30.01.2019, 19:48
Er hätte sich gerne den Arm wieder um die Schulter geschlungen und den Kopf an Elians Brust vergraben. Es war ein kindischer Wunsch. Er wusste nicht einmal wirklich, woher er diesen hatte und es hätte die ganze Situation nur schlimmer gemacht.
Tanis brauchte keinen Beschützer. Er hatte nie einen gebraucht und jetzt brauchte er erst recht keinen, vor allem nicht Elian, für den das Ganze nur schlecht ausgehen konnte.
Aber er mochte den Geruch und die Wärme gerade, das Gefühl berührt zu werden ohne dass Ekel in ihm aufstieg. Du hast gesagt, du bist kein Opfer, aber das Hurenkind wird man nicht los. Hängt an einem wie Fischgeruch. Alles andere waren Träume. Er war gut in Träumen, aber er wusste nicht, was er mit sich anfangen sollte, wenn er aufwachte, auch wenn es immer nur für einen kurzen Moment war. Die Welt fühlte sich erstickend und wie ein Alptraum an. Wie ging dieses Lied noch mal? Don’t make me go to sleep, in all my dreams I always drown….
Ablenkung. Ablenkung war gut.
„Rachegeschichten sind grundsätzlich die besten Geschichten.“, stimmte er zu. „Und Tragödien sind die realistischsten.“ Er machte sich manchmal Gedanken darüber, dass er sich über seinen Buchgeschmack zu sehr verriet, aber wenn Elian damit leben konnte, dass er Lady Autumn mochte, würde er sich wohl auch mit seinen Vorlieben für dunkle Rachegelüste gut auseinander setzen können. Es waren immer nur Geschichten. Nur Geschichten.
„Es werden nicht die letzten vier Monate sein. Und ich nehme an, du bist jetzt ein Arzt und wirst dann auch fort geschickt werden.“
Elians Zimmer war wie ein Zuhause. Wie ein Bordell. Sicherheit, Geborgenheit… Er kannte jeden Winkel, jede Ritze. Er kannte den Geruch darin.
Tanis entspannte sich sichtlich und ließ sich aufs Bett fallen, stellte den Geigenkoffer vor sich ab.
„Ich habe allerdings ein neues Lied im Hafen gelernt. Ansonsten war die Reise furchtbar langweilig, so wie sie es meistens ist.“