28.01.2019, 20:17
Eine Tatsache war sonnenklar: Während Rhys ihn unterrichtete, war Elian mit dem Kopf nicht ganz bei der Sache. Jede gegenläufige Behauptung wäre eine Lüge gewesen. Er versuchte, sich auf das Schießen zu konzentrieren, aber wann immer Rhys ihn anfasste, um seine Körperhaltung zu regulieren, durchrieselte ihn ein zufriedener Schauer. Es war das einzig Schöne an diesem Zeitvertreib. Er schoss natürlich nicht absichtlich schlechter als gewöhnlich, aber er hätte lügen müssen, wenn er beteuert hätte, dass er sein Bestes gab oder so gut wie möglich zielte. Der Moment, an dem Rhys sich seinen eigenen Waffen zuwenden und sie nur noch hirnlos vor sich hin ballern würden, erschien ihm schon jetzt wie der Beginn der größten Zeitverschwendung aller Zeiten. Wenigstens hatten sie jetzt noch eine Unterhaltung miteinander, auch wenn es dabei um Waffen ging und nicht um etwas wirklich Interessantes.
„Verstanden,“ sagte er auf eine der Bemerkungen, ohne wirklich hingehört zu haben, zielte etwas weiter links als zuvor und schoss prompt meilenweit daneben. Der Rhys‘ abgewandte Mundwinkel zuckte, ehe er sich selbst scharf zurechtwies. Diese ganze Aktion mag dir sinnlos erscheinen, aber jetzt verschwendest du seine Zeit. Wie wäre es, wenn du dich mal ansatzweise auf das konzentrierst, was er sagt?!
Früher oder später endete die Lehrstunde aber, und Rhys zog seine eigene Waffe, um zu demonstrieren, wie er damit umgehen konnte. Elian hob die Augenbrauen. „Ich weiß nicht, ob es wirklich den Marinevorschriften entspricht, wenn ich mir bei jedem Schuss meine Vorgesetzten vorst—“ Die Schüsse zerschnitten seine Worte, und er konnte in den kurzen Pause dazwischen nur ansatzweise das Gedicht erkennen, das Rhys vor sich hin murmelte. „Clerys Bretero, gute W---“ dieses Mal unterbrachen ihn aufgeregte Rufe aus einer anderen Richtung und Elian drehte sich eher frustriert um. Er erkannte die Marineuniformen sofort, die Gesichter hingegen nicht, und setzte wie von selber ein gezwungen neutrales, höfliches Gesicht auf. Warum er innerlich so verärgert über die Unterbrechung war, wusste er selber nicht… vielleicht, weil er seine ohnehin kostbare Zeit mit Rhys ungern mit anderen teilte, vor allem nicht mit Fremden.
Er hielt sich für den Moment im Hintergrund, überließ das Reden lieber Rhys. Immerhin waren das seine Freunde – Bekannten – Mannschaftskameraden – was-auch-immer. Lieber erstmal beobachten, wie sein Freund sich verhält, ehe er beschloss, ob sie tatsächlich nur freundliche, schießwütige Marinesoldaten waren (daraus konnte er ihnen letztlich keinen Strick drehen, so gerne er es getan hätte) oder ob er hier die Mistkerle vor sich hatte, die Rhys‘ Gesicht aufgeschlitzt und demzufolge eine verdammt gründliche Abreibung verdient hatten.