16.12.2018, 17:39
Die Stimmung kippte nicht. Sie blieb ruhig, angenehm und erhielt trotz des kleinen Unterbrechers mit jedem Wort mehr ihrer spielerische Gelassenheit zurück. Beinahe als wäre nichts gewesen. Trotzdem vermutete Lucien, dass die Schwarzhaarige misstrauisch blieb. Sie wussten beide, dass er ihr im Wasser nicht großartig zu nahe treten konnte. Dafür musste er sich zu sehr aufs Schwimmen konzentrieren. Wieder am Ufer existierte dieses Problem nicht – erst da würde sie sehen, ob in ihm genug Anstand schlummerte.
Lucien jedenfalls hatte sich längst entschieden und nahm Shanayas amüsierten Unterton einfach auf, als wäre sonst nichts weiter gewesen.
„Du hast völlig recht. Am Ende geht noch einer von uns an einer Lungenentzündung drauf...“
Ein bisschen zynisch, wenn er daran dachte, dass es ihm mit kaum elf Jahren beinahe so ergangen wäre. Doch diesen Gedanken behielt er für sich, sein Lächeln vertiefte sich, wurde fast etwas zweideutig. Die sanfte Berührung ihrer Finger über seine Brust sandte einen Schauer über seine Haut, aber er löste den Blick nicht von dem Shanayas – auch wenn ihm bewusst war, dass sie sein Begehren in diesem Moment würde sehen können. Es war ihm egal. Er machte ja die ganze Zeit schon keinen Hehl daraus.
„Stets zu Diensten.“, erwiderte Lucien mit einem kleinen Lachen in der Stimme.
Er hielt sie nicht auf, als sie sich gänzlich von ihm löste. Im Gegenteil. Er wartete, trieb geduldig auf der Stelle, bis die Schwarzhaarige einige gemächliche Schwimmzüge Abstand zwischen sie gebracht hatte. Die ganze Zeit über verfolgte er ihre Bewegung mit den Augen und erst, als er fand, dass sie weit genug weg war, tat er das, was er in diesem Moment ganz dringend brauchte: Er hielt mitten in der Bewegung inne und ließ sich einfach vom kalten Wasser verschlucken. Es schwappte über seinem Kopf zusammen, klärte seine Gedanken und half, sein Verlangen nach weiblicher Gesellschaft wieder einigermaßen in den Griff zu kriegen. Mit geschlossenen Augen zählte er in Gedanken bis drei, dann drückte er sich mit einem kurzen Armzug nach oben und tauchte wieder auf – nur um sich mit einem kräftigen Kopfschütteln das Wasser aus den dunklen Haaren zu schütteln wie ein Hund, den man in den See geschubst hatte.