25.01.2019, 18:31
Ein Hauch von Kampfeslust ...Tendrik öffnete bereits den Mund für eine scharfe Erwiderung, als ein Fremder zwischen die Kontrahenten trat und aller Augen auf sich zog. Der junge Adelsmann, seine bulligen Leibwächter, Perrin und selbst die neugierigen Gaffer setzten verwirrte Gesichter auf, tauschten Blicke, zuckten die Schultern. Das Erscheinen des Mannes nahm der ganzen Szenerie für einige wenige Sekundenbruchteile ihre Energie, ihre aufgeladene Stimmung und verwandelte sie in ein surreales Innehalten.
Bis einer von Tendriks Leibwächtern es schaffte, sich davon loszureißen. Er mochte noch einmal gut eine Handbreit größer als Sylas sein, mit Armen und Pranken wie ein Bär – zweifelsohne die einzigen Vorzüge, wegen derer man ihn für die Pflicht auswählte, der er nachging. „Was fällt'n dir ein, hier so die Fresse aufzureißen? Weißt du nicht, wen du vor dir hast??“
Noch während er sprach, packte er Sylas an der Schulter, als dieser seinen Weg fortsetzen wollte, und riss ihn zurück. Wohl in der Absicht, ihm vor seinem Herrn und versammelter Mannschaft eine Lektion in Sachen Höflichkeit zu erteilen. Er packte den Fremden am Kragen, zog ihn zu sich heran und erntete dafür vereinzeltes schockiertes Gemurmel aus der Menge.
Man sollte meinen, Tendrik oder Perrin wären geistesgegenwärtig genug, um die Situation zu ihren Gunsten zu wenden – doch beide waren eine Augenblick zu lange gefangen in ihrem Schock.
Dann erklang eine weitere Stimme, dieses Mal mitten aus der Menge heraus. Jung und weiblich. Perrin horchte auf und in seinem Blick flackerte so etwas wie Erkennen. Doch als seine Augen suchend über die Gesichter der Umstehenden wanderten, entdeckte er kein vertrautes Gesicht, übersah die Quelle der Stimme. Viel Zeit blieb ihm ohnehin nicht, denn nun steckte er im Zugzwang. Aller Aufmerksamkeit ruhte wieder auf dem Dunkelhaarigen, er musste also schnell handeln – und tat das auch. Er selbst würde sich ganz bestimmt nicht in die Nähe von Tendriks Schlägern begeben. Doch er verstand sich darauf, eine angespannte Menge auf seine Seite zu ziehen.
„Was ist los, Tendrik? Glaubst du, indem du deine Schläger auf die Bevölkerung loslässt, gewinnst du das Wohlwollen der Menschen hier?“ Nur ein kleiner Kiesel, der die Wasseroberfläche durchdrang und doch reichte es, um die Wellen in Bewegung zu setzen.
Irgendwo aus den hinteren Reihen rief ein junger Bursche: „Wir brauchen niemanden, der uns beherrscht! Schon gar kein Louvette-Pack!“ Er bückte sich, griff beherzt in einen Haufen Eselmist, der halb zertreten zwischen den Füßen der Menschen lag, holte aus und warf seine Ladung quer über die Köpfe der Umstehenden.
Damit war der Stein ins Rollen gebracht. Die Menge kam in Bewegung, drängte vor und bestärkende Rufe mischten sich zu denen des Burschen. Tendriks Schläger ließ sein Opfer erschrocken los, wandte sich nach Anweisungen suchend seinem Auftraggeber zu – der hektisch zum Rückzug rief. Allerdings zu spät. Es gab kein Durchkommen mehr, ohne Gewalt anzuwenden. Und während die Gruppe um Tendrik in ein heftiges Gerangel geriet, wich Perrin vorsichtig in die entgegengesetzte Richtung zurück – allerdings nicht ohne erneut in der Menge nach der Frau zu suchen, die ihn angestachelt hatte. Die Frau, die sich nun selbst im Herzen des Aufruhrs wieder fand.
Der ganze Tumult verlagerte sich schnell quer über die gesamte Straße und riss damit auch Talin und Thaddeus aus ihrer Abgeschiedenheit, als ein Passant durch einen heftigen Stoß rücklings gegen den Tisch des Wahrsagers stieß. Auf die dargebotene Hand reagieren konnte der Blonde in diesem Moment nicht mehr. Die Hälfte der Karten, die er eben noch für die junge Piratin ausgelegt hatte, verteilte sich auf dem Kopfsteinpflaster und beide sprangen instinktiv auf, wichen einen halben Schritt zurück, um weiterem Schaden zu entgehen.
Der Mann, der die beiden unterbrochen hatte, schien keinerlei Notiz von ihnen zu nehmen, stieß sich vom Tisch ab und drängte wieder nach vorn – wohl in der absurden Absicht, dem bulligen Leibwächter selbst eine Lektion zu erteilen. Beflügelt vom Elan der Gruppe.
Thaddeus stieß ein leises Fluchen aus, tauchte unter den Tisch und machte sich mit aller Eile daran, die Tarotkarten aufzusammeln, um sie vor der näher rückenden Menge in Sicherheit zu wissen.
Spielleitung für Talin & Thaddeus und Shanaya, Sylas & Lucien
[Brunnenplatz der Stadt]