24.12.2018, 11:05
War der Plan wirklich so schwer zu verstehen gewesen, den Scortias da hatte? Nur war nicht wirklich viel Zeit alles haarklein zu erklären. Der Junge dachte, dass die Laken eine deutliche Sprache sprechen würden, denn mit ihnen sollten die Flüchtigen nicht nur ihre Körper verhüllen, sondern natürlich auch ihre Köpfe, während sie am Bach mit dem Rücken zu den Soldaten hockten und so taten, als würden sie Wäsche waschen. Aber das war mal wieder so typisch Erwachsene, dass sie einen Zwölfjährigen nicht vertrauten. Es dauerte viel zu lange bis Aspen und der fremde Mann, der sich gerade mit Elian vorgestellt hatte, die Gewänder umlegten. Wie sah es eigentlich mit Farley aus, wurde er auch verfolgt? Während Scortias noch erklärte, was er mit der Damenunterwäsche im Sinn hatte, ertönte auch schon eine Trillerpfeife. Erschrocken, die Hand mit der Unterwäsche in die Luft gestreckt, sah der Junge in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Dann tauchten da zwei Soldaten aus der Seitengasse auf, die irgendwie … überfordert wirkten.
“Garnicht gut!“
Scortias sah auf die Pistole des einen Mannes, der sie recht ungelenk irgendwie in die Hände bekommen hatte. Dann passierte alles recht schnell. Das Laken flog durch die Luft und bedeckte die Köpfe der Wachen, die ihnen nahe standen. Der Schiffsjunge spürte einen Ruck an seinem Bauch und seine Füße hoben vom Boden ab. Elian hatte seinen Arm um ihn geschlungen und drehte den Jungenkörper aus der Schusslinie. Ein ohrenbetäubender Knall folgte und Elian strauchelte. War er etwa getroffen worden? Fast wäre Scortias vorn über auf dem Boden gelandet, aber irgendjemand fing ihn ab, so dass das ungleiche Aufeinandertreffen von Schädelknochen und Pflasterstein nicht zustande kam. Mit wildem Herzklopfen drehte der Zwölfjährige seinen Kopf zu Elian um. Hatte er die Kugel abgefangen, die möglicherweise sonst ihn getroffen hätte? Schnell atmend und mit der Situation überfordert, baumelte Scortias immer noch in der Umarmung von Elian. Zu geschockt um Worte zu finden, spürte der Schiffsjunge, wie der Mann sich, ihn tragend, in Bewegung setzte.
Der Jungenkörper wurde ordentlich durchgeschüttelt, während Elian ihn weiter schleppte. Die Damenunterwäsche glitt Scortias aus der Hand und blieb auf dem Weg liegen.
“Lass mich laufen … lass mich runter dann sind wir schneller.“ sagte Scortias dann irgendwann, als er seine Stimme wieder gefunden hatte.
Der Schiffsjunge wog nicht sonderlich viel, aber mit dem Extragewicht würde es dennoch schwer für Elian werden, lange Strecken zu rennen. Sie bogen in eine weitere Gasse ab und verschwanden somit aus der Schussbahn der Wachen. Hier zappelte sich Scortias dann aus dem Arm von Elian und drehte sich zu dem Mann um. Wo waren Aspen und Farley. Der Junge hatte sie nicht sehen können, während er getragen wurde.
„Ja … ja alles okay. Und bei Dir? … bist Du verletzt?“ fragte der Zwölfjährige und besah prüfend, aber oberflächlich, seinen Retter. Für mehr war keine Zeit, denn die Wachen würden sicher nicht an Ort und Stelle stehen bleiben.
Während Scortias auf eine Antwort von Elian wartete und eine Hand an den Unterarm des Mannes legte, besah er sich die neue Gegend in der er nun mit den drei Männern steckte. Es war für den Jungen nicht ungewöhnlich nach Fluchtwegen Ausschau zu halten, musste er das als Straßenjunge in Aelinos andauernd machen. Damals hatte er aber den Vorteil, dass er durch kleine, enge Nischen verschwinden konnte, was dieses Mal nicht funktionieren würde. Gut, bei ihm schon, aber Aspen, Farley und Elian konnten so nicht entkommen, also war das keine Option. Vielleicht könnten sie die Weinfässer um schmeißen, die am Rand standen und somit den Weg verbarrikadieren. Dadurch würden sie zumindest etwas Zeit gewinnen.
“Die Fässer!“ sagte Scortias schließlich, als erste Idee, die ihm eingefallen war.
(Elian, Aspen und Farley – Gasse, dann runter zum Bach, und ins nächste Gässchen flussabwärts abgebogen)