sie auch dort mit einer Horde Soldaten im Rücken, wenn die Sphinx nicht ablegebereit und die halbe Crew noch in der Stadt verteilt war.
Farley, der noch immer den Kopf und die Augen in die Höhe gerichtet hatte, ließ von der Hauswand an der er stand ab und wandte sich wieder den anderen zu – gerade rechtzeitig um zu sehen, wie ein weiterer Mann um die Ecke bog. Verärgert und innerlich fluchend runzelte er die Stirn und eilte die wenigen Meter zurück zu den anderen, um ihnen im Falle eines Kampfes beizustehen. Doch die Art, wie der Mann ankam, wie er sich bewegte, seine ganze Körperhaltung – das kam ihm alles nicht sonderlich wie ein Soldat vor, der sie grad verfolgte. Auch die Worte aus seinem Mund ergaben keinen Sinn. Wollte er sie nur verspotten? Bildete sich Farley nur ein, dass er ihnen vielleicht sogar Hilfe anbot? Was immer es war, sie hatten keine Gelegenheit es herauszufinden, weil Aspen sich auf den Fremden stürzte und eine Rangelei begann. Als Scortias sich nun noch einmischte, schüttelte der junge Dieb irritiert den Kopf und murmelte ein „Das darf doch wohl nicht wahr sein...“ in seinen Drei-Tage-Bart. Was sollte er tun? Ebenfalls einschreiten und den Fremden festsetzen? Oder Aspen einfach machen lassen? Farley warf einen Blick auf Elian, der ihm am nächsten stand und der sich kurz zuvor zu der Szenerie umgewandt hatte. Doch was der Braunhaarige sah, gefiel ihm keineswegs. Der Bursche wirkte blass, seine Augen fassungslos und leer. Hatte sich sein Zustand ob der Wunde doch so schnell verschlechtert? Mit einer raschen Handbewegung fasste Farley den jungen Mann an der rechten Schulter, ganz so als wolle er ihn daran hindern umzufallen – denn genau danach sah Elian in diesem Moment aus.
„Geht es dir gut? Du siehst blass aus und mir deucht, wir sollten dich schleunigst irgendwohin schaffen, wo wir diese Wunde behandeln können.“
Forschend blickte Farley dem braunhaarigen Burschen ins Gesicht - und achtete nur noch mit halbem Ohr auf den Tumult hinter sich.
[In der Gasse | Bei Elian, Aspen, Scortias und Taranis]