08.12.2018, 00:05
Seine Reaktion auf ihre amüsierte Rüge war nur ein sanft tadelnder Blick. Wie nur konnte sie denn glauben, er würde sich jetzt ganz entspannt hinlegen und seine Fragen auf morgen aufschieben? Und wie konnte sie glauben, er würde ernsthaft darauf achten, was gut für ihn war und was nicht. Ausruhen konnte er sich, wie schon gesagt, auch noch später. Nach über drei Jahren hatte er keine Lust mehr, Zeit sinnlos zu verschwenden. Zeit, die er mit seiner Schwester hätte verbringen können.
Doch sie lenkte tatsächlich ein, bat ihn nur, sich hinzulegen und das leise Seufzen, das Lucien daraufhin ausstieß, verriet, dass er sie durchschaute. Er widersprach aber nicht, brummte nur ein leises, leicht kindisch klingendes „na schön.“, und löste sich von ihr, um im Bett ein Stück nach unten zu rutschen und sich wieder in sein Kissen sinken zu lassen. Vorsichtig, damit sich ihre ineinander verschränkten Hände nicht voneinander lösten, drehte der 21-Jährige sich halb auf die Seite, sodass er sie ansehen konnte und die grünen Augen richteten sich erwartungsvoll auf Talins Gesicht.
Sie zögerte nur einen Moment, wirkte in diesen wenigen Sekunden fast etwas entrückt, bevor sie schließlich zu erzählen begann. Er hatte damals schon geahnt, dass sie es wissen musste, irgendwie spüren musste. Dass sie dieses Mal nicht wieder kommen würden. Dass ihnen etwas zugestoßen sein musste. Aber er war nicht auf den Gedanken gekommen, dass sie Kelekuna tatsächlich auf eigene Faust würde verlassen können. Mit den Hinweisen, die ihm der Leutnant gegeben hatte, reifte auf der Morgenwind der absurde Plan in ihm, Esmacil hinter sich zu lassen und dann in seine Heimat zurück zu kehren, um sein Versprechen zu halten. Dass er sie dort gar nicht finden würde, war ihm gar nicht erst in den Sinn gekommen. Und doch wunderte es ihn nicht im geringsten. Denn seine Schwester war einer der dickköpfigsten Menschen, die er je kennen gelernt hatte.
„Erzähl weiter, bitte.“, drängte Lucien die Blonde, als sie noch einmal zögerte und ihn fragend ansah und er musste sich wirklich beherrschen, nicht allzu genervt zu klingen. Er war vielleicht ein bisschen müde, aber das war noch lange kein Grund, ihn zu bemuttern. „Woher hattet ihr diese ganzen Informationen? Und wie bist du dann an das Schiff und diese Crew gekommen? Alles Tarlenn?“